Hinter freundlichen Fenstern kann der Besucher der Seite Informationen abrufen. Aber man sollte diese kritisch lesen. Gerade die Angehörigen eines sog. Spenders sollen „beraten“ und beruhigt werden. So ist das Fenster mit der Aufklärung über Organspende in drei Minuten eine verharmlosend oberflächliche Darstellung des Ablaufes, untermalt mit zarter Musik. Welche Maßnahmen bei der Hirntoddiagnose angewendet werden, welche Fehldiagnosen es dabei gibt, wird nicht öffentlich gemacht. Was wirklich im Operationssaal bei einer 4 – 5 stündigen Explantationsoperation unter künstlicher Beatmung und Aufrechterhaltung des Kreislaufes und sogar einer eventuellen Reanimation eines sog. Spenders passiert, wird grundsätzlich verschwiegen. Ein Explantierter kann nicht mehr schreien. Die Schocksituation der Angehörigen wird übergangen. Stattdessen geben sympathische Fachleute ihre Meinung zum Besten.
Den Krankenhäusern wird die Schuld am Organmangel zugeschoben, da den Ärzten das Bewusstsein für die Organspende fehle. Es könnte aber auch anders sein, dass nämlich die behandelnden Ärzte sich dem Schutz ihrer sterbenden Patienten verpflichtet fühlen und sie vor der quälenden Hirntod-Diagnose bei vorherigem Absetzen der Schmerzmittel bewahren wollen. Überhaupt wird aus dem Begriff Hirntod unter der Hand der Tod, wie es ja auch der Organspendeausweis suggeriert. Diese Behauptung wird durch unermüdliche Wiederholung nicht wahrer.
In einem Punkt erklärt die Seite unbeabsichtigt einen möglichen Grund des Organmangels: Transplantierte Organe haben eine beschränkte Lebensdauer und müssen erneuert werden. So gesehen warten die geretteten Patienten irgendwann wieder einmal auf ein zweites, drittes oder weiteres Organ.
Der unbefangene Besucher kann nicht erkennen, wie viele heikle Aspekte der Transplantationsmedizin zugunsten der „schönen neuen Welt“ verschwiegen werden.
Obwohl in unseren Augen bereits die erweiterte Zustimmungsregelung verfassungswidrig ist, denn wie kann man etwas spenden, was einem nicht gehört, wird massiv die Forderung nach einer Widerspruchslösung vertreten und die Einführung dieser Regelung im Ausland als großer Erfolg gefeiert. Aber im Licht besehen ist diese Regelung nichts anderes als der ungefragte und insofern diktatorische Zugriff des Staates auf die Körper seiner Bürger mit Hilfe der Medizin.
Gisela Meier zu Biesen & Erdmute Wittmann
Die Grundfrage für jeden Spender und Angehörigen heißt: WIE MÖCHTE ICH STERBEN?
Wenn man sich eine Skala der Sterbensarten vorstellt, stünde auf der einen Seite das, was man als hospizliches Sterben bezeichnen könnte: Nach meinen Bedürfnissen versorgt, umgeben von vertrauten Menschen, kann ich auf meine eigene Weise sterben.
Auf der anderen Seite steht der Tod durch Entnahme meiner Organe mittels einer großen Operation, aufgesägt und ausgenommen, umgeben von Menschen, denen meine eventuellen Schmerzen gleichgültig sind, die mit den von ihnen herausgeschnittenen Organen davoneilen und mich zurücklassen – das einzige, was mich davon abhält, schreiend vor solch einer Vorstellung davonzulaufen, ist die Behauptung der Transplantationsmediziner, ich sei schon tot – und das kann man glauben oder nicht.
Gebhard Focke