In einem wahren Tsunami von Zeitungsartikeln, Hörfunk- und Fernsehsendungen ging es fast ausschließlich um den Mangel an Organen und die verpasste Gelegenheit, Leben zu retten. Was bei diesen Werbebotschaften völlig ausgeklammert wird, sind die Belange des Spenders und die Bedeutung der Hirntoddefinition. Die Information, dass bei einer geplanten Organentnahme massiv in den Sterbeprozess des Patienten eingegriffen wird, fällt regelmäßig unter den Tisch. Das gezielte Weglassen heikler Informationen scheint Strategie zu sein.
Weithin unbekannt ist zum Beispiel, dass bereits im Schockraum „mögliche Organspender“ ausfindig gemacht werden und vorsorglich an die DSO gemeldet werden. Auch im Fall einer aussichtslosen Prognose wird der schwer hirnverletzte Patient trotzdem maximalintensiv weiterbehandelt. Wenn notwendig auch reanimiert und so am Sterben gehindert. Nur so ist eine spätere Organentnahme realisierbar. Das geschieht immer dann, wenn der Sterbende, so die Richtlinie SPENDERERKENNUNG der Bundesärztekammer „nach ärztlichem Ermessen als Organspender in Frage kommt.“ Erst wenn ein eindeutiges NEIN zur Organspende vorliegt, werden diese bereits fremdnützigen Maßnahmen zugunsten des späteren Organ-Empfängers eingestellt. Außerdem werden vor einer geplanten Hirntoduntersuchung Schmerz- und Beruhigungsmittel abgesetzt. Der Grund: sie verfälschen die Diagnostik. Das Gegenteil also zu einer patientenorientierten, palliativen Behandlung, wie sie sich viele Menschen am Lebensende wünschen und in ihren Patientenverfügungen festgehalten haben.
Über all diese Probleme liest man in der Presse zum „Tag der Organspende“ nichts. Auch nicht darüber, dass der als hirntot diagnostizierte Spender bei der Organentnahme über Stunden künstlich beatmet und intensivmedizinisch therapiert werden muss. Droht während dieser Prozedur der Kreislauf zusammenzubrechen, wird er auch am OP-Tisch wiederbelebt.
All das wissen die meisten Menschen nicht, weil diese Fakten fast nie Erwähnung finden. Insofern wird der wichtigste Grundsatz der modernen Medizin, die „informierte Zustimmung“, bewusst missachtet. Zumal die Gleichsetzung von Hirntod und Tod in der Wissenschaft zunehmend angezweifelt wird. Auch ein Drittel der Mitglieder des Deutschen Ethikrates hat in der Stellungnahme von 2015 Hirntote nicht als Tote, sondern als Sterbende bezeichnet. Eine Organentnahme hielten diese Ethikräte ethisch und juristisch nur für gerechtfertigt, wenn der Spender über alle ihn betreffenden Abläufe einer Organspende im Detail informiert ist. Genauso wie über die aktuelle Kontroverse um das Hirntod-Konzept in der Wissenschaft.
Das ist bisher nicht gewährleistet. Auch nicht durch die staatlichen Aufklärungskampagnen. KAO hält eine ehrliche, alle Fakten umfassende Informationspolitik für dringend geboten.
Vertiefend zum Thema:
- “Spenderkonditionierung – der manipulierte Sterbeprozess” von Silvia Matthies
- “Realistische Intuition und virtueller Tod: das Hirntodkonzept auf dem Prüfstand” eine rechtliche Betrachtung von Rainer Beckmann
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