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Prantls Blick: Organspende: Widerspruch gegen die Widerspruchslösung

Heribert Prantl, Jurist, Kolumnist und Autor der Süddeutschen Zeitung hat zwei sehr interessante Artikel zu den Gesetzesentwürfen zur Einführung der Widerspruchslösung bei der Organspende verfasst:

In seinem Artikel “Prantls Blick: Nach meinem Tod” (Mit Bezahlschranke) vom 30. Juni 2024 schreibt er:

Vor gut vier Jahren, am 16. Januar 2020, hat der Bundestag diese sogenannte Widerspruchslösung schon einmal abgelehnt und sich für die sogenannte „erweiterte Zustimmungslösung“ entschieden; diese erlaubt eine Organentnahme nur dann, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten ausdrücklich erklärt hat, dass er nach seinem Tod Organspender sein will. Die „Erweiterung“ bei dieser erweiterten Zustimmungslösung besteht darin, dass nach dem Tod des potenziellen Organspenders auch Hinterbliebene zustimmen können. Das genügt
den Verfechtern der Widerspruchslösung nicht. Sie haben einen neuen parlamentarischen Anlauf für ihre Lösung unternommen und klagen darüber, dass es viel zu wenige Organspender gibt. Daher wird sich der Bundestag nun also erneut mit den letzten Dingen beschäftigen.


Heribert Prantl, Jurist, Kolumnist und Autor der Süddeutschen Zeitung

Er kommt zu dem Schluss:

Die Widerspruchslösung gilt in vielen Staaten Westeuropas schon – beispielsweise in Österreich, Frankreich, Italien, Spanien und Portugal. Das beantwortet aber die gestellten Fragen nicht. In Deutschland kommt zu diesen Fragen die Erinnerung an den
Organspendeskandal von 2012 hinzu, in dem bekannt wurde, dass bei Transplantationen systematisch gegen geltende Richtlinien verstoßen wurde. Vertrauen schafft man da nicht per gesetzlicher Anordnung. Es kann und darf nicht eine Organabgabepflicht für den Todesfall geben. Der Mensch hat seinen Körper nicht von einer GmbH geleast, er muss ihn nicht nach dem Ende der Laufzeit zurückgeben. Und die Menschenwürde hört mit dem Hirntod nicht auf.


Heribert Prantl, Jurist, Kolumnist und Autor der Süddeutschen Zeitung

Bereits am 20. Januar 2020 hatte er in seinem Artikel “Prantls Blick: Organspende: Widerspruch gegen die Widerspruchslösung” (Keine Bezahlschranke) Widerspruch gegen die Widerspruchsregelung eingelegt und schon damals das Wichtigste aus seiner Sicht zusammengefaßt:

Ich finde es nicht richtig, dass ein Mensch widersprechen muss, um sich das Recht auf körperliche Unversehrtheit zu erhalten. […]

Es darf aber nicht sein, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit künftig unter Vorbehalt steht. Dieses Recht ist ein Fundamentalgrundrecht. Die sogenannte Widerspruchslösung rüttelt an diesem Fundament. […]

Der Körper verliert nicht seine Würde mit dem irreparablen Ausfall des Gehirns. Das ist meine feste Überzeugung – und ich habe sie in meiner SZ-Kolumne vom Samstag, 5. Oktober 2019 ausführlicher darzulegen versucht: Bei der Organspende geht es um Fundamentalfragen des Menschseins. Die Widerspruchslösung wird dem nicht gerecht. Sie ist eine ethische Perversion aus guter Absicht. […]

Ja es stimmt: Die Widerspruchslösung wird in anderen Ländern schon praktiziert. Aber das macht sie nicht besser. Die Zahl der Verstöße nobilitiert nicht den Verstoß. Mein Widerspruch gilt daher der Widerspruchslösung. […]

Die Frage lautet: Wem gehört der Mensch? Er gehört nicht dem Staat, er gehört nicht der Gesellschaft. Er gehört sich selbst.



Heribert Prantl, Jurist, Kolumnist und Autor der Süddeutschen Zeitung