Inhalt
Zusammenfassung
Der Artikel stellt die deutsche transplantationsmedizinische Gesetzgebung und die damit verbundenen medizinethischen Konfliktfelder vor. Er beleuchtet, wie sich ein wesentliches Merkmal seit dem Durchbruch der Transplantationsmedizin als neue Therapieform in den 1960er Jahren herausgebildet hat: Der Gesetzgeber stand von Anfang an vor der Aufgabe, immer erst im Nachhinein, teilweise Jahrzehnte später, rechtliche Grauzonen schließen zu müssen.
Diese Besonderheit liegt in einem vielschichtigen Dilemma begründet: Die Transplantationsmedizin ist auf den Körper anderer Patienten angewiesen. Daraus resultiert ihre Abhängigkeit von einer unserer kulturellen Todesvorstellung drastisch abweichenden Definition des Sterbens und des Todes (‚Hirntod‘). Zudem muss eine künstliche lebensverlängernde Behandlung von ‚hirntoten‘ Patienten nach der Hirntodfeststellung weitergeführt werden. Denn nur aus ihrem lebendigen Körper gewonnene Organe sind verpflanzbar. Zum alleinigen Zweck der ‚Organspende‘ darf die intensivmedizinische Maximaltherapie von Patienten mit einem Hirnversagen im dokumentierten Totenstatus (Hirntodprotokoll) selbst Operationen oder eine kardiopulmonale Reanimation (Herz-Lungen-Wiederbelebung) umfassen.
Die nicht mehr dem Wohl des betreffenden Patienten dienende sogenannte organprotektive Therapie prägt entscheidend den medizinischen und sozialen Umgang mit einem sterbenden Menschen am Ende seines Lebens. Vor dem Hintergrund dieser ethisch heiklen Behandlungsstrategie ist der Gesetzgeber mit der Aufgabe betraut, Ausnahmeregelungen für die fremdnützige Therapie von potenziellen ‚Organspendern‘ zu finden. Denn es sind die zu legalisierende Spenderrekrutierung und die einer Sektion gleichenden Multiorgan- und Gewebeentnahmen mit den Richtlinien zur ärztlichen Sterbebegleitung sowie Grundsätzen der medizinischen Ethik zu vereinbaren.
Zudem widerspricht eine auf die Organgewinnung orientierte Behandlung von potenziellen ‚Organspendern‘ den Grundprinzipien der auf Intensivstationen etablierten Palliativmedizin (lat. ‚palliare’: mit einem Mantel umhüllen): Eine Palliation verzichtet bereits in der Phase eines sich abzeichnenden Hirnversagens auf sinnlos gewordene, lebenserhaltende medizinische Maßnahmen. Sie macht somit eine ausschließlich für die Organentnahmen erforderliche Hirntodfeststellung hinfällig. Die palliative Sorge richtet den Fokus auf eine leidensmindernde Therapie und hat eine medizinische, spirituelle sowie psychosoziale Betreuung des sterbenden Menschen, aber auch seiner Angehörigen im Blick.
Die seit 2012 erfolgten Reformen der deutschen Transplantationsgesetzgebung betten die ‚Organspende‘ in den Perspektivwechsel von einem paternalistischen Arzt-Patienten-Verhältnis zu einem neuen Selbstverständnis der Medizin ein: Dabei geht es um die Beteiligung der Patienten als selbstverantwortliche Subjekte an medizinischen Entscheidungsprozessen. Diese können auch Situationen der Nichteinwilligungsfähigkeit am Lebensende betreffen (‚End-of-Life-Decisions‘). Eine zentrale Säule der Patientenautonomie stellt ein persönliches, ärztliches Aufklärungsgespräch der geplanten Diagnoseverfahren und körperlichen Eingriffe dar.
Auf dieses Selbstbestimmungsideal beziehen sich alle letzten Novellierungen des Transplantationsgesetzes – allerdings ohne eine fundierte Patienteninformation zur verpflichtenden Voraussetzung einer Organspendeerklärung zu machen. Damit erlaubt der Gesetzgeber große Wissenslücken in der Bevölkerung. Mit der Einführung der sogenannten Entscheidungslösung kann nunmehr die zum Zweck der ‚Organspende‘ durchzuführende ‚spendezentrierte Therapie‘ exklusiv als Realisierung des Patientenwillens gelten. Ohne Berücksichtigung des allgemein herrschenden Informationsdefizits soll nur noch die zuvor einmal individuell niedergelegte Dokumentation der Organspendebereitschaft als ethisch saubere Handlungsanleitung für eine nicht mehr auf das Patientenwohl ausgerichtete ‚organprotektive Behandlung‘ am Lebensende dienen.
In dem Artikel wird nachgezeichnet, wie die gesetzgeberische Ambition, das Spannungsfeld zwischen der fremdnützigen Therapie von ‚Organspendern‘ und den Grundsätzen der Medizinethik auszubalancieren, gescheitert ist. Rechtslücken wurden nicht geschlossen, indessen die im Transplantationsgesetz (TPG) vorgeschriebene Trennung von Intensiv- und Transplantationsmedizin aufgeweicht. Zudem stehen die in der Transplantationsgesetzgebung und die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankerten, medizinrechtlichen Regelungen zur Behandlungseinwilligung nicht miteinander in Einklang. Gesetzliche Vorschriften für die ‚Organspende‘ (TPG) und Regelungen zur Durchführung medizinischer Maßnahmen (BGB) erscheinen wie zwei voneinander getrennte Rechtsgebiete. Auch hat der Gesetzgeber keine Priorisierung beider Bereiche vorgenommen.
Die geltende ärztliche Aufklärungspflicht bei körperverletzenden Eingriffen und das sogenannte Patientenverfügungsgesetz (BGB) sind für die Behandlung von Patienten mit einem drohenden Hirnversagen zwar nicht aufgehoben. Doch die Transplantationsgesetzgebung behandelt den medizinischen und sozialen Umgang mit potenziellen ‚Organspendern‘ wie einen vom BGB unabhängigen Regelungsbereich. Aufgrund dieser doppeldeutigen Rechtslage sind z.B. nur volljährige Personen dazu befugt, eine rechtswirksame Patientenverfügung niederzulegen (BGB). Das Transplantationsgesetz hingegen erlaubt die Einwilligung zur ‚Organspende‘ von Minderjährigen ab dem 16. Lebensjahr.
Keywords: Nürnberger Kodex; Genfer Gelöbnis; ‚Hirntod‘; Entnahmekrankenhäuser; ‚Spendermanagement‘; ‚organprotektive Therapie‘; Patientenverfügung; Organspendeausweis; Palliativmedizin.
Abstract
The extended role of transplantation medicine in intensive care units: The development of transplantation legislation in Germany
This article presents German transplantation medicine legislation and the associated areas of conflict in medical ethics. It sheds light on how an essential feature has developed since the breakthrough of transplantation medicine as a new form of therapy in the 1960s: from the very beginning, legislators were faced with the task of having to repeatedly clarify legal gray areas in retrospect, sometimes decades later.
This is due to a complex dilemma: transplantation medicine is dependent on the bodies of patients. This results in its dependence on a definition of the dying process and death (‘brain death’) that differs drastically from our cultural concept of death. Intensive care treatment to prolong the life of organ donors must also be continued after ‘brain death’ has been determined. This is because organs can only be transplanted from a living body. The maximum intensive care treatment of ‘organ donors’ may include surgery or cardiopulmonary resuscitation even in the documented death status (brain death protocol) exclusively for the purpose of ‘organ donation’.
The so-called ‘organ-protective therapy’, which no longer serves the welfare of the patient concerned, has a decisive influence on the medical and social care of a dying person at the end of life. Against the background of this ethically controversial form of treatment, legislators are faced with the task of finding exceptions for the non-beneficial treatment of potential ‘organ donors’. This is because donor recruitment, which must be legalized, and the removal of organs and tissue, which is equivalent to a dissection, must be reconciled with the guidelines on medical end-of-life care and the principles of medical ethics.
Finally, the non-beneficial treatment of potential ‘organ donors’ contradicts the basic principles of palliative care, which also takes place in intensive care units: palliation normally dispenses with all life-sustaining medical measures that have become pointless already in the phase of imminent brain failure. It also renders obsolete the determination of ‘brain death’, which is only needed for organ harvesting. Palliative care concentrates on treatment that minimizes suffering and focuses on medical, psychological, spiritual, and social care for dying persons and their relatives.
The reforms applied to the German Transplantation Act since 2012 embed ‘organ donation’ in the change of perspective from a paternalistic doctor-patient relationship to a new self-image of medicine: This involves the participation of patients as self-responsible subjects in medical decision-making processes. These can also concern situations of incapacity of giving consent at the end of life (‘End-of-Life-Decisions’). A central pillar of patient autonomy is a personal, informing medical discussion of all planned diagnostic procedures and physical interventions.
All recent amendments to the transplantation law refer to this ideal of self-determination, without, however, making well-founded patient information a mandatory prerequisite for an organ donation declaration. The legislator is thus allowing large gaps in the population’s knowledge. With the introduction of the so-called decision solution (‘Entscheidungslösung), the ‘donation-centered therapy’ to be carried out for the purpose of ‘organ donation’ can now be regarded exclusively as the realization of the patient’s will. Without taking into account the generally prevailing lack of information, only the previously individually recorded documentation of the willingness to donate organs should serve as an ethically clean guide to action for ‘organ-protective treatment’ at the end of life that is no longer oriented towards the patient’s welfare.
This article traces the failure of the legislative ambition to balance the conflicting interests of ‘organ-protective intensive care’ in organ donors and the principles of medical ethics. Legal loopholes have not been closed, and the strict separation of transplantation and intensive care medicine has been blurred. In addition, the German Transplantation Law (Transplantationsgesetz: TPG) has not been coordinated with the legal medical regulations on consent to treatment as stated in the German Civil Code (Bürgerliches Gesetzbuch: BGB). So that legal regulations for ‘organ donation’ and regulations for the implementation of medical measures appear to be two separate subject issues. Nor has the legislator prioritized the two areas.
The current medical obligation to provide information in the case of interventions that cause bodily harm as well as the so-called ‘Patientenverfügungsgesetz’ (BGB) have not been repealed for the treatment of patients with impending brain failure. However, transplantation legislation regards the medical and social treatment of potential ‘organ donors’ as a regulatory area outside the Civil Code (BGB). Due to this ambiguous legal situation, for example, only persons of legal age are authorized to make a legal effective living will (BGB); the Transplantation Act (TPG), on the other hand, allows minors from the age of 16 to consent to ‘organ donation’.
Keywords: Nuremberger Code; Declaration of Geneva; brain death; donor management; organ-protective intensive care; donor preconditioning; donor management; end-of-life decisions; organ donor card; palliative care.
1. Die transplantationsmedizinische Praxis seit den 1960er Jahren bis zum ersten Transplantationsgesetz 1997 in der BRD und die Widerspruchsregelung von 1975 in der DDR
1967 wurde die Eurotransplant International Foundation (ET) im holländischen Leiden gegründet und 1969 als eine private, gemeinnützige Stiftung etabliert. Die Transplantationsmedizin der Bundesrepublik Deutschland (BRD) war dieser Privatstiftung angegliedert. Unter der Leitung von Eurotransplant wurde damit begonnen, in Westdeutschland die Organisationsstruktur des neuartigen Transplantationssystems aufzubauen und eine konsequente Werbung für ‚Organspenden‘ in Gang zu setzen. Zwischen der Gründung dieser Stiftung im holländischen Leiden und der in der BRD 1997 erfolgten Legalisierung der transplantationsmedizinischen Praxis liegen 30 Jahre.
Eurotransplant repräsentiert weltweit die erste länderübergreifende Organisation für die legale Gewinnung und Zuteilung von Organen. Anfänglich koordinierte sie in Belgien, Luxemburg, Österreich, den Niederlanden und in der BRD die Entnahme sowie Verteilung ausschließlich von Nieren, die aus dem Körper von bis zu 45 Jahre alten Spendern stammten. Seit den 1980er Jahren erweiterte ET sein Aufgabenfeld um die Gewinnung und Zuordnung von Herz, Leber, Bauchspeicheldrüse, Lungen und Darm. Auch wurde 1999 die Altersgrenze für Organspender gänzlich aufgehoben. Mittlerweile befinden sich acht Länder in dem ET-Staatenverbund.
1967: Gründung von Eurotransplant in einer rechtlichen und medizinethischen Grauzone
Bemerkenswert ist: Die Gründung von Eurotransplant im Jahre 1967 erfolgte zu einem Zeitpunkt, als es für Organentnahmen in keinem seiner Mitgliedstaaten eine Rechtsbasis gab. Insofern bewegte sich lange bevor der bundesdeutsche Gesetzgeber die Gewinnung und Verpflanzung von Organen rechtlich geregelt hatte, die damalige transplantationsmedizinische Praxis in einer Grauzone. Ebenso erhielt die verpflanzungschirurgische Organgewinnung erst nach der Etablierung von ET eine medizinethische Legitimationsgrundlage, auf die sich die Transplantationsmedizin weltweit beziehen konnte: 1968 führte das Ad Hoc Commitee der Harvard Medical School (USA) die Hirntoddefinition ein,[1] die in der Fachöffentlichkeit jedoch heftige Kritik auslöste.[2] Wiederum im Nachhinein – teilweise Jahrzehnte später – kam es zu national unterschiedlichen Transplantationsgesetzgebungen in den einzelnen ET-Verbundländern.
Eine weitere Besonderheit von Eurotransplant ist: Sein Entscheidungsspielraum in der Funktion einer internationalen Vermittlungsstelle von Organen blieb verfassungsrechtlich umstritten. Denn diese private gemeinnützige Stiftung niederländischen Rechts trägt den Charakter einer nichtstaatlichen internationalen Organisation. Sie hat gegenüber den nationalen Rechten ihrer Mitgliedstaaten den Vorrang – so auch hinsichtlich deutscher Befugnisse und Rechte. Ihre Tätigkeit unterliegt keiner ausreichenden Kontrolle durch die einzelnen Verbundländer.[3] Diese Stiftung dürfte, wie der Rechtswissenschaftler Mathis Bader die „rechtsstaatlich bedenkliche Intransparenz“ kritisiert, „für den Durchschnittsbürger […] weitgehend undurchschaubar bleiben“[4].
Variierende Explantationsverfahren – hier legal, dort verboten
ET agiert grundsätzlich unabhängig von den nationalen Gesetzgebungen seiner Verbund-Staaten im Sinne eines selbst organisierten Systems. Diese rechtspolitische Besonderheit macht es möglich, dass nicht nur die Richtlinien für die Hirntodfeststellung des jeweiligen Landes, wo ein potenzieller Organspender untersucht wird, von denen eines anderen ET-Verbundstaates abweichen können (z.B. Schmerzprovokationen Trigeminusnerv; Hirntodkriterien im Zuge eines sogenannten kontrollierten Herztodes [Non Heart Beating Donors]). Vielmehr dürfen selbst Explantationsverfahren mit unterschiedlich zugrunde gelegten Kriterien für die Todesdefinition in dem einen Eurotransplant-Verbundland illegal, in einem anderen wiederum rechtlich legitimiert sein: Beispielsweise ist in Deutschland die Organexplantation von Intensivpatienten, deren Leben nicht mehr zu retten ist und bei denen im Rahmen eines Behandlungsabbruchs ein sogenannter kontrollierter Herzstillstand herbeigeführt wird, als Tötung verboten und ethisch verworfen.[5] In Belgien, Österreich sowie den Niederlanden hingegen ist sie erlaubt, wenngleich in all diesen Ländern die Organgewinnung und –verteilung durch die eine private gemeinnützige Stiftung Eurotransplant organisiert wird.
Spenderkategorien („Cadaver Type“) auf ET-Protokoll: „Heart Beating“, „Non Heart Beating“, „Euthanasia“
Nennenswert ist eine Ausnahme: Eurotransplant vermittelt keine Organe in andere ET-Verbundstaaten, die z.B. auf Grundlage der seit 2002 in Belgien legalisierten ‚Euthanasie‘ in Kombination mit einer ‚Organspende‘ gewonnen werden. Aber auf dem ET-Formular, das einzelne Organspender erfasst, sind drei Kategorien unter dem Stichwort „Cadaver type“ ankreuzbar: „Heart Beating“ ([‘Hirntote‘] mit schlagenden Herzen), NHB category” (Non Heart Beating ([Spender] ohne schlagende Herzen) und „Euthanasia“ (Euthanasie).[6]
Eurotransplant: BRD rechtliche Grauzone – Intertransplant: DDR Widerspruchsregelung
Nach dem Vorbild von Eurotransplant entstanden in Europa, den USA und den Ostblockstaaten weitere Organisationen dieser Art (z.B. Aarhus: Scandiatransplant 1969; Richmond/Virginia: United Network for Organ Sharing 1984). Für Länder des ehemaligen Ostblocks (z.B. Volksrepublik Polen, Sowjetunion) übernahm Intertransplant in Prag seit 1980 bis zu seiner Auflösung (1991) das Management der Spenderrekrutierung und Organverteilung.[7] Auch die Transplantationsmedizin der DDR stand unter der Ägide von Intertransplant.
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung und der politischen Umbrüche in Europa 1989/91 wurden die Transplantationszentren der DDR, Kroatiens, Sloweniens und Ungarns Eurotransplant angeschlossen. Wie in den autoritären Regimen der Ostblockstaaten mit einem etablierten Transplantationssystem galt auch in der DDR-Diktatur seit 1975 die Widerspruchslösung (Verordnung über die Durchführung von Organtransplantationen vom 4. Juli 1975). Jeder Mensch vom Säuglingsalter an war ein potenzieller Kandidat für eine Explantation, es sei denn, er hatte „zu Lebzeiten anderweitige Festlegungen getroffen“[8]. Die Widerspruchsregelung wurde ebenfalls in mehreren westeuropäischen Staaten ohne jede öffentliche und parlamentarische Diskussion eingeführt – so z.B. in Frankreich 1976, Spanien 1979 oder in den zwei Eurotransplant-Verbundländern: Österreich 1982 und Belgien 1986.[9]
In den Niederlanden wiederum, wo Eurotransplant mit Sitz in Leiden angesiedelt ist, war zwischen 1996 und 2018 die erweiterte Zustimmungslösung rechtswirksam: Eine Organentnahme setzte die Einwilligung des betroffenen Patienten oder seiner Angehörigen voraus. Dieses Beispiel verdeutlicht ein weiteres Mal: Das von Eurotransplant errichtete Transplantationssystem konnte von Anfang an gänzlich losgelöst von nationalen, medizinethischen Vereinbarungen und rechtlichen Regelungen in seinen verschiedenen Verbund-Staaten agieren.
Der Nürnberger Kodex und die experimentelle Phase der Transplantationsmedizin
In diesem Zusammenhang ist wiederum beachtenswert: Die Wahl des Standorts für diese Stiftung fiel 1967 nicht auf die BRD, obwohl sie bis heute das größte Tätigkeitsfeld mit dem deutlich höchsten Anteil der von dieser Zentrale zu organisierenden Organentnahmen und deren Verteilung darstellt. Den Hintergrund dafür dürften die medizinischen Verbrechen im Nationalsozialismus bilden, die 20 Jahre vor der ET-Gründung im Nürnberger Ärzteprozess (1946/47) verhandelt worden waren und 1947 zur Verabschiedung von international verbindlichen medizinethischen Grundsätzen geführt hatten (Nürnberger Kodex). Dieser Kodex stellte strengste Richtlinien für die Durchführung von medizinischen Menschenversuchen auf, um nicht den wissenschaftlichen Fortschritt durch ein generelles Verbot von Humanexperimenten (heute: ‚Studien‘) zu gefährden.
Zwar unterlag auch die internationale Transplantationsmedizin dem Nürnberger Kodex. Nur geriet sie in den 1960er Jahren anlässlich ihrer tödlichen Verpflanzungsversuche in die Kritik.[10] Der besondere experimentelle Charakter der Transplantationschirurgie seit ihrer Begründung im 19. Jahrhundert und auch zwischen den 1950er und 1980er Jahren spiegelt sich in der von Eurotransplant selbst erklärten Forschungsfunktion wider: Gleich in ihrem Gründungsjahr 1967 stellte diese privatrechtliche Stiftung eigens durchzuführende Studien in den Mittelpunkt ihrer Aufgabenstellung. Damit bezweckte sie, die experimentelle Phase der Transplantationsmedizin verlassen und ihre äußerst schlechten Resultate mit vielen tödlichen Verläufen verbessern zu können. [11]
Das Genfer Gelöbnis – ärztliche Sorge um das Wohlergehen des Patienten ohne Fremdinteressen
Zeitnah zum Nürnberger Kodex wurde 1948 das Genfer Gelöbnis als eine moderne Fassung des Hippokratischen Eides eingeführt. Diese Deklaration des Weltärztebundes verpflichtete ärztliches Handeln darauf, ausschließlich für die Gesundheit und das Wohlergehen des einzelnen Patienten Sorge zu tragen.[12] Medizinische Maßnahmen, die nicht am Wohl der anvertrauten Patienten orientiert und von Fremdinteressen geleitet sind, wurden ethisch verworfen.
‚Spenderkonditionierung‘, ‚organprotektive Therapie:‘ Organentnahmen im Dienste von Dritten
Das Genfer Gelöbnis steht in gewisser Weise im Widerspruch zur transplantationsmedizinischen Therapieform, solange die zu verpflanzenden Organe von Intensivpatienten mit einem Hirnversagen gewonnen werden. Denn dieses chirurgische Verfahren ist auf die Nutzung des Körpers anderer, sterbender Menschen angewiesen. Somit kamen im Zuge des in den 1960er Jahren erfolgten Aufbaus des Transplantationssystems unumgänglich Fremdinteressen gegenüber Patienten mit einer schweren Hirnschädigung ins Spiel: Das besondere intensivmedizinische Behandlungskonzept vor der Explantation (‚Spenderkonditionierung‘, organprotektive Therapie‘) und die aufwändigen, mehrstündigen Organentnahmen dienen nicht den betroffenen Patienten. Vielmehr sollen die ‚spendezentrierten‘ medizinischen Maßnahmen und die mit einer Sektion vergleichbaren Operationen (Multiorganentnahme) ganz allein Dritten (Empfängern) zugute kommen. Die sogenannte spendezentrierte Therapie von Menschen mit einem drohenden oder bereits eingetretenen Hirnversagen (‚Hirntote‘) untergräbt die ärztliche Schutzfunktion zum Wohle des Patienten, auf die das Genfer Gelöbnis medizinisches Handeln verpflichtet.
Organisation für anreisende Organentnehmer in (‚Spender‘)-Krankenhäuser
Für den besonderen medizinischen und logistisch zu bewältigenden Ablauf einer in hohem Grade arbeitsteilig organisierten ‚Organspende‘ hat man den Beruf des Transplantationskoordinators geschaffen. Er schlägt die Brücken zwischen Eurotransplant und den Allgemeinkrankenhäusern, wo sich potenzielle ‚Organspender‘ auf Intensivstationen befinden. Und er wurde mitunter zuständig für das Management der Hirntoddiagnostik, des Angehörigengesprächs, der intensivmedizinischen ‚Spenderkonditionierung‘ (‚organprotektive Therapie‘) sowie für die Bereitstellung von Betten- und OP-Kapazitäten, das Timing der anreisenden, externen Chirurgen für die einzelnen Organentnahmen und für die wiederum länderübergreifenden Transportdienste zur Verteilung der Organe in andere Regionen oder Länder. Der Transplantationskoordinator ist in dem jeweiligen ET-Verbundstaat in einer wiederum nationalen privatrechtlichen Stiftung tätig – in Deutschland ist dies die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)
Das Aufgabenfeld der 1984 gegründeten DSO
Schon 13 Jahre vor dem ersten bundesdeutschen Transplantationsgesetz (1997) wurde in der BRD 1984 die privatrechtliche und aus Krankenkassengeldern finanzierte DSO für dieses Aufgabenfeld gegründet.[13] Aber noch vor ihrer Etablierung hatte das seit 1969 bestehende Kuratorium für Heimdialyse e.V. und 1987 umbenannte Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. (KfH) als gemeinnützige Körperschaft mit dem Aufbau des zunächst auf Nierenverpflanzungen und im Rahmen der Gewebegewinnung auf Augenhornhäute und Gehörknöchelchen begrenzten Transplantationssystems begonnen.[14]
BRD an der Spitze der Organspenderzahlen im ET-Länderverbund
Während die von der DSO angestellten Transplantationskoordinatoren und die Organentnehmer von außen in die Kliniken der Spender kommen, finden die Verpflanzungen auf die Empfänger durch spezialisierte Chirurgen in sogenannten Transplantationszentren mit dafür eigens eingerichteten Stationen statt. Diese befinden sich überwiegend in Universitätskliniken, wo auch die experimentelle Transplantationsmedizin verankert ist. Mittlerweile vermittelt Eurotransplant die in Krankenhäusern mit Intensivstationen gewonnenen Organe an seine 79 assoziierten Transplantationszentren aus acht Ländern (Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Ungarn, Slowenien). Davon befinden sich aufgrund seines an der Spitze liegenden Anteils der Organspenderzahlen allein 46 in Deutschland.[15]
26 Jahre vor der Transplantationsgesetzgebung: Werbekampagnen für die Enttabuisierung der Organgewinnung
Damit ein möglichst großer ‚Spenderpool‘ zur Verfügung steht, machte es sich Eurotransplant von Anfang an zur Aufgabe, einen Mentalitätenwandel einzuleiten. Um den Weg für eine solche kulturelle Wende zu bereiten und die fremdnützige Organgewinnung zu enttabuisieren, wurde wiederum lange vor der ersten bundesdeutschen Transplantationsgesetzgebung (1997) der Arbeitskreis Organspende (AKO) 1979 gegründet. Unter der Schirmherrschaft des Bundesgesundheitsministeriums (Horst Seehofer) trat er für die „Verbreitung des Gedankens der uneigennützigen Organspende nach dem Tode”[17] in Funktion. Seit der Entstehung des Transplantationssystems waren kostspielige Werbekampagnen für die Akzeptanz einer verengten Todesvorstellung in der Bevölkerung ein zentrales Aufgabenfeld dieser für nur wenige Patienten in Betracht kommenden Therapieform.
Einführung des Organspendeausweises (1971)
Für die Erfüllung des kostenintensiven Popularisierungsauftrages waren dem AKO 31 Mitgliedsorganisationen, etwa Verbände und Institutionen angeschlossen – z. B. der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, ADAC oder der Bundesverband der Motorradfahrer. Sie sorgten für eine systematische Verbreitung des 1971 in Deutschland eingeführten Dokuments unter dem Namen ‚Organspendeausweis‘.[18] Zudem wurde 18 Jahre vor der ersten bundesdeutschen Transplantationsgesetzgebung (1997) eine weitere staatliche Behörde mit der Aufgabe betraut, eine gesellschaftliche Akzeptanz für die Organspende durchzusetzen: die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
BÄK 1979: Appell an die Ärzteschaft zur „aktiven Mitarbeit“ bei der „Gewinnung geeigneter Organe“
Parallel zur Gründung des AKO hatte sich auch seit 1979 die Bundesärztekammer (BÄK) als die berufspolitische Interessensvertretung der Ärztinnen und Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland dem Auftrag verschrieben: die neuen Praktiken der Organgewinnung in der Ärzteschaft zu popularisieren. In dem von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung herausgegebenen Deutschen Ärzteblatt erschien der „Aufruf der Bundesärztekammer an alle Ärzte“. Darin wandten sich der Präsident der BÄK Karsten Vilmar und der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates der BÄK Hanns Peter Wolff an Krankenhausärzte sowie praktizierende Kolleginnen und Kollegen. Sie baten um deren „aktive Mitarbeit, um so direkt zur Gewinnung geeigneter Organe beizutragen“.[19]
Wiederum bemerkenswert ist: Die Bundesärztekammer als die bundesdeutsche Berufsvertretung der Ärzte handelte hier in der Funktion ‚nur‘ einer Arbeitsgemeinschaft der Landesärztekammern und eines nicht rechtsfähigen Vereins.[20] Dennoch stellte sie sich in den Dienst des Transplantationssystems und übernahm die Aufgabe einer normsetzenden Instanz für transplantationsmedizinische Zwecke.
1979: Verbreitung des Organspendeausweises durch die BÄK
So plädierte 1979 der Vorstand der BÄK im Deutschen Ärzteblatt für die Einführung der Widerspruchsregelung, ohne die damals international heftig umstrittene Gleichsetzung des Todes eines Menschen mit dem Hirnversagen von Intensivpatienten auch nur mit einem Wort zu erwähnen.[21] Obwohl sich die Organgewinnung auf einem rechtsunsicheren Boden bewegte, veröffentlichte die BÄK in derselben Nummer des Ärzteblatts den Artikel: „Organspende – Kurzinformationen für den Arzt“.[22] Darin vertrat sie ein eindimensionales, auf das Gehirn reduziertes Menschenbild, das damals von Vertretern der Hirntodkonzeption zur Kennzeichnung von Patienten mit einem Hirnversagen (‚Hirntote‘) mitunter auf den entmenschlichenden Begriff „menschliches Herz-Lungenpräparat“[23] gebracht wurde. Den Maßstab für eine solche medizinische Todeskonzeption bildete in dieser BÄK-Kurzinformation „die Befundung durch einen neurologisch kompetenten Arzt“[24]. Er habe insbesondere das „Fehlen zerebraler Reflexe“ festzustellen, ein Null-Linien EEG und „gegebenenfalls den Nachweis einer nicht mehr vorhandenen Hirndurchblutung“[25] zu erbringen. Außerdem forderte die Bundesärztekammer ihre Kollegen dazu auf, den von ihr und dem KfH vertriebenen Organspendeausweis zu bestellen und zu verbreiten.[26]
1990: „Kirchen sagen Ja zur Organspende“ – gemeinsame Erklärung von Theologen und AKO auf rechtsunsicherem Boden
Auch gelang es Transplantationsmedizinern lange vor der ersten bundesdeutschen Transplantationsgesetzgebung die protestantische und katholische Kirche für die Organspenderwerbung zu gewinnen, um der ‚Organspende‘ eine christliche Sinngebung zu verleihen. Die religiös normsetzende Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland[27] wurde zu einem Bestandteil der AKO-Werbeborschüren. Diese Schrift hatte eine 15 Mitglieder umfassende Arbeitsgruppe formuliert – darunter fünf der prominentesten bundesdeutschen Transplantationsmediziner,[28] ein evangelischer und sieben katholische Theologen. In die AKO-Reklame wurde die von den Bischöfen Martin Kruse und Karl Lehmann unterschriebene Erklärung „Kirchen sagen Ja zur Organspende“ eingefügt. In der Werbung für ‚Organ‘- und ‚Gewebespenden‘ bietet sie bis heute eine unverzichtbare Legitimationsgrundlage. „Aus christlicher Sicht ist die Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod ein Zeichen der Nächstenliebe“,[29] hieß es in dieser Grundsatzerklärung.
Theologen erheben ihre Stimme: „Wir sagen als Kirche: Der Hirntod ist nicht der Tod des Menschen“
Allerdings blieben die in Deutschland dazu kontrovers vertretenen theologischen Positionen ignoriert, die insbesondere eine auf physiologische Vorgänge reduzierte Vorstellung über Sterben und Tod hinterfragten. Zu ihren Vertretern zählen z.B. der Professor für praktische Theologie Klaus-Peter Jörns, der katholische Moraltheologe Professor Manfred Balkenohl oder der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland Manfred Kock. Dieser erklärte: „Wir sagen als Kirche: Der Hirntod ist nicht der Tod des Menschen“[30]. Eine Reihe von Theologen problematisierte die Hirntodvereinbarung[31] – darunter auch die polnische Professorin und als Pastoralmedizinerin tätige Dr. med. Wanda Półtawska (1921-2023) in ihrem Vorwort zu dem Buch „Organspende – letzter Liebesdienst oder Euthanasie“. Vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen in dem Konzentrationslager Ravensbrück und als Überlebende der dort an ihr vorgenommenen medizinischen Experimente erklärte sie: „Der Mensch ist mehr als […] nutzbare Materie, mehr als Organbank, er ist Ebenbild Gottes, bis zum letzten Atemzug, sei dieser nun künstlich unterstützt oder nicht.“[32]
2. Das Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz – TPG) vom 5. November 1997: Die erweiterte Zustimmungsregelung[33]
Bis zur Verabschiedung des ersten bundesdeutschen Transplantationsgesetzes (1997) hatten in Westdeutschland Akteure wie Eurotransplant, KfH, AKO, DSO und in der DDR Intertransplant über mehrere Jahrzehnte hinweg den transplantationsmedizinischen Zugang zu den Krankenhäusern und die Organisationsstruktur zur Gewinnung und Verteilung von Organen etabliert. Die Errichtung des Transplantationssystems und alle Versuche, eine gesellschaftliche Akzeptanz für die Nutzung von Intensivpatienten mit einem Hirnversagen als ‚Organspender‘ durchzusetzen, war bis dahin von staatlichen Behörden (Bundesministerium für Gesundheit, BZgA), der Bundesärztekammer, aber auch den christlichen Kirchen unterstützt worden. Angesichts dieses langwierig erfolgten Aufbaus des Transplantationssystems relativiert sich die damalige gesetzgeberische Aufgabenstellung, die transplantationsmedizinische Praxis rechtlich ‚neu‘ zu regeln. Vielmehr ging es in erster Linie darum, die während der zurückliegenden 30 Jahre geschaffenen Strukturen des Transplantationssystems zu legalisieren.
Organ- und Gewebeentnahmen berühren das Tötungstabu, das Recht auf Pietät und Totenruhe
Und doch beanspruchte der Gesetzgeber angesichts der ethisch heiklen Problematik der Organgewinnung einen jahrzehntelangen konfliktreichen Entscheidungsprozess bis zur Verabschiedung des Transplantationsgesetzes. Immerhin berühren die Organentnahmen das Tötungstabu und die Gewebegewinnung das Recht auf Pietät sowie auf Totenruhe.
So stand in Expertenanhörungen des Deutschen Bundestages die wissenschaftlich kontrovers beurteilte und verengte Hirntoddefinition als Voraussetzung der Organentnahme zur Disposition, die ein Hirnversagen mit dem Tod des ganzen Menschen gleichsetzt. Sie war 1968 von wenigen Spezialisten entwickelt und auf die Bedürfnisse der experimentellen Verpflanzungstherapie zugeschnitten worden: Die Hirntodvereinbarung der Harvard Kommission von 1968 fixierte erstmals den Tod eines Menschen ohne vorausgegangenen Sterbeprozess abstrakt auf ein einziges Organ und einen einzigen Moment. Entsprechend gilt die auf dem Hirntodprotokoll zuletzt geleistete Unterschrift des Arztes als Todeszeitpunkt des betreffenden Menschen.[34]
‚Hirntod‘: ‚Tote Person‘ mit einem ‚lebenden Körper‘
‚Hirntote‘ gelten als verstorben, obwohl ihr Herz schlägt und sie für den Zweck der Organspende bis zum Ende der Explantationen intensivmedizinisch am Leben erhalten werden müssen. Denn das Hirntodkonzept beruht auf der Teilung eines Menschen mit Hirnversagen in eine ‚tote Person‘ und einen ‚lebenden Körper‘. Es dient als ethische, religiöse und vor allem rechtliche Legitimation der Organgewinnung.[35]
Trotz mehrerer Reformen sind bis heute große Teile des Transplantationsgesetzes von 1997 rechtsgültig, so auch der Kern der ‚erweiterten Zustimmungslösung‘: Wenn keine schriftliche Einwilligung für eine ‚Organspende‘ vorliegt (gültig ab dem vollendeten 16. Lebensjahr), sind die nächsten Angehörigen von Patienten mit einem diagnostizierten Hirnversagen (‚Hirntod‘) unter Berücksichtigung seines mutmaßlichen Willens befugt, eine Zustimmung zur Organentnahme zu geben.[36]
Grundgesetz schließt Kategorien von menschlichem Leben als ‚lebensunwert‘ aus
Das TPG von 1997 enthält mehrere rechtliche und medizinethische Besonderheiten:
Erstens: Wie der Rechtswissenschaftler Wolfram Höfling hervorhebt, wurde in diesem Gesetz der Tod zu „einem zentralen normativen Kriterium für die Transplantationsmedizin“[37]. Immerhin hatte das Parlament nichts Geringeres zu entscheiden als: entweder den Tod von potenziellen Organspendern auf den Zeitpunkt des Hirnversagens vorzuverlegen oder aber Explantationen von intensivmedizinisch am Leben erhaltenen Patienten mit einem Hirnversagen als medizinische Tötung zu verbieten. Denn das Grundgesetz (GG) garantiert einem sterbenden Menschen das Recht auf Leben, ebenso auf körperliche Unversehrtheit, und zwar unabhängig von seinen besonderen Eigenschaften (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG). Hervorzuheben ist: das Grundgesetz schließt jegliche Kategorisierung von menschlichem Leben als ‚lebensunwert‘ aus.[38]
Organentnahmen von Intensivpatienten mit Hirnversagen: Töten oder Leichensektion?
Um nicht in den Tötungsverdacht zu geraten, pochten Transplantationsmediziner in drei Expertenanhörungen vor dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages auf eine juristische Gleichsetzung des Hirnversagens mit dem Tod des ganzen Menschen. Ansonsten gelte ein ‚hirntoter‘ Patient noch als ein im Sterben begriffener, also lebender Mensch, so dass sie sich künftig jeglicher Transplantation verweigern müssten.[39] Dieser Forderung entsprach der Gesetzgeber nur implizit: Unter der Überschrift „Organentnahme bei toten Spendern” heißt es: „Die Entnahme von Organen ist […] nur zulässig, wenn […] der Tod des Organspenders nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist.”[40] (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TPG) Die Vorbedingung für die Organgewinnung ist somit ‚der Tod‘. Nun folgt der entscheidende Satz, der das Hirntodkonzept ins Spiel bringt. Darin wird die Definitionshoheit über Sterben und Tod restlos an die medizinische Wissenschaft delegiert und nur noch ein Hirnversagen zur Mindestvoraussetzung für die Explantation gemacht: Organentnahmen sind gesetzeswidrig,
„wenn nicht vor der Entnahme bei dem Organspender der endgültige, nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, der Tod des Organspenders, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist”.[41] (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 TPG)
Die Bundesärztekammer wurde im TPG damit betraut, die Richtlinien für Kriterien und Regeln zur Feststellung des ‚Hirntodes‘ sowie die dazu jeweils erforderliche ärztliche Qualifikation aufzustellen. Nicht zuletzt hatte sie schon Ende der 1970er Jahre Organspendeausweise verbreitet, im Deutschen Ärzteblatt Instruktionen zur Hirntoddiagnostik erteilt und „Krankenhausärzte um aktive Mitarbeit […] zur Gewinnung geeigneter Organe“[42] gebeten. Vor allem aber erklärte sie bereits 1982 unter dem Titel „Entscheidungshilfen zur Feststellung des Hirntodes“: „Der Hirntod ist der Tod des Menschen“[43]. Im Rahmen ihrer neuen gesetzlichen Aufgabe bekräftigte 1997 die Bundesärztekammer in ihren Richtlinien diese Gleichsetzung. Damit hob sie den gravierenden Unterschied zwischen dem Hirnversagen eines für den Zweck der Organspende intensivmedizinisch weiterbehandelten Komapatienten und seinem Tod explizit auf.[44]
‚Organspende‘: keine ärztliche Informationspflicht – stattdessen Werbekampagnen
Zweitens: Eine weitere Besonderheit ist: Alle der im Rahmen einer Organentnahme durchzuführenden medizinischen Eingriffe unterliegen nicht der mittlerweile im Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankerten ärztlichen Informationspflicht. Sie ist durch eine zeitnahe, persönliche und umfassende Aufklärung über die Tragweite sowie mögliche Komplikationen der Maßnahmen zu erfüllen.[45] Vor jedem chirurgischen und auch diagnostischen Eingriff muss ein Informationsgespräch geführt werden. Dieses ist ausschließlich von einem Arzt wahrzunehmen, d.h. nur ärztliches Personal ist dazu befugt (§§ 630c Abs. 2 S. 1, 630e Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Denn Operationen und selbst die Gabe von Medikamenten gelten als Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit. Aus der ärztlichen Aufklärung leitet sich die Befähigung zur individuellen Selbstbestimmung ab, und sie bildet die Grundlage für eine schriftliche Einwilligung.[46]
Im Falle einer erklärten Bereitschaft zur ‚Organspende‘ hingegen gilt die ärztliche Informationspflicht zur Aufklärung über alle besonderen medizinischen und sozialen Bedingungen einer Organentnahme nicht. Stattdessen wurde diese Aufgabe der BZgA und den Krankenkassen übertragen (§ 2 Abs. 1). Außerdem blieb die Werbung um ‚Organspender‘ weiterhin der privatrechtlichen und von transplantationsmedizinischen Interessen geleiteten DSO überlassen. Sogenannte Aufklärungsbroschüren richten sich an die ‚Allgemeinbevölkerung‘ und haben seit den 1970er Jahren den Charakter von Werbekampagnen durchweg beibehalten. Wie auch der Medizinethiker Giovanni Maio hervorhebt, geht es dabei „nicht um Aufklärung der Bürger“. [47]
Unwissenheit: Intensivmedizinische Maximaltherapie von Organspendern
Niemand, der auf dem Organspendeausweis seiner Organ- und Gewebeexplantation das Jawort erteilt, muss präzise über die vielschichtigen, einzelnen Schritte einer Organentnahme ärztlich aufgeklärt werden.[48] Er muss nichts wissen über
– das ‚spendezentrierte‘ Behandlungskonzept (‚organprotektive Therapie‘; ‚Spenderkonditionierung‘), das eine palliative, medizinische Sterbebegleitung mit einer Schmerztherapie ausschließt;
– die in der Regel zweifach durchzuführende, den Komapatienten herausfordernde und teilweise gewalttätige Hirntoddiagnostik (z.B. Schmerzprovokation des Trigeminusnerves etwa durch einen Stich in die Nasenwurzel, Eiswasserspülung der Ohren, Kneifen etc.);
– die nach der Hirntodfeststellung fortgeführte, lebensverlängernde ‚spendezentrierte‘ Maximaltherapie für den Zweck der Organentnahme, die höchst invasive medizinische Eingriffe beinhalten darf (z.B. eine medikamentöse, elektrische und mechanische Wiederbelebung; Austausch von mindestens einem Blutvolumen; Operationen; Organersatztherapien etwa für Nieren, Leber)[49];
– die unter der Gabe von Medikamenten zur Unterdrückung von Bewegungen (Muskelrelaxanzien) oder auch einer Narkose[50] von Anästhesisten betreute große Operation der Multiorganentnahme. Sie wird von mehreren, aus anderen Kliniken anreisenden chirurgischen Teams durchgeführt und macht ein ärztlich sowie familiär betreutes Sterben unmöglich;
– den Unterschied zwischen einem Leichnam mit den Zeichen des Todes (z.B. Atemstillstand, Totenflecke, Leichenstarre) und den auch nach der ‚Hirntod‘-Feststellung intensivmedizinisch weiterbehandelten Patienten, der den Herztod erst im Zuge der Organentnahmen erleidet;
– die Prozedur einer Gewebeentnahme (z.B. Meniskus, Knochen, Knorpel) nach dem Herzversagen und die Kommerzialisierbarkeit der ‚Gewebespenden‘.
Ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten und ohne ärztliche Aufklärung dürfen Minderjährige sich zu Organspendern erklären
Drittens: Minderjährige, die nicht dazu befugt sind, eine rechtsgültige Patientenverfügung zu erstellen, auch nicht geschäftsfähig und wahlberechtigt sind, wurden mit dem TPG von 1997 ab ihrem vollendeten 16. Lebensjahr dazu autorisiert, einen Organspendeausweis als rechtswirksames Dokument auszufüllen. Auch bei ihnen ist die ärztliche Aufklärungspflicht aufgehoben.[51] Stattdessen verbreitet beispielsweise die BZgA unter dem Titel „Organspende macht Schule“ eine Mappe und einen Dokumentarfilm für den Unterricht von Schülern ab der neunten Klasse (14. Lebensjahr).[52]
Viertens:1997 legte der Gesetzgeber größten Wert auf eine strikte Trennung zwischen dem medizinischen Aufgabenfeld auf Intensivstationen: einerseits der Behandlung von Intensivpatienten, die ärztliches Handeln unter das Gebot des Genfer Gelöbnisses (1948) ‚primum nilhil nocere’ (‚erstens nicht schaden’) stellt und andererseits der im Dienste von Fremdinteressen geleiteten transplantationsmedizinischen Organgewinnung. Daher schrieb das TPG vor, dass Auskünfte über mögliche ‚Organspender‘ an die organentnehmende Seite erst nach Abschluss der Hirntoddiagnostik gestattet (§ 7 Abs. 1) sind und die an der Untersuchung zur Todesfeststellung beteiligten Ärzte nicht an der Entnahme und Übertragung der Organe mitwirken dürfen (§ 5 Abs. 2).
Meldung von potenziellen Organspendern auf Intensivstationen: eine „gemeinschaftliche Aufgabe“
Aber der Gesetzgeber konnte das ethische Dilemma der Organspende, also den Interessenkonflikt zwischen Intensivmedizin und Organbeschaffung, nicht wirklich aus dem Weg räumen. Denn die Transplantationsmedizin ist in höchstem Maße davon abhängig, dass Intensivärzte eine Bereitschaft zeigen, ihre Patienten als potenzielle ‚Organspender‘ überhaupt zu ‚entdecken‘ und sie an Transplantationszentren (DSO, Transplantationskoordinator) zu melden. Somit kommt ihnen bei der Organgewinnung eine Schlüsselfunktion zu. Aus diesem Grunde verpflichtete 1997 der Gesetzgeber die Kliniken zur Beteiligung an der „gemeinschaftliche[n] Aufgabe der Transplantationszentren und der anderen Krankenhäuser in regionaler Zusammenarbeit“[53] (§ 11 Abs. 1 S. 1 TPG).
Dieser Paragraf entspricht der schon 1979 von der BÄK zu einer „gemeinsamen Aufgabe der Ärzteschaft“[54] erklärten Organbeschaffung und dem an alle Krankenhausärzte gerichteten Appell. Darin wurden alle ärztlichen Kollegen dazu aufgefordert, Patienten auch unter dem Aspekt einer möglichen ‚Organspende‘ wahrzunehmen, sie gegebenenfalls dem regionalen Transplantationszentrum anzuvertrauen und alle weiteren Schritte zur Realisierung der ‚Organspende‘ einzuleiten. Nachdem die BÄK schon 1979 die Ärzteschaft dazu aufgerufen hatte, im Falle „eines sich abzeichnenden dissoziierten Hirntodes“ frühzeitig Kontakt „mit dem nächstgelegenen Transplantationszentrum“[55] aufzunehmen, waren es jedoch nur zwischen zehn und 20 Prozent aller Krankenhäuser mit Intensivstationen, die diesem Appell folgten. 1996 erstatteten etwa 35 Prozent der Intensivstationen Spendermeldungen.[56] Um die Beteiligung der Intensivmedizin an der Organbeschaffung zu erhöhen, wurden im TPG pauschal „die Krankenhäuser“ dazu verpflichtet, im Anschluss an die Hirntoddiagnostik „Patienten, die nach ärztlicher Beurteilung als Spender vermittlungspflichtiger Organe in Betracht kommen, dem zuständigen Transplantationszentrum mitzuteilen, das die Koordinationsstelle unterrichtet“[57] (§ 11 Abs. 4 S. 1 TPG).
Aber die bereits in den 2000er Jahren gängige Praxis, „mobile neurologische Teams“ der DSO bereitzustellen, um die behandelnden Ärzte von Intensivpatienten bei der „Hirntoddiagnostik zu unterstützen“,[58] verletzt die im Transplantationsgesetz von 1997 noch versicherte Unvoreingenommenheit der ärztlichen Betreuung von Menschen mit einer schweren Hirnschädigung bei der ‚Hirntod‘-Feststellung.
3. Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes vom 21. Juli 2012[59]
Um Manipulationen möglichst auszuschließen und Intensivpatienten sowie die Angehörigen vor Fremdinteressen zu schützen, sollte nach dem TPG von 1997 die Therapie von Intensivpatienten mit einer schweren Hirnschädigung bis zur abgeschlossenen Hirntodfeststellung in den Händen der behandelnden Ärzte liegen. Gleichzeitig aber wurden die Krankenhäuser zu einer Kooperation mit den Transplantationszentren für die Meldung von potenziellen Organspendern verpflichtet.
60 Prozent der Intensivstationen unterlassen Spendermeldungen
Doch im klinischen Alltag vieler Intensivstationen kam es nicht zur erwarteten Umsetzung der gesetzlichen Vorschrift: die generelle aktive Teilnahme von Intensivärzten an den Spendermeldungen blieb aus. 1999 waren es 35 und 2001 44 Prozent der Intensivstationen, die mit den Transplantationszentren kooperierten.[60] Vertreter der DSO monierten die niedrige intensivmedizinische Beteiligung an „der verpflichtenden Gemeinschaftsaufgabe“: Denn „lediglich 40 Prozent aller 1.379 Krankenhäuser mit Intensivstationen durch die Mitteilung mindestens eines potenziellen Organspenders“[61] waren ihrer Verpflichtung nachgekommen. 60 Prozent der deutschen Kliniken mit einer intensivmedizinischen Versorgung hatten gar keine Meldungen von ‚hirntoten‘ Patienten gemacht.[62]
Ein Chefarzt erklärt: „Für mich ist ein Mensch tot, wenn er einen Atem-Herzstillstand hat“
Auch Dr. med. Benno Foltin zählt zu jenen Intensivmedizinern, die ihre Patienten mit einer schweren Hirnschädigung von sich aus nicht dem Transplantationssystem anvertrauten. 22 Jahre leitete er als Facharzt für Anästhesie die Intensivstation eines Unfallkrankenhauses. Der Chefarzt betrachtete seine Komapatienten mit einem Hirnversagen nicht als tot, obwohl er selbst zahlreiche Hirntodfeststellungen durchführen musste: „Für mich persönlich ist ein Mensch tot, wenn er einen Atem-Herzstillstand hat. Hirntod ist für mich unbefriedigend. […] Wir können ja den wirklichen Individualtod abwarten.“[63]
„Es geht auch darum, die Angehörigen nicht in ihrer Trauer zu verletzen“
Außerdem hatte er die leidvolle Gefühlssituation der Familien seiner Patienten im Blick. Und so gab es „eine Menge Gründe […], wo ich zum Beispiel gesagt habe: Nein, bei diesen Angehörigen kann ich mir von vornherein nicht vorstellen, dass wir sie in ihrer Trauer verletzen. Und dann spreche ich erst gar nicht mit ihnen über dieses Thema. Es sei denn, sie kommen von selbst.“[64] Dr. Foltin schildert, dass auch auf seiner Station die Transplantationsgesetzgebung von 1997 zu keiner Verhaltensänderung führte: „Es passierte nichts, weil wir es nicht getan haben. Und deswegen sind die Transplantationsmediziner auch so sauer und wollten härtere Regelungen. Aber wie soll das durchgesetzt werden? Dafür geht doch keiner von uns ins Gefängnis.“[65]
Sanktionen der Krankenhäuser bei unterlassener Spendermeldung?
Dr. Foltin spricht damit die vielfach gestellten Forderungen nach Sanktionen dieser Kliniken an, wie beispielsweise 2010 vorgeschlagen: „Angesichts der Nichterfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten stehen die Krankenhäuser zu Recht in der Kritik. Über eine verbesserte Implementierung des § 11 Abs. 4 TPG durch verstärkte Kontrolle der Krankenhäuser und v.a. die Einführung von Sanktionen für den Fall des Pflichtverstoßes sollte nachgedacht werden.“[66] Aber solche Überlegungen wurden nicht in die Praxis umgesetzt, und das beklagte ‚Meldedefizit‘ blieb ein Hindernis der Organgewinnung: 2007 waren es immer noch 54 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser, die keinen Kontakt mit den Transplantationszentren aufnahmen.[67]
DSO fordert vom Gesetzgeber legalisierte Einmischung in die Intensivtherapie
Angesichts dieser Entwicklung hatte schon 2005 der DSO-Vorstand Prof. Dr. med. Günter Kirste in einer Expertenanhörung des Deutschen Bundestages grünes Licht für die Einmischung der Transplantationsmedizin in die Therapie von Patienten mit einer schweren Hirnschädigung verlangt: „Nur dann nämlich, wenn man kooperativ vorgeht, kann man erreichen, dass mehr Organe zur Verfügung stehen, mehr Leute zur Organspende bereit sind […] Das heißt aber für die DSO auch, dass sie sich sehr intensiv in den Bereich der Intensivtherapie einmischen muss.“[68]
Kirsten pochte auf eine rechtlich erlaubte Interventionsmöglichkeit der DSO in die Behandlung von ‚hirntodverdächtigen‘ Patienten auf Deutschlands Intensivstationen. Seiner Forderung, die zwei ‚Welten‘, also die Intensivmedizin einerseits und die Organbeschaffung andererseits, nicht mehr voneinander strikt zu trennen, kam 2012 der Deutsche Bundestag mit der Novelle des Transplantationsgesetzes nach.
Einführung eines Überwachungssystems der Intensivmedizin in dazu umbenannten Entnahmekrankenhäusern
Durch die Einführung eines neuartigen Kontrollsystems wurden Kliniken mit Intensivstationen dazu gedrängt, mit dem Transplantationssystem zu kooperieren: Umbenannt in „Entnahmekrankenhäuser“ (§ 11 Abs. 1 S. 1 TPG), muss seit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. November 2012 in jeder Klinik mit Intensivbetten mindestens ein von der Krankenhausleitung zu bestellender und durch Fortbildungen zu qualifizierender Arzt als Transplantationsbeauftragter tätig sein. Er ist für seine Aufgaben freizustellen[69] und hat seither eine spezielle Überwachungsfunktion zu erfüllen. So wurde ihm die Verantwortung übertragen, „dass die Entnahmekrankenhäuser ihrer Verpflichtung […] nachkommen“ (§ 9b Abs. 2 Nr.1 TPG). Mit dieser Neuregelung ist die Grenze zwischen externen transplantationsmedizinischen Interessen und der internen Behandlung von Intensivpatienten endgültig aufgehoben worden. Denn der Transplantationsbeauftragte ist „insbesondere für die Identifikation potenzieller Organspender“[70] zuständig. Er soll Intensivärzte überwachen, ob sie ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Spendermeldung nachkommen. Außerdem hat er Angehörige zu ‚betreuen‘ und auch das im Haus angestellte anästhesiologischen Personal bei den Organentnahmen zu ‚unterstützen‘. Schließlich ist er für den gesamten Ablauf des sogenannten Organspendeprozesses zuständig.[71] (§ 9a, 9b TPG)
4. Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz vom 12. Juli 2012[72]
Im Jahre 2012 erfolgten zwei Änderungen der Transplantationsgesetzgebung: Neben der Einführung eines von Transplantationsbeauftragten zu realisierenden, internen Überwachungssystems in ‚Entnahmekrankenhäusern‘ wurde die ‚erweiterte Zustimmungsregelung‘ durch die Entscheidungslösung ersetzt. Diese Änderung bezog sich auf private Handlungsstrukturen hinsichtlich der Organspendebereitschaft. Das Prinzip der Selbstbestimmung rückte jetzt als strategischer Ansatzpunkt für die Umsetzung dieses staatlichen Vorhabens in den Vordergrund, so dass die Organgewinnung von der Zustimmung der Familie weitgehend unabhängig werden sollte.
Gesetzgeber macht sich zum Interessenvertreter des Transplantationssystems
Bemerkenswert an dieser Novellierung ist: Der Gesetzgeber ließ 2012 seine neutrale Position gegenüber Menschen fallen, die sich nicht zu Organspendern erklärten. So wurde gleich im ersten Paragrafen die normsetzende Absicht der „Entscheidungslösung“ festgeschrieben: „Ziel des Gesetzes ist es, die Bereitschaft zur Organspende zu fördern.“[73] (§ 1 Abs. 1 S. 1) Mit einer solchen Proklamation machte sich der Gesetzgeber erstmals explizit zum Interessenvertreter der Transplantationsmedizin. Die in den 2000er Jahren von der Fachöffentlichkeit intensiv geführten internationalen Debatten um die unterschiedlichen Parameter der umstrittenen Hirntoddefinitionen blieben im Rahmen dieser Gesetzesnovelle weitgehend ignoriert.[74]
Angehörige sollen aus dem Entscheidungsprozess für oder gegen eine ‚Organspende‘ verschwinden
Im Fokus des „Gesetzes zur Regelung der Entscheidungslösung“ stand die bei der Organgewinnung als Störfaktor wahrgenommene Abhängigkeit von den Angehörigen potenzieller Organspender. Denn eines hatte sich herausgestellt: Das Transplantationssystem war auf die Zustimmung der Familie zu sehr angewiesen. So befanden sich 2012 unter den Organspendern nur 10,3 Prozent, die ihre Bereitschaft schriftlich fixiert hatten.[75] Folglich waren es überwiegend Angehörige, die einer Explantation ihres Familienmitglieds einwilligten.
Krankenkassen werden für die Organspenderwerbung in die Pflicht genommen
Die Entscheidungslösung sollte diese Relation verändern, so dass sich am Ende möglichst jeder einzelne Bürger über seine Organ- und Gewebespendebereitschaft eigenständig äußert. Unter der Überschrift „Ziel und Anwendungsbereich des Gesetzes“ (§ 1) heißt es: „Um eine […] unabhängige Entscheidung jedes Einzelnen zu ermöglichen, sieht dieses Gesetz eine breite Aufklärung der Bevölkerung zu den Möglichkeiten der Organ- und Gewebespende vor.“[76] (§ 1 Abs. 1 S. 2 TPG) Für die Umsetzung dieses politischen Auftrags wurden die Krankenversicherungen als Erhebungs- und Datenspeicherungsinstanz gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Versicherten ab dem 16. Lebensjahr alle zwei Jahre anzuschreiben, ihnen Informationsmaterial und Organspendeausweise zuzuschicken, um sie zu einer schriftlichen Entscheidung zu bewegen.
Sollte der Unterschriftenaufruf im Papierkorb verschwinden oder aber in der konkreten Situation auf der Intensivstation keine Dokumentation für eine Spendebereitschaft vorliegen, ist bis heute die Familie weiterhin autorisiert, unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des betreffenden Patienten über eine ‚Organspende‘ ihres Angehörigen zu entscheiden.
Die ‚Selbstbestimmungslösung‘ ohne Mitsprache von Angehörigen
Der damalige ärztliche Direktor der Berliner Universitätsklinik Charité Prof. Dr. Ulrich Frei kommentierte die Gesetzesreform und erläuterte die hohe Bedeutung für das Transplantationssystem, von der familiären Entscheidung unabhängig zu werden. Auf die Frage, ob die Gesetzesreform die Organspendebereitschaft erhöhen könne, verwies Frei auf die auch in der Begründung des Gesetzentwurfes genannte Umfrage der BZgA, wonach 75 Prozent der deutschen Bevölkerung ‚organspendebereit‘ seien.[77] Frei setzte auf die Entscheidungslösung anhand folgender Rechnung:
„Wenn man aber nächtens [Explantationen finden in der Regel nachts statt] Angehörige befragt, dann sagen 50 Prozent ‚Nein!’. Das spricht dafür, dass in einem Viertel der Fälle der Wille des Verstorbenen nicht vollzogen wird. Und durch diese Selbstbestimmungslösung […] soll dieses Viertel, das üblicherweise ‚Ja!’ sagt, wo aber die Angehörigen eine falsche Entscheidung treffen, dieses Viertel soll als mögliche Spender hinzukommen.“[78]
Die Entscheidungsregelung sollte künftig gewährleisten, so Frei, „jedem einzelnen Bürger in diesem Lande die Entscheidung, ob er Organe spenden will oder nicht, zu übertragen und wegzunehmen von den überforderten Angehörigen, die im Angesicht des Todes solche Entscheidungen treffen müssen“ [79].
Mit diesem Selbstbestimmungskonzept machte sich die Transplantationsmedizin eine Entwicklung zu eigen, mit der eine langfristige Abkehr von einer paternalistisch orientierten Arzt-Patienten-Beziehung eingeleitet wurde. Im Laufe der 2000er Jahre mündete dieser Wandel in die Verankerung des sogenannten Patientenverfügungsgesetzes (2009: § 1901 a BGB; seit 2023 § 1827 BGB). Daran ist das neue Ideal der Patientenautonomie geknüpft, mit dem sich Begriffe wie ‚Selbstbestimmung‘, ‚Entscheidungsfreiheit‘ ‚informed consent‘ und ‚End-of-Life-Decisions‘ verbinden.[80]
Organspendebereitschaft: Das nützliche Leitbild vom selbstbestimmten Patienten
Im Zuge der Einführung der ‚Entscheidungslösung‘ wurde das Ausfüllen des Organspendeausweises in das neue Leitbild des ‚selbstbestimmten Patienten‘ eingeflochten. Die Verbindung des Ideals vom autonomen Patienten mit der seit 2012 gesetzlich neu verankerten Entscheidungsregelung kommt aber einem Täuschungsmanöver gleich. Denn die eigentliche Befähigung zur individuellen Selbstbestimmung leitet sich aus dem ärztlichen Informationsgespräch ab. Es bildet die Grundlage für das schriftliche Einverständnis zu medizinischen Eingriffen oder einer Therapiezieländerung am Ende des Lebens, das in Patientenverfügungen niedergelegt wird.
Zudem trennt die von Ulrich Frei so begründete ‚Selbstbestimmungs-Lösung‘ intensivmedizinisch behandelte, sterbende Komapatienten vom Familien- und Freundeskreis und konstruiert sie entgegen ihrer besonderen sozialen und medizinischen Schutzbedürftigkeit als selbstbestimmte Wesen.
Mit der Reform des Transplantationsgesetzes von 2012 hat man rechtliche Rahmenbedingungen für das transplantationsmedizinische Tätigkeitsfeld von innerklinisch angestellten Transplantationsbeauftragten geschaffen. Seither sind die ursprünglich voneinander getrennten transplantationsmedizinischen und intensivtherapeutischen Zuständigkeitsbereiche bundesweit miteinander verknüpft. Im Zuge dieser Vernetzung wurde ein neues Begründungsmuster für die gesetzlich vorgeschriebene Tätigkeit der Transplantationsbeauftragten hinzugezogen und ideologisch mit dem Patienteninteresse gerechtfertigt: Vorgeblich ging es ab jetzt um einen Dienst am Patienten –, um seine Selbstbestimmung und die medizinische Realisierung seines Wunsches, als ‚Organspender‘ zur Verfügung stehen zu wollen.
5. Zweites Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende vom 22. März 2019[81]
Der erwünschte Effekt von beiden Reformen (2012) blieb nicht nur aus – im Gegenteil: Während noch bis 2010 ein Anstieg der Spenderzahlen mit einem jährlichen Maximum von etwa 1.200 zu verbuchen war, sank die Quote seit 2012 bis 2017 auf ihren Tiefpunkt mit 769 (vgl. Tabelle Eurotransplant oben). [82] Dieser Rückgang erfolgte entgegen allen politischen Erwartungen, die an die neu in Kraft getretenen Gesetze geknüpft worden waren. Überschattet von der Skandalisierung unterschiedlich geführter Wartelisten und den an die Öffentlichkeit gelangten falsch gestellten Hirntoddiagnosen,[83] blieb eine Erhöhung der Zahl von eigens erklärten Organspendern mit einer schriftlichen Einwilligung aus.
„Die Mehrzahl der Entnahmekrankenhäuser meldet keinen einzigen Patienten mit möglichem irreversiblen Hirnfunktionsausfall“
Ebenso wenig trug das neu eingeführte System zur Überwachung des intensivmedizinischen Personals dazu bei, das beklagte ‚Defizit‘ der Spendermeldungen aufzuheben: 2016 waren es immer noch 56 Prozent der Kliniken mit Intensivstationen, die keine Meldungen von potenziellen ‚Organspendern‘ erstatteten (2007: 54 Prozent).[84] Bis heute ist das sogenannte Meldedefizit in ganz bestimmten Kliniken am höchsten: Die DSO hat die in Deutschland 1.238 bestehenden Krankenhäuser mit Intensivstationen (2019; 2020: 1248; 2021: 1.999) in drei Kategorien eingeteilt: Kategorie A (drei Prozent) repräsentieren die Universitätskliniken, wo auch die experimentelle Transplantationsmedizin und die Transplantationszentren etabliert sind. Sie weisen von Anfang an prozentual die höchste Spendermeldungsbeteiligung auf; B-Krankenhäuser mit Neurochirurgie (zehn Prozent) und C-Kliniken ohne Neurochirurgie.[85] Die überwiegende Mehrheit der ‚Entnahmekrankenhäuser‘ gehören der C-Kategorie an (87 Prozent). Von diesen Kliniken nehmen „nur 22 Prozent […] pro Jahr überhaupt Kontakt zur DSO“[86] auf, kritisierte 2018 der Transplantationsbeauftragte Dr. Götz Gerresheim. Ebenso resümieren 2021 Transplantationsmediziner diese unveränderte Situation im Deutschen Ärzteblatt: „Die Mehrzahl der Entnahmekrankenhäuser erkennt und meldet keinen einzigen Patienten mit möglichem IHA [irreversiblen Hirnfunktionsausfall].“[87]
2018 hatte sich die Ständige Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer mit dem „nicht ausgeschöpften Spenderpotenzial“ beschäftigt. Sie kam zu dem Ergebnis, „dass zwischen 2010 und 2015 die Zahl der potenziellen Organspender zwar um 13,9 Prozent gestiegen, die Zahl der realisierten Organspenden jedoch um 32,3 Prozent gesunken sei“[88]. Eine solche Bilanz sei auch der „herrschenden Skepsis gegenüber der Organspende“ geschuldet, „erläuterte Irmtraut Gürkan, Kaufmännische Direktorin der Universitätsklinik Heidelberg. Insbesondere das Intensivpersonal, das in engem Kontakt zu den Patienten stehe, erlebe viele Probleme“.[89]
„Ausschöpfen des Spenderpotenzials“ – Kollisionen mit der palliativen Kultur
Die hier angesprochenen Probleme sind interessanterweise mit einem „engen Kontakt zu den Patienten“ in Verbindung gebracht. Vergegenwärtigen wir uns die eigene Beziehung des Intensivpersonals zu komatösen Patienten, so wird das von Gürkan angedeutete Konfliktpotenzial plausibel. Schließlich ist der soziale Umgang mit Komapatienten vor allem von einer empathischen, nonverbalen Kommunikationsform geprägt (z.B. Berührung), die von der als „Spenderdetektion“[90] bezeichneten Tätigkeit der Transplantationsbeauftragten durchkreuzt wird. Ein ‚kalter Blick‘ auf Intensivpatienten unter dem Aspekt ihrer ‚nützlichen Verwertbarkeit‘ ist nur schwer mit dem ärztlichen Grundsatz zu vereinbaren, ausschließlich dem Wohl des Patienten verpflichtet zu sein und ihm nicht zu schaden (‚primum nihil nocere‘). Denn sollten Intensivärzte, wie es in der transplantationsmedizinischen Rhetorik heißt, ein konsequentes ‚Ausschöpfen des Spenderpotenzials‘ im Sinn haben, befinden sie sich in einem ethischen, aber auch medizinischen Dilemma.
Grundsätzlich gibt es für Komapatienten mit einer infausten Prognose infolge eines drohenden Hirnversagens nur zwei diametral entgegengesetzte Therapieformen mit der Konsequenz auf jeweils unterschiedliche Weise zu sterben: Entweder sie werden unter der Maxime der ‚spendezentrierten‘ Therapie als ‚Organspender‘ intensivmedizinisch weiterbehandelt, um ihre Spendebereitschaft realisieren zu können. Dann erleiden sie während der Organentnahmen einen chirurgisch erzeugten Herztod auf dem Operationstisch. Oder aber man lässt ihnen die Möglichkeit, ihren Sterbeprozess im Rahmen einer von Fremdinteressen abgeschirmten, palliativmedizinischen Schmerzbehandlung zu vollenden.
Die Etablierung der Palliativmedizin auch auf Intensivstationen ist das Ergebnis eines seit Ende des 20. Jahrhunderts erfolgten Paradigmenwechsels in der Behandlung von sterbenden Patienten: Die internationale Hospizbewegung entstand in den 1970er Jahren. Sie richtete sich gegen den einsamen Krankenhaustod und das Schreckensszenario eines an Schläuche und Monitore angeschlossenen Menschen, dessen Sterben mit aller Macht intensivmedizinisch verlängert wird. Diese Bewegung entwickelte eine neue Kultur der Sorge um Patienten am Ende ihres Lebens und bewirkte auch in Deutschland neue Richtlinien für die Grenzen zumutbarer Behandlungen von Sterbenden. Im Falle eines mit absehbarer Wahrscheinlichkeit eintretenden Todes wurde die Umstellung von einer lebenserhaltenden in eine palliative Therapie erlaubt. Die palliativ-hospizliche Kultur umfasst einen fürsorglichen, schützenden Umgang mit Menschen an ihrem Lebensende. Sie konzentriert sich auf die besonderen spirituellen, physischen Bedürfnisse sowie psychosozialen Nöte von Sterbenden und auch ihren Angehörigen (lat. ‚palliare’: mit einem Mantel umhüllen).[91]
Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung
1998 formulierte die BÄK „Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung“. Darin werden Ärzte dazu verpflichtet,
„Sterbenden, d.h. Kranken oder Verletzten mit irreversiblem Versagen einer oder mehrerer vitaler Funktionen, bei denen der Eintritt des Todes in kurzer Zeit zu erwarten ist, so zu helfen, daß sie in Würde zu sterben vermögen. […] Bei Sterbenden kann die Linderung des Leidens so im Vordergrund stehen, daß eine möglicherweise unvermeidbare Lebensverkürzung hingenommen werden darf. […] Bei Patienten mit infauster Prognose, die sich noch nicht im Sterben befinden, kommt eine Änderung des Behandlungszieles nur dann in Betracht, wenn die Krankheit weit fortgeschritten ist und eine lebenserhaltende Behandlung nur Leiden verlängert. An die Stelle von Lebensverlängerung und Lebenserhaltung treten dann palliativ-medizinische und pflegerische Maßnahmen.“[92]
Für die Frage nach dem Behandlungsmodus bei einem drohenden ‚irreversiblen Hirnversagen‘, das hier mit jedem anderen Organversagen gleichgestellt ist, hat diese Grundsatzerklärung schwerwiegende Konsequenzen: So darf die palliative Therapie von Patienten mit einem absehbaren Hirnversagen in einem Stadium beginnen, in dem der ‚Hirntod‘ nicht durch eine sinnlose, lebensverlängernde Maximaltherapie abgewartet werden muss. Der medizinische Fokus des palliativ betreuten Sterbens liegt auf einer Behandlung mit angst- und schmerzlindernden Medikamenten (Analgosedierung: z.B. Opioide, Benzodiazepine)[93], die potenziellen Organspendern in dieser Phase des Sterbens nicht verabreicht werden dürfen, denn sie könnten die bevorstehende Hirntoddiagnostik verfälschen. Insofern schließt eine palliative Behandlung eine Organentnahme rigoros aus.
Denn Patienten mit einer schweren Hirnschädigung kommen als Organspender erst unter einer Voraussetzung in Betracht: wenn die Intensivtherapie solange weitergeführt worden ist, bis der ‚Hirntod‘ eingetreten und alle Kriterien für das Hirnversagen erfüllt sind. Auf diesen springenden Punkt machte auch die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensivmedizin- und Notfallmedizin (DIVI) anlässlich der Transplantationsgesetzesreform von 2019 aufmerksam: „Die Einleitung einer palliativmedizinischen Behandlung würde die Realisierung einer Organspende verhindern.“[94]
„Den Hirntod kann man machen“
Umgekehrt bedeutet diese Feststellung für Menschen mit einem positiv angekreuzten Organspendeausweis: Für sie darf in der präfinalen Phase eine Palliation erst gar nicht in Betracht gezogen werden. Vielmehr ist das Leben von ‚Organspendern‘ bis zum Eintritt des Hirnversagens durch eine ‚spendezentrierte‘ Therapie zu verlängern. Der ‚Hirntod‘ ist somit kein Naturereignis, sondern intensivmedizinisch herstellbar – ein „Artefakt“ (lat.: ‚künstlich hervorgerufen’) – wie der Internist und Chefarzt der Medizinischen Klinik im Ketteler Krankenhaus Offenbach Prof. Dr. Stephan Sahm erklärt: denn „den Hirntod kann man machen.“[95] Um diese Problematik zu verdeutlichen, fragten Prof. Dr. Frank Erbguth und Dr. Wenke Dietrich von der Klinik für Neurologie (Klinikum Nürnberg) in ihrer Publikation im Bayerischen Ärzteblatt unter dem Titel: „Therapieziel Hirntod? Soll ein potenzieller Organspender mit aussichtsloser Prognose zugunsten einer möglichen Transplantation lebensverlängernd behandelt werden?“[96]
Doch wie die DIVI in ihrer Stellungnahme zur Reform des Transplantationsgesetzes von 2019 vermutet, ziehen Intensivärzte im Dialog mit den Angehörigen eher eine palliative Behandlung ihrer sterbenden Patienten vor:
„Die gelebte Praxis in der Intensivmedizin der letzten Jahre hat den Organspendewillen im Zusammenhang mit Patientenverfügungen und Patientenautonomie vermutlich in den Hintergrund verdrängt und dadurch unter Umständen unbewusst eine abnehmende Anzahl an Organspenden zur Folge gehabt.“[97]
Dieser Hinweis aus dem intensivmedizinischen Alltag ruft erneut in Erinnerung: Menschen, die sich für eine Organspende entscheiden und eine schwere Hirnschädigung erleiden, dürfen auf einer Intensivstation bei Befolgung ihres dokumentierten Willens noch vor der Hirntodfeststellung der speziellen lebensverlängernden Behandlung einer ‚spendezentrierten Therapie‘ unterzogen werden: Eine solche Behandlung umfasst alle therapeutischen Versuche, Organspender auf einen bestimmten physischen Zustand zu trimmen (‚konditionieren‘), um eine hohe Qualität der zu gewinnenden Organe zu garantieren. Neuerdings ist dieses Vokabular durch die entmenschlichenden Begriffe wie ‚Aufrechterhaltung der Organfunktionen‘, ‚organprotektive Intensivtherapie‘, ‚spendezentrierte Therapie‘ sowie ‚Spendermanagement‘ ersetzt worden.
Aber die zentrale Frage, ab wann und in welchem Umfang eine intensivmedizinische Therapie in eine ‚organprotektive‘, ‚spendezentrierte‘ Behandlungsstrategie umgestellt werden darf, wurde im Laufe der 2010er Jahre unterschiedlich beantwortet. So thematisierte 2013 die Bundesärztekammer in ihrem „Arbeitspapier zum Verhältnis von Patientenverfügung und Organspendeerklärung“[98] diese Kernfrage: Dürfen Patienten mit einem dokumentierten Organspendewunsch im Rahmen der lebensverlängernden spendezentrierten Therapie vor Eintritt des Hirnversagens medikamentös, mechanisch und mit Stromstößen im Falle eines Herzstillstands reanimiert werden, um die Explantation weiterhin realisieren zu können, auch wenn in der Patientenverfügung eine Wiederbelebung untersagt ist? Die BÄK gab 2013 folgende Empfehlung:
„Ein solches Vorgehen wäre ein erheblicher Eingriff, der nicht von der Organspendeerklärung gedeckt ist, da völlig ungewiss ist, ob der Hirntod als Voraussetzung für die vom Patienten gewünschte Organspende eintreten wird. Die Reanimation und Einleitung intensivmedizinischer Maßnahmen sind daher rechtlich unzulässig und ethisch nicht vertretbar.“[99]
Maßnahmen zur Wiederbelebung vor dem vermuteten Hirnversagen
Doch die BÄK revidierte diese Position in ihren am 1. September 2020 in Kraft getretenen und vom Bundesministerium für Gesundheit zugestimmten Richtlinien zur „Spendererkennung“[100]. Grundsätzlich dürfen „Maßnahmen zur Wiederbelebung der Herz-Kreislauffunktion“[101] vor dem vermuteten Hirnversagen in Betracht gezogen und das Sterben von Intensivpatienten mit einer schweren Hirnschädigung, deren Herz vor der Hirntodfeststellung versagt, rückgängig gemacht werden: Entscheidend für die Option einer Reanimation vor der Hirntodfeststellung sei die zu treffende Abwägung „zwischen einem Organspendewunsch und einem Willen zur Therapiebegrenzung“[102].
Ungeklärt bleibt, wie die Bevölkerung an das vorausgesetzte medizinische Fachwissen über eine mögliche Reanimation im Rahmen einer ‚Organspende‘ gelangt. Die BZgA jedenfalls unterlässt es mit aller Konsequenz, in ihren Werbebroschüren zur ‚Organspende‘, ein Problembewusstsein für die konkrete Entscheidungssituation zu schaffen und das für eine Organspendebereitschaft notwendige Wissen verständlich zu vermitteln. Das Wissensdefizit in der Bevölkerung problematisierte auch der Deutsche Ethikrat 2015 in seiner Expertise „Hirntod und Entscheidung zur Organspende“ und empfahl: vor der Hirntodfeststellung sollten ‚organprotektive Maßnahmen‘ nur zulässig sein, wenn Patienten der spendezentrierten Therapie explizit eingewilligt haben. Der Ethikrat forderte wiederum die Politik zu einer gesetzlichen Regelung auf, die festlegt, wer für solche Entscheidungen zu autorisieren ist.[103]
‚Organprotektive Maßnahmen‘ – „Tatbestand der Körperverletzung“
Auch der Chefarzt der Klinik für Neurologie des Klinikums Nürnberg, Prof. Dr. Frank Erbguth und die leitende Oberärztin Dr. Wenke Dietrich beklagen die Rechtsunsicherheit in Verbindung mit den großen Wissenslücken in der Bevölkerung und präzisieren die paradoxe Entscheidungslage vor Eintritt des Hirnversagens: „Nur eine ausdrückliche Einwilligung des Patienten oder seines Vertreters kann eine Indikation für therapeutische Maßnahmen zugunsten Dritter entstehen lassen und rechtfertigen; ansonsten erfüllte sie den Tatbestand der Körperverletzung.“[104] Schließlich müssen bei potenziellen Organspendern vor der Hirntodfeststellung sämtliche Gaben von sedierenden und schmerzlindernden Medikamenten eingestellt werden. Denn die Wirkung solcher Mittel könnte die auf Schmerz- und Reizprovokationen ausgerichtete Hirntoddiagnostik verfälschen und selbst einen ‚Hirntod‘ vortäuschen. Insofern dürfen diese Patienten in der letzten Phase ihres Lebens potenziell Schmerzen ausgesetzt werden.[105]
Auch nach der abgeschlossenen Hirntodfeststellung ist die Intensivtherapie von Organspendern im Sinne einer Lebensverlängerung durch die spenderkonditionierende Behandlungsstrategie weiterzuführen, um den bescheinigten Organspendewunsch realisieren zu können. So unterstreichen die 2020 herausgegebenen Richtlinien der Bundesärztekammer zur ‚Spendererkennung‘, dass „Maßnahmen zur Wiederherstellung der Herz-Kreislauffunktion, Organersatzverfahren […] Herzdruckmassage“ dazu dienen, „um dem Patientenwillen zur postmortalen Organspende zu entsprechen“[106].
„Frühzeitiges Spendermanagement“ – „Steigerung der Organqualität“
Mit aller Klarheit bringt der Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Universitätsmedizin Greifswald, Prof. Dr. Klaus Hahnenkamp, den einzigen Sinn der ‚organprotektiven Therapie‘ auf den Punkt: „‘[…] alle intensivmedizinischen Maßnahmen dienen […] nicht mehr dem Zweck der Gesundung des Patienten, sondern einem Fremdzweck – der Spende von Organen‘.“[107] Er betont die hohe Bedeutung der bereits vor Eintritt des Hirnversagens zu beginnenden „Intensivtherapie im Sinne eines frühzeitigen Spendermanagements“. So könne der Beginn der ‚Spenderkonditionierung‘ „sowohl die Zahl der transplantierbaren Organe als auch die Organqualität verbessern und damit den Transplantationserfolg steigern“.[108] Weiter heißt es:
„Die konsequente organprotektive Intensivtherapie beim Organspender ist […] der erste Schritt zur erfolgreichen Behandlung des zukünftigen Organempfängers. […] Die Anzahl der transplantierten Organe pro Organspender kann gesteigert und die Qualität der Transplantatfunktion durch eine organprotektive Intensivtherapie verbessert werden.“[109]
Doch der Widerspruch zwischen einer solchen ‚organprotektiven‘ Behandlungsstrategie und den im Genfer Gelöbnis verabschiedeten medizinethischen Grundsätzen bleibt bestehen und unauflösbar. So untersagt die DIVI in ihrem Positionspapier „Grenzen der Sinnhaftigkeit von Intensivmedizin“ (2016) eine maximaltherapeutische Lebensverlängerung explizit als potenzielle Leidzufügung. Sie räumt allerdings eine Ausnahme ein: „In Einzelfällen gibt es jedoch durchaus Gründe, eine für das Überleben des Patienten sinnlose intensivmedizinische Behandlung begrenzt weiterzuführen. Hierzu zählt die Aufrechterhaltung der Organfunktionen bei einer vorgesehenen Organspende“.[110] Auch verdeutlicht die DIVI:
„Diese Maßnahmen können im Verlauf deutlich über die Weiterführung der bisherigen intensivmedizinischen Behandlung hinausgehen […]. Zu diesen erweiterten Maßnahmen zählen beispielsweise die kardiopulmonale Reanimation [Herz-Lungen-Wiederbelebung], eine Einleitung extrakorporaler Organersatzverfahren [bei Nierenversagen z.B. Dialyse] oder eine Operation. […] Die Schwierigkeiten im Entscheidungsprozess über eine mögliche Therapieausweitung bestehen in der Abwägung zwischen den Erfordernissen einer optimalen Organprotektion und dem Bedürfnis nach einer würdevollen Begleitung am Lebensende. Was aus der einen Perspektive fachlich geboten ist, erscheint aus der anderen Perspektive als menschlich unzumutbar. Dieses Dilemma kann Unsicherheiten und widersprüchliche Emotionen bei allen Beteiligten auslösen.“[111]
Mit diesem „Unsicherheiten und widersprüchliche Emotionen“ auslösenden Behandlungsschema verlässt die Intensivmedizin ihren eigentlichen Auftrag: für das Wohl des Patienten Sorge zu tragen, „Leiden zu lindern und Sterbenden bis zum Tod beizustehen“[112]. Doch die gesetzliche Grauzone erlaubt mit dem zugrunde gelegten Ideal des ‚selbstbestimmten Patienten‘ das ‚Therapieziel Hirntod‘, sollte eine Erklärung für die Organspendebereitschaft vorliegen. Damit verbindet sich eine weitere Gefahr: die ‚spendezentrierte Therapie‘ könnte nicht in dem angestrebten ‚Hirntod‘ als Voraussetzung für die Organspende münden, sondern in ein apallisches Syndrom (Wachkoma), „in dem der Patient erneut selbständig atmen und schlucken kann, ohne sein Bewusstsein zurückzuerlangen“, gab 2015 der Deutsche Ethikrat hinsichtlich der im Vorfeld des Hirnversagens beginnenden ‚organprotektiven Therapie’ zu bedenken.[113]
Neues Berichtsystem: „Wurden die Organspenden ausgeschöpft?“
Aber all diese hochkomplexen Zusammenhänge hat man in dem Gesetz „zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ von 2019 beiseite gelassen. Stattdessen legte der Deutsche Bundestag den Fokus auf ein verschärftes Kontrollsystem zur Überwachung der Intensivmedizin. Ein weiteres Mal wurde mit einem weitgehend parteiübergreifenden Konsens das politische Ziel proklamiert, „die Organspendezahlen nachhaltig zu erhöhen“.[114] Und so ist im Entwurf dieses Gesetzes von einem „flächendeckenden Berichtsystem“ zur Überwachung der gesamten deutschen Intensivmedizin die Rede. Es soll „eine Rückschau ermöglichen, ob in den einzelnen Entnahmekrankenhäusern die Möglichkeiten für die Realisierung von Organspenden ausgeschöpft werden“.[115]
In der Begründung der Gesetzesnovelle sind die anhaltend niedrigen Spenderzahlen allein auf strukturelle Defizite in den Entnahmekrankenhäusern zurückgeführt. Auf Basis dieser simplifizierenden ‚Ursachenerklärung‘ ist das Zeitbudget von Transplantationsbeauftragten erweitert worden, damit sie „ihre wichtige Schlüsselfunktion bei der Erkennung und Meldung von potentiellen Organspendern im klinischen Alltag mit dem notwendigen Freiraum und der erforderlichen Durchsetzungsbefugnis wahrnehmen können“.[116] Für den eingestandenen „notwendigen Freiraum“ hat das Parlament eine höhere monetäre Unterstützung durch die gesetzlichen Krankenkassen beschlossen: Das Budget für die Finanzierung der Transplantationsbeauftragten ist von jährlich 18 Millionen Euro auf 42 Millionen mehr als verdoppelt worden.[117]
„Spenderidentifizierung“ auf Intensivstationen
Transplantationsbeauftragten ist für den speziellen Zweck der „Spenderidentifizierung“[118] ein uneingeschränktes „Zugangsrecht zu den Intensivstationen des Entnahmekrankenhauses“[119] zu gewähren (§ 9b Abs. 1 S. 5 Nr. 2 TPG). In ihrer Überwachungsfunktion dürfen sie jederzeit „den Stand der Organspende“[120] auf Intensivstationen ermitteln. Alle „für die Auswertung des Spenderpotentials erforderlichen Informationen“[121] sind ihnen vom Intensivpersonal zur Verfügung“ (§ 9b Abs. 1 S. 5 Nr. 3 TPG) zu stellen. Transplantationsbeauftragte müssen „hinzugezogen [werden], wenn Patienten nach ärztlicher Beurteilung als Organspender in Betracht kommen“ [122] (§ 9b Abs. 1 S. 5 Nr. 1 TPG). Insofern ist die zweckorientierte Wahrnehmung von Intensivpatienten als potenzielle ‚Organspender‘ gesetzlich vorgeschrieben. Dafür sind Transplantationsbeauftragte vor Eintritt des Hirnversagens in die Behandlung von Patienten mit einer schweren Hirnschädigung einzubeziehen – z.B. bei Schlaganfall, Hirntumor, Hirnblutung oder -verletzung.
Auch wurde der DSO eine unmittelbare Überwachungsfunktion zugewiesen: Alle (anonymisierten) Daten von verstorbenen Patienten mit einer Hirnschädigung sind dieser Stiftung zu übergeben: Die ‚Entnahmekrankenhäuser‘ haben
„sicherzustellen, dass alle Todesfälle mit primärer oder sekundärer Hirnschädigung sowie die Gründe für eine nicht erfolgte Feststellung oder für eine nicht erfolgte Meldung […] oder andere der Organentnahme entgegenstehende Gründe erfasst und die Daten der Koordinierungsstelle [DSO] nach § 11 mindestens einmal jährlich anonymisiert übermittelt werden“[123] (§ 9a Abs. 2 S. 1 Nr. 6 TPG).
Der medizinethische Dammbruch
Der Gesetzgeber hat sich tatsächlich das an Fremdzwecke gebundene Verhältnis des Transplantationssystems zur deutschen Intensivmedizin zu eigen gemacht und sich zur Überwachung der Intensivstationen sowie der in dazu ernannten ‚Entnahmekrankenhäusern‘ nicht durchgeführten Hirntoddiagnostiken bewegen lassen. Doch sind die rechtlichen Konsequenzen bei ‚Nichtausschöpfung‘ des Organspenderpotenzials offen geblieben. Daher fragte der Deutsche Städtetag in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf von 2018: „Unklar ist, ob ein Sanktionssystem bestehen soll. Der Entwurf lässt durchblicken, dass dies Sache der Landesbehörden ist.“[124] Auch problematisierte der Städtetag die datenschutzrechtliche Frage: „Die Berechtigung zur uneingeschränkten Einsicht in die Patientenakten halten wir aus datenschutzrechtlichen Aspekten ohne nachgewiesene Notwendigkeit für problematisch.“[125]
Die Gesetzesnovellierung von 2019 droht jedoch nicht nur den Datenschutz sowie die ärztliche Schweige- und Sorgfaltspflicht zu verletzen. Vielmehr bietet sie, wie der Internist Stephan Sahm erläutert, ein Lehrstück für einen „medizinethischen Dammbruch“[126].
„Denn jetzt sollen die bisher mit der Abwicklung einer Transplantation nach Todesfeststellung in der Klinik beauftragten Ärzte die noch lebenden Patienten auf den Intensiv- und Notfallstationen inspizieren. […] Die Suche nach potentiellen Organspendern schon zu Lebzeiten unter den Patienten auf den Intensivstationen bedeutet einen fundamentalen Wandel der Medizinethik. Bislang konnten Schwerkranke damit rechnen, dass ihre Ärzte allein ihrem Wohl verpflichtet sind. […] Das ist durch das neue Gesetz nicht mehr gewährleistet.“ [127]
6. Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende vom 16. März 2020[128]
Die Mehrheit des deutschen Parlaments votierte im Januar 2020 für den von Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und anderen Abgeordneten eingebrachten fraktionsübergreifenden Gruppenantrag auf die Neuregelung des Gesetzes zur „Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“. Darin wurde mit keinem Wort auf die seit 1968 bis heute international umstrittene Hirntodvereinbarung eingegangen.[129] Auch blieben die im Vorfeld dieser Gesetzesnovellierung von mehreren Seiten erörterten medizinethischen und rechtlichen Konfliktpotenziale des ‚organprotektiven‘ Behandlungskonzepts vor der Hirntodfeststellung ignoriert.[130] Gegen die von dem damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem Gesundheitsexperten Karl Lauterbach (SPD) vorgeschlagene Widerspruchslösung stimmten 379 Abgeordnete (292 dafür). Mitunter spitzten Vertreter dieser Regelung die Diskussion auf stigmatisierende Zuschreibungen von Menschen zu, die eine ‚Organspende‘ ablehnen und teilten die Gesellschaft in zwei Lager: „auf sich selbst bezogene, egoistische Individuen“ auf der einen Seite und werteorientierte, „hilfsbereite“, „solidarische Menschen“ auf der anderen Seite.[131]
Bundesweite Datenbank für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende
Als Alternative zur Widerspruchslösung verfolgte auch der von Annalena Baerbock und anderen Abgeordneten eingebrachte Gesetzentwurf ein einziges Ziel: die vermeintlich passive Organspendebereitschaft in der Bevölkerung in die Tat umzusetzen und die Zahl von ‚Organspendern‘ zu erhöhen. Für diesen Zweck sieht die Reform die Einrichtung einer bundesweiten Datenbank „für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende“ (§ 2a) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor, so dass die Organ- und Gewebespendebereitschaft möglichst jedes einzelnen Bürgers digital abrufbar wird. Auskunftsberechtigte Ärzte und Transplantationsbeauftragte erhalten nach der Feststellung des ‚Hirntodes‘ Einsicht in das Register. Der Titel des Gesetzes „Stärkung der Entscheidungsbereitschaft“ kündigt den Kern der Gesetzesnovellierung an: Die nächsten Angehörigen von Patienten mit einer schweren Hirnschädigung sind für die Option einer ‚Organspende‘ nur noch dann einzubeziehen, wenn kein Eintrag zur Organspendebereitschaft der betreffenden Person vorliegt.
Diese Reform trat zwar am 1. März 2022 in Kraft, doch angesichts der Corona-Pandemie und der überlasteten ‚Entnahmekrankenhäuser‘ konnte das Online-Register für ‚Erklärungen zur Organ- und Gewebespende‘ bis März 2023 nicht in Betrieb genommen werden.
Das „Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft“ knüpft an den obligatorischen Gang zur Ausweisstelle von Minderjährigen ab dem 16. vollendeten Lebensjahr bis hin zu Menschen im Greisenalter an: Die zuständigen Stellen des Bundes und der Länder haben bei der „Beantragung, Verlängerung oder persönlichen Abholung von Personalausweisen, Pässen oder Passersatzpapieren sowie eID-Karten“ [Online-Ausweisfunktion] sicherzustellen, „dass die Abgabe einer Erklärung zur Organ- und Gewebespende vor Ort erfolgen kann“[132] (§ 2 Abs. 1 S. 9 TPG). Auch sind die Ausweisstellen verpflichtet, Aufklärungsmaterial und Organspendeausweise auszuhändigen bzw. bei einer elektronischen Antragstellung zu versenden. Ausländerbehörden haben dafür zu sorgen, dass „mehrsprachige Organspendeausweise und […] Aufklärungsunterlagen von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Verfügung stehen“[133] (§ 2 Abs. 1 S. 11 TPG).
Die Aufklärungsunterlagen: „Verschleierung der letzten Dinge“
Aber die von der BZgA verbreiteten ‚Aufklärungsunterlagen‘ sind eher in die Rubrik ‚Desinformation‘ einzureihen. Sie tragen zu einer systematischen „Verschleierung der letzten Dinge“[134] bei, wie der Staatsrechtler Prof. Dr. Wolfram Höfling und der Palliativmediziner Prof. Dr. Jürgen in der Schmitten die unzureichende Aufklärung der Bevölkerung über eine ‚Organspende‘ charakterisieren. Denn in den Novellierungen der Transplantationsgesetzgebung (2019/2020) blieb die grundlegende Frage ausgeklammert, wie im Rahmen einer aussichtslos gewordenen Intensivtherapie zu entscheiden ist: wenn ein Mensch per Patientenverfügung sich schriftlich oder auch gegenüber seiner Familie mündlich gegen eine lebenserhaltende Behandlung bei einer infausten Prognose ausgesprochen, gleichzeitig aber eine positive Einstellung zur Organspende geäußert oder schriftlich niedergelegt hat.
Wer kennt den Unterschied?: ‚Patientenzentrierte‘ und ‚spendezentrierte Therapie‘
Sollte in Patientenverfügungen eine schmerzlindernde palliativmedizinisch betreute Begrenzung der Intensivtherapie gewünscht und gleichzeitig die Bereitschaft zur ‚Organspende‘ dokumentiert sein, liegen zwei widersprüchliche, miteinander nicht zu vereinbarende Willensbekundungen vor. Dieses häufiger auftretende Phänomen ist wiederum den seit Jahrzehnten geführten Werbekampagnen geschuldet. Mit Bedacht enthalten sie keine Aufklärung über die konkreten und komplexen Bedingungen einer ‚Organspende‘. So problematisieren die Medizinethikerin Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert und andere Autoren, „dass wohl die meisten Spendewilligen […] relativ wenig über die genaueren Zusammenhänge zwischen Organspende und Hirntoddiagnostik“[135] wissen. Ein besonders großes Informationsdefizit bestehe, wenn es um die Unterscheidung zwischen einer ‚patientenzentrierten‘ und einer ‚spendezentrierten‘ Therapie geht.
Tatsächlich berücksichtigte der Gesetzgeber noch in der Novellierung des Transplantationsgesetzes (Entscheidungslösung) von 2012 dieses ethische Minenfeld, das eine erklärte Organspendebereitschaft und eine Patientenverfügung in sich bergen kann. Daher wurden die BZgA sowie die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet, über die „Bedeutung einer zu Lebzeiten abgegebenen Erklärung zur Organ- und Gewebespende, auch im Verhältnis zu einer Patientenverfügung“[136] (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TPG-2012) zu informieren.
Organspendebereitschaft: „nach meinem Tod?“
Dieser Verpflichtung sind die Krankenkassen nicht erkennbar nachgekommen. In der Regel erschöpft sich deren Beitrag in der postalischen Versendung mehrerer Organspendeausweise an ihre Mitglieder. Darauf ist die in die Irre führende Formulierung ankreuzbar, dass sich die erklärte Organspendebereitschaft einzig und allein auf die Phase ‚nach meinem Tod‘ bezieht. Die gesamte Problematik um die intensivmedizinische Lebensverlängerung für den Zweck der Organgewinnung bleibt im Dunkeln.
Auf der Webseite der BZgA findet sich unter den zahlreichen Broschüren zum Thema ‚Organspende‘ ein Heft: „Meine Erklärung zur Organ- und Gewebespende. Möglichkeiten der Dokumentation in Organspendeausweis und Patientenverfügung.“[137] Nur eine dreiseitige Passage behandelt im letzten Drittel der Broschüre die Frage, ob es einen „Widerspruch zwischen der Bereitschaft, Organe zu spenden und dem Wunsch nach Therapielimitierung“[138] geben kann – allerdings ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass die Alternative zu einer ‚Organspende‘ und der damit verbundenen lebenserhaltenden Intensivbehandlung eine palliativmedizinisch betreute Schmerztherapie ist. Stattdessen ist die grundlegende Frage im üblichen transplantationsmedizinischen Fachjargon kurz und bündig formuliert:
„Soll die Therapie eingestellt und damit die Feststellung des unumkehrbaren Ausfalls der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) und eine Organentnahme ausgeschlossen werden oder soll die Therapie fortgesetzt werden, damit die Hirntod-Diagnostik durchgeführt werden kann und bei einer Feststellung des unumkehrbaren Ausfalls der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) Organe entnommen werden können?“[139]
BZgA und Bundesnotarkammer: Textbaustein für die Vereinbarkeit von Patientenverfügung und Organspendebereitschaft
Diese Frage wiederum fokussiert den Blick auf die Organspendebereitschaft und abstrahiert von der konkreten Situation eines intensivmedizinisch behandelten Komapatienten. Weiter findet sich der für Laien unverständlich formulierte Hinweis: die Intensivtherapie könne sich über einen längeren Zeitraum hinziehen oder der erwartete ‚Hirntod‘ ausbleiben. Gleichzeitig verzichtet die BZgA darauf, die Möglichkeit einer Reanimation zu nennen, die in dieser Phase den endgültigen Herztod verhindert und den Sterbeprozess rückgängig zu machen versucht, sollte der potenzielle Organspender ein Herzversagen erleiden.
Die Organexplantation ist nunmehr im Sinne der Patientenautonomie auch gesetzlich zu gewährleisten. Dazu schlägt die BZgA einen Textbaustein in einer transplantationsmedizinisch formulierten Rhetorik vor. Die Einwilligung zur ‚Organspende‘ in Kombination mit einer lebenserhaltenden Intensivtherapie bleibt für Laien zwar unverständlich. Doch aus juristischer Perspektive stellt sie rechtlich die korrekten Weichen für die Vereinbarkeit einer Patientenverfügung mit einer Organspendeerklärung. Außerdem wurde dieser Passus nach Verabschiedung des Transplantationsgesetzes von 2020 in der von der BZgA und der Bundesnotarkammer herausgegebenen Broschüre „Organspende in der Patientenverfügung“ abgedruckt.
Darin ist nunmehr die bürokratisierte, digitalisierte Dokumentation der Patientenverfügung für den deutschlandweiten Zugriff durch Betreuungsgerichte im „Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer“ empfohlen:
„Es ist mir bewusst, dass Organe nur nach Feststellung des unumkehrbaren Ausfalls der gesamten Hirnfunktion (Hirntod) bei aufrechterhaltendem Kreislauf-System und unter künstlicher Beatmung entnommen werden können. Deshalb gestatte ich ausnahmsweise für den Fall, dass bei mir eine Organspende medizinisch infrage kommt, die kurzfristige (ca. 72 Stunden) Durchführung intensivmedizinischer Maßnahmen zur Bestimmung des Hirntods nach den Richtlinien der Bundesärztekammer und zur anschließenden Entnahme der Organe. Außerdem stimme ich der Durchführung von intensivmedizinischen Maßnahmen zu, die zum Schutz der Organe bis zu ihrer Entnahme erforderlich sind. Entsprechendes soll auch für den Fall gelten, dass zu erwarten ist, dass der unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) in wenigen Tagen eintreten wird.“[140]
Die Antwort auf die Frage, ob „eines der beiden Dokumente – Organspendeausweis bzw. Patientenverfügung – Vorrang vor dem anderen haben?“[141], verneint die BZgA. Wiederum wird die Einhaltung des Selbstbestimmungsrechts ins Feld geführt und eine Patientenverfügung mit einem Organspendeausweis rechtlich auf eine Ebene gestellt:
„Der Wille der Patientin beziehungsweise des Patienten ist rechtlich und ethisch maßgeblich. Er ist von den Ärztinnen und Ärzten zu beachten. Patientenverfügung und Organspendeausweis sind jeweils Mittel, den Patientenwillen festzuhalten. Sofern die Patientin beziehungsweise der Patient beide Erklärungen verfasst hat, müssen diese im Einzelfall auch jeweils bei der Ermittlung des Patientenwillens berücksichtigt werden. Ein genereller Vorrang eines der beiden Dokumente zur Ermittlung des Patientenwillens besteht daher nicht.“[142]
Vorrang des Kreuzes auf dem Organspendeausweis gegenüber Patientenverfügung?
Diese frivole Vereindeutigung[143] unterschlägt wiederum die seit Jahren in Deutschland geführte Fachdiskussion, in der die Gleichwertigkeit beider Dokumente insbesondere vor dem Hintergrund des allgemein herrschenden Wissensdefizits höchst umstritten ist. So erklärten 2017 die Rechtsmediziner Prof. Dr. Markus Parzeller, Barbara Zedler und Prof. Dr. Marcel A. Verhoff vom Universitätsklinikum der Goethe-Universität (Frankfurt am Main) unter dem Titel „Rechtliche Grauzone“ im Deutschen Ärzteblatt:
„Ob ein Kreuz zur Organspende auf dem Organspendeausweis […] ausreicht, eine mutmaßliche Einwilligung des sterbenden (aber noch lebenden) oder des bereits verstorbenen ‚Hirntoten‘ für diese Therapie abzuleiten, ist als allgemeingültige Aussage eine nicht belegte Fiktion und im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Konkretisierung von Patientenverfügungen mehr als fraglich (BGH, 6. 7. 2016–XII ZB 61/16 […]). Bei einer therapiebegrenzenden Patientenverfügung, die intensivmedizinische Maßnahmen bei infauster Prognose ausschließt, kann dem Kreuz kaum ein Vorrang unterstellt werden. Trotz der mit der Entscheidungslösung vorgesehenen Aufklärung der Bevölkerung nach § 2 TPG lässt sich den Informationsbroschüren der einschlägigen Organisationen zur organspezifischen Therapie so gut wie nichts entnehmen. Warum wohl? Gut informierte Patienten würden ein solches Prozedere vielleicht ablehnen“.[144]
Da sich die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten darauf eingeschworen hatte, mit dieser Reform die Organspenderzahlen zu erhöhen, blieb die rechtliche Grauzone aufrechterhalten. Seitens des Gesetzgebers gab es keinerlei Versuche, die BZgA sowie die Krankenkassen zu einer für Laien verständlichen Aufklärung des Widerspruchs zwischen einer in Patientenverfügungen häufig niedergelegten Untersagung einer sinnlosen lebensverlängernden Intensivtherapie und der Organspendebereitschaft zu verpflichten.
Daten für das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte
Für das politisch gesteckte Ziel ‚Erhöhung von Organspenderzahlen‘ sieht das Gesetz ein bundesweites Online-Register vor, das vom Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) anzulegen ist. Darin sind neben der Organ- und Gewebespende-Erklärung personenbezogene Daten wie „Vornamen, Familiennamen, Geburtsdatum und Geburtsort, Anschrift und E-Mail-Adresse“ (§ 2a Abs. 3 S. 1 Nr. 1a TPG) digital zu speichern.[145] Die im Register abrufbaren Informationen über die Organ- und Gewebespendebereitschaft einzelner Personen dürfen in den entscheidenden Situationen „an einen Arzt oder Transplantationsbeauftragten“ weitergegeben werden, „der von einem Krankenhaus dem Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte als auskunftsberechtigt benannt wurde“[146] (§ 2a Abs. 4 S. 1 TPG).
Aber wie der Titel dieser Datenbank verheißt, handelt es sich auch um ein Register zum Abruf von ‚Gewebespendern‘. Menschen, die sich dazu bereit erklären, müssen nicht zwangsläufig ‚Organspender‘, also Intensivpatienten mit einer schweren Hirnschädigung, sein. So ist die Gewebegewinnung nicht auf die sehr kleine Gruppe von ‚hirntoten’ Patienten angewiesen. Während der Anteil jener Menschen, die noch vor dem Herztod ein Hirnversagen (‚Hirntod’) auf einer Intensivstation erleiden, unter den Verstorbenen etwa nur bei etwa 0,3 Prozent liegt,[147] ist das Potenzial von Gewebespendern ungleich viel größer. Schließlich kommen dafür etwa 80 Prozent der in Krankenhäusern verstorbenen Patienten in Betracht. Beispielsweise standen 2018 in Deutschland 955 Organspender zur Verfügung,[148] im selben Jahr 2.732 Gewebespender, von denen nur etwa zehn Prozent Komapatienten mit einem Hirnversagen waren.[149] Auch im ‚Corona-Jahr‘ 2020 blieb die Zahl der Gewebespender (2.764) im Vergleich zu Organspendern (913) dreimal so hoch. Der prozentuale Anteil (11,5) bewegte sich auf einem ähnlichen Niveau wie in den Jahren zuvor.[150]
Register für Gewebespender – Zugriffsrecht auch für die DGFG?
Die Gewebegewinnung ist zwar ein ureigener Bereich der unter einem Handelsverbot stehenden Organverpflanzungsmedizin. Insofern betreiben Transplantationszentren auch eigene Gewebebanken. Doch in den letzten Jahrzehnten hat sich daraus ein eigenständiger Zweig entwickelt. 1997 gründete die DSO ein Tochterunternehmen: die Gemeinnützige Gesellschaft für Gewebetransplantationen (DSO-G). Aber erst 2007, als in Deutschland ein neues Gewebegesetz verabschiedet wurde, trennte sich die DSO-G räumlich sowie auch rechtlich von der DSO und gründete die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation mbH (DGFG). Eigene Koordinatoren der DGFG organisieren die Gewebeentnahmen und kommen bei Sterbefällen in die Krankenhäuser, um vor Ort mit den Angehörigen „über die Möglichkeit der Gewebespende [zu] sprechen“[151], wie es auf dem Presseportal dieser gemeinnützigen Gesellschaft heißt. Aber allein bei der Gewebegewinnung von ‚Organspendern‘ findet zwischen der DSO und der DGFG weiterhin eine enge Kooperation statt.
Obwohl in der Werbung um Gewebespende obligatorisch hervorgehoben wird, sie sei frei von kommerziellen Interessen, sind die Grenzen zwischen dem nicht industriell und kommerziell verarbeiteten Gewebe fließend geblieben.[152] Denn Gewebe unterliegt dem Arzneimittelgesetz, und dieser Status hebt das für Organe geltende Handelsverbot wiederum auf.[153] Schon das erste Tochterunternehmen der DSO, die DSO-G, arbeitete von vornherein mit einer Firma zusammen. Bereits in den 1990er Jahren wurden die Umsätze der Gewebegewinnung auf Milliardenhöhe geschätzt.[154] Seither ist diese gewinnträchtige Weiterverarbeitung von menschlichem Gewebe kontinuierlich expandiert.
Unter der Überschrift „Bewusst Gewebe spenden: DGFG fördert öffentliche Aufklärung“ wird auf die Unterstützung der auch für die Werbekampagnen für ‚Organspende‘ zuständigen BZgA hingewiesen. In Deutschland verbuchte die DGFG bis 2020 einen Höchstwert mit 2.816 Gewebespendern, deren Entnahme in über 100 deutschen Krankenhäusern realisiert wurden.[155] Und wie die Rechtswissenschaftlerin Anne Fröhlich berichtet, „konnte“ schon in den 2000er Jahren „ein Verstorbener bis zu 60 Patienten mit Gewebeersatz versorgen“.[156]
Vor dem Hintergrund der ständig steigenden Nachfrage von menschlichem Gewebe könnte das neue Online-Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende einen Beitrag für eine weitere Erhöhung der Zahl von Gewebespendern leisten. Aber der DGFG ist bis jetzt der Zugriff auf diese Datenbank verwehrt. So beklagt der Geschäftsführer Martin Börgel die im Deutschen Bundestag herrschende „Unkenntnis über die Prozesse der Gewebespende“[157]. Denn das neue Gesetz erlaubt ausschließlich den bevollmächtigten Klinikangestellten mit einem elektronischen Heilberufe-Ausweis die Einsicht in das Gewebespenderegister. Doch die DGFG pocht eindringlich darauf, die Zugriffsbeschränkung noch rechtzeitig vor Inbetriebnahme des Onlineregisters aufzuheben. Ansonsten gefährde diese gesetzliche Regelung „die Patientenversorgung erheblich“ und führe „zu einem Ausbremsen unserer Arbeit der Gewebespende“ [158].
Sollte sich der Gesetzgeber zu einer Änderung der Zugriffsberechtigung auf das Online-Register für Organ- und Gewebespender hinreißen lassen, könnten die Zahl der Gewebespender drastisch erhöht und der Gang von Gewebespendekoordinatoren in die Kliniken für die Angehörigengespräche reduziert werden. Menschen, die sich auf Bürgerämtern in die Datenbank ohne Einschränkung als Spender eintragen lassen, wären unabhängig von ihrer Organspendebereitschaft gleichsam potenzielle Gewebespender. Nach ihrem Tod dürfen bis ins hohe Alter Knochen (Beckenkamm, Röhrenknochen, ganze Gelenke etc.), Haut, Bänder, Muskeln, Rippenknorpel, Blutgefäße (Arterien, Venen), Weichteilgewebe (Sehnen, Bindegewebe), Augenhornhäute oder Herzklappen entnommen werden.[159]
Organ- und Gewebespende: Bestandteil der ärztlichen Ausbildung und der Führerscheinprüfung
Außerdem sieht die Gesetzesnovelle eine Verankerung der Organ- und Gewebespende in der ärztlichen Ausbildung durch eine Änderung der Approbationsordnung für Ärzte vor. Die medizinischen, rechtlichen sowie ethischen Voraussetzungen der Organ- und Gewebetransplantation sind zum obligatorischen Bestandteil der medizinischen Ausbildung zu machen (Artikel 3).[160] Entsprechend sollen auch Hausärzte mit einem Vergütungsanspruch (alle zwei Jahre) für ein etwa fünfminütiges Gespräch „ihre Patienten regelmäßig darauf hinweisen, dass sie mit Vollendung des 16. Lebensjahres eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abgeben, ändern und widersprechen […] können“[161] (Artikel 1 § 2 Abs. 1a S. 1 TPG).
Zugleich schreibt die Reform eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vor, so dass beim Erwerb des Führerscheins ein „Grundwissen zur Organ- und Gewebespende, einschließlich der Möglichkeiten, die Entscheidung über die persönliche Spendenbereitschaft zu dokumentieren“[162] ist (Artikel 4 Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende und § 19 Abs. 1 Fahrerlaubnis Verordnung vom 23. Dezember 2019).
Auskunft aus dem Onlineregister nach der Todesfeststellung
Wurde im „Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ von 2019 die vielfach angemahnte Rechtsunsicherheit nicht zu klären versucht, so legte im Gegensatz dazu das „Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ von 2020 eines präzise fest: den Zeitpunkt der von Ärzten und Transplantationsbeauftragten zu gewährenden Einsichtnahme in das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende. Ohne Interpretationsspielraum ist vorgeschrieben, dass der Zugriff auf das Online-Register ausschließlich nach der Hirntoddiagnostik gestattet ist:
„Ein als auskunftsberechtigt bekannter Arzt oder Transplantationsbeauftragter darf eine Auskunft zu einem möglichen Organ- oder Gewebespender erst erfragen, wenn der Tod des möglichen Organ- oder Gewebespenders […] festgestellt worden ist.“[163] (§ 2a Abs. 4 S. 2 TPG-2020)
Neben der DGFG legten weitere Kollegen vom Fach ihre Veto ein, das sich wiederum auf die in der Politik herrschende Unwissenheit über den Organspendeprozess bezieht: Prof. Dr. Uwe Janssens – zwischen 2019 und 2020 Präsident der DIVI sowie Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius Hospital in Eschweiler – und Prof. Dr. Klaus Hahnenkamp, Sprecher der Sektion Organspende und Organtransplantation der DIVI, erhoben unmittelbar nach der parlamentarischen Beschlussfassung im Januar 2020 gegen die zeitliche Fixierung der Abfrage Einspruch.
Unter der Überschrift „Der Zeitpunkt der Einsichtnahme in das Register muss verändert werden“[164] forderte Janssens nachdrücklich eine Korrektur dieses Gesetzes. Schließlich stünden die Prämissen der Patientenautonomie bei der Entscheidung entweder für ein palliativmedizinisch betreutes Sterben oder für die spezielle ‚spendezentrierte‘ Weiterbehandlung von potenziellen ‚Organspendern‘ auf dem Spiel. Doch hervorzuheben ist: Im Gegensatz zu einer palliativen Behandlung eines sterbenden Menschen ist die ‚organprotektive Intensivtherapie‘ allein durch den letzten Willen, als Organspender dienen zu wollen, unter dem Aspekt der Selbstbestimmung gerechtfertigt, nicht aber medizinisch begründbar.
Einspruch: Zeitpunkt nach Hirntodfeststellung sabotiert die Patientenautonomie
Vor diesem Hintergrund bekräftigte auch Klaus Hahnenkamp: „Die Einsichtnahme in ein zukünftiges Register erst NACH Feststellung eines irrreversiblen Hirnfunktionsausfalls (IHA) ist nicht praktikabel und widerspricht der gelebten Praxis der Patientenautonomie“.[165] Er betonte die hohe Bedeutung der Phase vor der Hirntodfeststellung für den Beginn des ‚Organspendeprozesses‘ durch die zweckorientierte ‚organprotektive‘ Behandlungsstrategie: „Dieser Zeitraum VOR Feststellung des IHA erscheint uns wesentlich […] entscheidender für die Verwirklichung von Organspenden.“ [166] Hahnenkamp veranschaulichte die Entscheidungssituation:
„‘Ergibt aber die Einsichtnahme in das geplante Register, dass der Patient eine Organspende ablehnt, würden die intensivmedizinischen Maßnahmen an diesem Punkt beendet und ein palliatives Konzept mit Sterbebegleitung umgesetzt werden‘“[167].
Sollte die dokumentierte Organspendebereitschaft von Patienten erst nach Abschluss der Hirntoddiagnostik abgefragt werden können, wäre eine Organspende durch ein zuvor palliativ betreutes Sterben entweder hinfällig oder umgekehrt: die gesetzlich vorgeschriebene Maximierung der Spenderzahlen gewährt gleichsam einen sehr viel größeren Spielraum als bisher. Bei allen Personen mit einem absehbaren Hirnversagen dürfte das ‚Therapieziel Hirntod‘ zum Zuge kommen. Menschen, die in einer Patientenverfügung im Falle ihres Sterbens eine sinnlos gewordene intensivmedizinische ablehnen, könnten je nach Priorisierung des Gesetzes (BGB versus TPG) gegen ihren Willen bis zur abgeschlossenen Hirntoddiagnostik intensivmedizinisch länger am Leben erhalten werden, um erst nach dem Hirnversagen das Organspenderegister abfragen zu können[168] – eine Maßnahme, die bei einer abgelehnten Organspende als schwere Körperverletzung auslegbar ist.
7. Änderung des Transplantationsgesetzes durch Artikel 10 und 15d des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) vom 11. Juli 2021
Während die Reform der Transplantationsgesetzgebung vom deutschen Parlament im Januar 2020 rund zwei Stunden öffentlichkeitswirksam diskutiert wurde, erfolgte still und leise eine weitere Novellierung im Rahmen der Verabschiedung des 49 Seiten umfassenden Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG). Dabei ging es in erster Linie um die anlässlich der Corona-Krise in Angriff genommene Pflegereform und deren Finanzierung. Am 11. Juni 2021 beschloss der Deutsche Bundestag in einer halbstündigen Debatte dieses sogenannte Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz.
Es enthält zwei Änderungen der Transplantationsgesetzgebung: Zum einen wurde eine Novellierung des ‚Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft‘ bei der Organspende (2020) durch Artikel 10 vorgenommen,[169] zum anderen eine Abwandlung des ‚Transplantationsgesetzes‘ durch Artikel 15d GVWG ohne parlamentarische Debatte ganz am Ende auf eineinhalb Seiten eingepflegt.[170]
Auskunftspflicht der Intensivärzte gegenüber der organentnehmenden Seite vorverlegt
Die Neuregelungen erfolgten vermutlich als Reaktion auf die von Vertretern der DIVI verlangten Einsichtnahme in das Organspenderegister vor der Hirntoddiagnostik. So räumte der Gesetzgeber in Artikel 10 (GVWG) den Transplantationsbeauftragten und auskunftsberechtigten Ärzten die Registerinformation bereits vor Eintritt des ‚Hirntodes‘ ein (§ 2a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 TPG-2021). [171] Außerdem wurde in Artikel 15d (GVWG) die Auskunftspflicht gegenüber der organentnehmenden Seite zeitlich vorverlegt. Dadurch dürfen auch in die Organgewinnung involvierte Ärzte schon vor der Hirntodfeststellung einbezogen werden:
„Die Auskunft […] darf […] in Behandlungssituationen, in denen der nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms des möglichen Organ-oder Gewebespenders unmittelbar bevorsteht oder als bereits eingetreten vermutet wird, von Ärzten, die den möglichen Organ- oder Gewebespender behandeln, eingeholt werden.“[172] (§ 7 Abs. 3 S. 4 TPG-2021).
Da der Zeitraum zwischen dem erwarteten und dem nachweisbaren Hirnversagen nicht wirklich voraussehbar ist, kann sich die Sterbephase von potenziellen ‚Organspendern‘ in die Länge ziehen und ist flexibel. In dem oben zitierten Textbaustein der BZgA sind „wenige Tage” oder „ca. 72 Stunden” genannt. Nunmehr dürfen externe Mediziner, die jenes transplantationsorientierte ‚Spendermanagement‘ professionell durchführen, vor dem diagnostizierten Hirnversagen in die dramatische Behandlungssituation und Therapie der betreffenden Patienten involviert werden. Folglich hat man das in allen bisherigen Transplantationsgesetzgebungen beibehaltene Prinzip aufgegeben, die Transplantationsmedizin von der Intensivtherapie eines noch lebenden Patienten mit einer schweren Hirnschädigung personell zu trennen und somit vor Fremdinteressen zu schützen.
Entsprechend darf auch die DSO an dem Prozedere der Hirntoddiagnostik einen Part übernehmen:
Sollte „ein Entnahmekrankenhaus nicht über Ärzte, die für die Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms bei einem Patienten qualifiziert sein, […], vermittelt die Koordinationsstelle […] auf Anfrage hierfür qualifizierte Ärzte“[173] (§ 9a Abs. 2 S. 2 TPG-2021).
Parallel dazu ist es unter dem Schleier der Patientenautonomie erlaubt, die Angehörigen von Intensivpatienten mit einem drohenden Hirnversagen so weit als möglich auszuschließen. Denn das geänderte Transplantationsgesetz schreibt vor: Der nächste Angehörige ist zu der Organspendebereitschaft seines Familienmitglieds erst dann zu befragen, wenn die nach der Hirntodfeststellung zu gewährende Einsicht in das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende ergibt, dass sich der betreffende Patient weder für noch gegen eine ‚Organspende‘ offiziell erklärt hat (§ 4 Abs. 1 S. 1 TPG-2021).[174] Diese Gesetzesänderung kann so ausgelegt werden, dass die Familie von potenziellen ‚Organspendern‘ in der Phase vor der Hirntodfeststellung nicht mehr in die Entscheidung für eine palliative Behandlung bzw. dazu alternativ für eine auf die Organgewinnung orientierte, lebensverlängernde Intensivtherapie einzubeziehen ist.
Gleichwohl steht eine solche Vorgehensweise im Widerspruch zu der im BGB medizinrechtlich verankerten Pflicht der behandelnden Ärzte gegenüber eines noch lebenden Patienten. Für jeden medizinischen Eingriff in den Körper müssen sie ein Einverständnis des betreffenden Menschen oder eben im Falle seiner Nichteinwilligungsfähigkeit der dazu berechtigten Person einholen (§ 630d Abs. 1 S. 1 und 2 BGB). Nur eine Patientenverfügung mit einer entsprechenden Organspendeerklärung oder die Zustimmung eines dazu autorisierten Menschen (gesundheitsbevollmächtigte Person, der nächste Angehörige) gestatten unter der Bedingung einer vorausgegangenen ärztlichen Aufklärung (§ 630d Abs. 2 S. 1) [175] eine invasive Intensivtherapie, erst recht wenn es sich bei einer infausten Prognose um eine fremdnützige, ‚spendezentrierte‘ Behandlungsstrategie vor der Hirntodfeststellung im Status eines lebenden Menschen handelt (z.B. künstliche Beatmung, Herz-Lungen-Wiederbelebung, operative Eingriffe, Verabreichung gefäßaktiver Medikamente).
Doch die mehrfach beklagte rechtliche Grauzone konnte oder wollte der Gesetzgeber nicht schließen. Denn alle im BGB verankerten Gesetze zur Durchführung medizinischer Eingriffe auch im Fall der Nichteinwilligungsfähigkeit am Lebensende und die sich damit verbindenden Problemfelder einer ‚Organspende’ (TPG) erscheinen wie zwei voneinander getrennte juristische Bereiche und greifen nicht ineinander.[176] Diese kafkaesk anmutende Rechtssituation ist nicht nur für Laien, sondern vermutlich auch für Politiker, ja selbst für Medizinrechtler, Notare und Ärzte nicht leicht durchschaubar.
Fazit
Im Gegensatz zu einem palliativ betreuten, sterbenden Menschen in einem geschützten Raum und im Beisein der Angehörigen umfasst die unter Einhaltung des Selbstbestimmungsrechts von Patienten durchzuführende Organ- und Gewebespende bis zu vier spezielle medizinische Behandlungsformen. Dabei wird die sich vom Patienten abwendende ‚organprotektive Therapie‘ etwa seit den 2010er Jahren in zwei unterschiedlich definierte Phasen des Lebens (‚präfinal‘) und des Todes (ab der Hirntodfeststellung) aufgeteilt und unter dem Begriff ‚Organspendeprozess‘ wieder zusammengefügt. Dieser ‚Prozess‘ setzt mit der seit 2012 aufgenommenen ‚spenderdetektiven‘ Tätigkeit von Transplantationsbeauftragten in ‚Entnahmekrankenhäusern‘ vor der Hirntodfeststellung ein. Und seit 2021 ist die mit dem transplantationsmedizinischen Knowhow und Behandlungskonzept durchzuführende Therapie von potenziellen Organspendern noch zu Lebzeiten erlaubt. Der ‚Organspendeprozess‘ endet mit den Explantationen im Operationssaal und bei umfangreichen Gewebeentnahmen gegebenenfalls im Sektionsraum.
Für die gesetzliche Rahmung der Organgewinnung sind die folgenden Schritte im Ablauf des ‚Organspendeprozesses‘ von zentraler Bedeutung:
- Erstens die im lebenden Zustand einsetzende ‚spendezentrierte‘ Intensivbehandlung, die laut Transplantationsgesetzgebungen bis 2021 erst nach der ‚Todesfeststellung‘ beginnen durfte. Sie war aber bereits lange zuvor Praxis und bewegte sich in einer gesetzlichen Grauzone.
- Zweitens die Feststellung des Hirnversagens (‚Hirntod‘), die mit dem Zeitpunkt des Todeseintritts gleichgesetzt wird und den Freibrief für die anästhesiologisch betreute, chirurgische Organgewinnung aus dem ‚lebenden Körper‘ einer ‚toten Person‘ gibt.
- Drittens die während der Entnahmen weiterhin unter der Leitung von Transplantationsärzten durchgeführte ‚organprotektive Intensivtherapie’ einer sich nunmehr im Rechtsstatus befindenden Leiche, deren Herzversagen bis zu den Organexplantation
en mit allen zur Verfügung stehenden intensivmedizinischen Behandlungsmethoden unterdrückt oder rückgängig gemacht werden darf. - Viertens die Gewebeentnahmen nach Umwandlung eines ‚Organspenders‘ in eine Leiche. Je nach Umfang müssen sie nicht unbedingt im Operationssaal durchgeführt, sondern können auch in den Sektionsräumen der anatomischen, pathologischen oder gerichtsmedizinischen Institute der jeweiligen Kliniken vorgenommen werden, denn sie sind nicht notgedrungen an eine ‚Organspende‘ gebunden.
Die Änderung des Transplantationsgesetzes vom 11. Juli 2021 legalisiert unter der Prämisse der Patientenautonomie das ‚Therapieziel Hirntod‘ für alle Menschen, die sich zu ‚Organspendern‘ schriftlich erklärt haben. Wie unerbittlich das Transplantationssystem auf ein maximales ‚Ausschöpfen‘ vorhandener ‚Organressourcen‘ erpicht ist, wurde auch in der Corona-Pandemie offenbar. Denn die internationale Transplantationsmedizin scheute nicht davor zurück, auf Intensivstationen selbst nach potenziellen ‚Organspendern‘ unter Coronakranken und an ECMO-Geräten angeschlossenen Patienten Ausschau zu halten (ECMO: extrakorporale Membranoxygenierung: den Körper mit Sauerstoff versorgende Maschine).[177] So berichtet das Deutsche Ärzteblatt, eine SARS-CoV-2 Infektion von ‚hirntoten‘ Patienten stelle keinesfalls ein Hindernis für die Verpflanzung ihrer Organe dar.
Angesichts des durch Corona neu hinzugekommenen Engpasses, der das verpflanzungsmedizinische ‚Organknappheits‘-Dilemma verstärkte, fühlte sich auch die deutsche Transplantationsmedizin herausgefordert, hinsichtlich althergebrachter Ausschlusskriterien für Explantationen umzudenken. Und dies, obwohl aus den USA bekannt wurde, dass mehrere Organempfänger durch eine Lungentransplantation mit Corona infiziert worden waren.[178] Dennoch: „Wir müssen lernen, mit […] SARS-CoV-2-positiven potenziellen Spenderinnen und Spendern umzugehen“,[179] erklärte der medizinische Vorstand der DSO und ehemaliger medizinischer Direktor von Eurotransplant (2005-2014) Axel Rahmel: „Ein positiver SARS-CoV-2-Test bei einem potenziellen Spender schließt eine Meldung an die DSO nicht aus.“[180]
Solche Versuche, die Spenderzahlen zu erhöhen, sind dem Mangel an Organen geschuldet, denn zwischen dem Bedarf und ‚Organangebot‘ klafft eine große Lücke. Doch der weltweit von Verpflanzungsmedizinern beklagte ‚Organmangel‘ scheint ein nicht auflösbares, strukturelles Problem des Transplantationssystems insgesamt zu sein. Zum einen erzeugt es immanent einen immer größeren Bedarf an Organen – z.B. durch die Indikationserweiterung für die Verpflanzung von ‚marginalen Organen‘ (z.B. Fettlebern, Raucherlungen)[181]; außerdem durch Abstoßungen oder Schädigungen anderer Organe von Empfängern infolge der immununterdrückenden Medikamente. Zum anderen ist die Gefahr, einen ‚Hirntod‘ zu erleiden, sehr gering. Daher bleibt das politisch gesteckte Ziel einer ‚leeren Warteliste‘, wie der ehemalige Chefarzt der Medizinischen Klinik in Gladbeck Linus Geisler erklärte, „immer eine Illusion“.[182] Aber angesichts der großen Diskrepanz zwischen den verfügbaren Organen und dem Spenderbedarf werden immer wieder neue Konzepte zur Vermehrung von ‚Organressourcen‘ entwickelt. Dazu zählen auch die in einigen ET-Verbundländern bereits legalisierte Kombination von aktiver Sterbehilfe mit einer ‚Organspende‘ – so in Belgien, den Niederlanden, ebenso in Spanien und Kanada – oder die noch radikalere Forderung nach Einführung der „Organspende-Euthanasie“ („Organ Donation Euthanasia”)[183].
Und egal, ob die Organbeschaffung durch die erweiterte Zustimmungs-, Entscheidungs- oder Widerspruchslösung geregelt ist: In allen Ländern mit einem etablierten Transplantationssystem herrscht Unwissenheit über die Bedingungen, unter denen ‚Organspender‘ sterben. Nur erübrigt die Widerspruchsregelung kostspielige ‚Aufklärungs‘-Kampagnen und ein aufwändig zu organisierendes Onlineregister. Gleichzeitig aber machen nicht alle Intensivstationen den Weg frei für eine radikale ‚Ausschöpfung des Spenderpotenzials‘. Daher bleibt die Frage offen, wieviel Sand im Getriebe des Transplantationssystems noch steckt und ob ein ideologiefreies Sterben von Patienten mit einer schweren Hirnschädigung tatsächlich zu einer Seltenheit gemacht werden kann.
Anmerkungen
-
Vgl. A Definition of Irreversible Coma. Report of the Ad Hoc Committee of the Harvard Medical School to Examine the Definition of Brain Death. In: Journal of the American Medical Assoziation 205 (1968), H. 6, S. 337- 340. ↑
-
Vgl. z. B. in der Bundesrepublik Deutschland: Gerlach, Joachim: Gehirntod und totaler Tod. In: Münchener medizinische Wochenschrift 111 (1969), S. 732-736. Als Philosoph forderte Hans Jonas (1903-1993) anlässlich der Harvard ‚Hirntod‘-Vereinbarung (1968) eine „maximale ‚Definition’” des Todes. Alles andere hieße, sich „ein Wissen anmaßen, das wir […] nicht haben können. […] Wer kann wissen, wann jetzt das Seziermesser zu schneiden beginnt, ob nicht ein Schock, ein letztes Trauma einem nichtzerebralen, diffus ausgebreiteten Empfinden zugefügt wird, das noch leidensfähig ist […]? Kein Dekret der Definition kann diese Frage entscheiden.“ Er ordnete das dem Hirntodkonzept zugrunde gelegte Menschenbild dem Cartesianismus des 17. Jahrhunderts zu und gab die Gefahr seiner vivisektorischen Konsequenz zu bedenken: „Nur eine cartesianische Ansicht von der ‚Tiermaschine’, die ich hier irgendwie noch geistern sehe, könnte uns da beruhigen – wie sie es tatsächlich zu ihrer Zeit (17. Jhdt.) willkommenerweise in Sachen tierischer Vivisektion tat. Doch ihre Wahrheit ist sicher nicht durch die Macht der Definition zu statuieren.“ Jonas, Hans: Technik, Medizin und Ethik. Zur Praxis des Prinzips Verantwortung. Frankfurt am Main 1987, S. 221, 222, Anm. 6, S. 240. Vgl. zur internationalen Entwicklung des Hirntodkonzepts: Lindemann, Gesa: Beunruhigende Sicherheiten. Zur Genese des Hirntodkonzepts. Konstanz 2003; Bergmann, Anna: Der entseelte Patient. Die moderne Medizin und der Tod. Stuttgart 2019, S. 265-280. ↑
-
Vgl. Bader, Mathis: Organmangel und Organverteilung. Tübingen 2010, S. 196-200. ↑
-
Bader 2010, S. 199 (Hervorhebung Mathis Bader). ↑
-
Vgl. So verwarf die deutsche Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer die Organentnahme an solchen Patienten explizit als Tötung. Vgl. Erklärung der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer: Tötung durch Organentnahme widerspricht ärztlicher Ethik. Abgedr. in: Deutsches Ärzteblatt 94 (1997), H. 28/29, S. A1963; vgl. Deutscher Ethikrat: Hirntod und Entscheidung zur Organspende. Stellungnahme. Berlin 2015, S. 113-117; Heide, W.: „Non-heart-beating donors“ sind nicht geeignet. In: Nervenarzt 87 (2016), S. 161-168. ↑
-
Eurotransplant Liver/Pankreas Report. Archiv Anna Bergmann (AAB). ↑
-
Vgl. Feuerstein Günther: Das Transplantationssystem. Dynamik, Konflikte und ethisch-moralische Grenzgänge. Weinheim/München 1995, S. 121-178. ↑
-
Verordnung über die Durchführung von Organtransplantationen vom 4. Juli 1975, Gesetzblatt der DDR 1995 I, S. 597, II. Abschnitt, § 4. ↑
-
Vgl. Wolfslast, Gabriele: Transplantationsrecht im europäischen Vergleich. In: Zeitschrift für Transplantationsmedizin 1(1989), S. 43-48. ↑
-
Vgl. Leach, Gerald: Medizin ohne Gewissen? Macht und Ohnmacht der Ärzte. Aus dem Englischen von Grete Felten. München – Zürich 1973 (Original: New York 1970), S. 295-340. In der BRD problematisierte beispielsweise im Januar 1968 der Düsseldorfer Professor für Chirurgie und Nobelpreisträger Werner Forßmann (1904-1979) die Kapstadter Herztransplantationsversuche. Er stellte die von dem südafrikanischen Chirurgen Christiaan Barnard (1922-2001) durchgeführten Herzverpflanzungen in den Zusammenhang mit den in dem Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück unternommenen Knochentransplantationsexperimenten und sah die Grundsätze der medizinischen Ethik bedroht, auf die sich die Ärzteschaft mit dem Nürnberger Kodex verpflichtet hatte. Vgl. Forßmann, Werner: Warten auf den Tod eines Organ-Spenders. Professor Forßmann über Konsequenzen der Herztransplantation – Verlust an sittlicher Substanz. Abgedr. in: Der Tagesspiegel, Nr. 6784 vom 4. Januar 1968, S. 9. ↑
-
Vgl. Feuerstein 1995, S. 125. ↑
-
Vgl. World Medical Association. Declaration of Geneva (September 1948): https://www.wma.net/wp-content/uploads/2018/07/Decl-of-Geneva-v1948-1.pdf (20.04.2023)In seiner Neufassung von 2017 wurde das Genfer Gelöbnis um den ärztlichen Respekt vor der Autonomie und Würde der Patienten ergänzt. Vgl. https://www.wma.net/policies-post/wma-declaration-of-geneva/ (20.04.2023) ↑
-
Auftraggeber der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sind die Bundesärztekammer (BÄK), die Deutsche Krankenhausgesellschaft, und der GKV-Spitzenverband. Vgl. zur Struktur der DSO: Siegmund-Schultze, Nicola: Kernaufgaben im Krankenhaus. In: Deutsches Ärzteblatt 112 (2015), H. 15, S. A 662-A 665, hier S. A 664. ↑
-
Vgl. Bader 2010, S. 83. ↑
-
Beispielsweise betrug 2010 mit einem Höchstwert der deutschen Organspenderquoten der Anteil von insgesamt acht ET-Verbundländern 58, 12 Prozent (1271 von insgesamt 2187 Organspendern). 2017 – im Jahr mit der niedrigsten Organspenderzahl in Deutschland – waren es immer noch 39,6 Prozent (769 von 1942). ↑
-
https://statistics.eurotransplant.org/index.php?search_type=donors+deceased&search_organ=all+organs&search_region=by+country&search_period=by+year+chart&search_characteristic=&search_text=&search_collection (21.02.2023) ↑
-
Arbeitskreis Organspende: Organspende rettet Leben! Antworten auf Fragen. Neu-Isenburg o. J., S. 8. ↑
-
Vgl. https://www.akos.de/ (20.02.2023) ↑
-
BÄK: Förderung der Organtransplantation. Aufruf der Bundesärztekammer an alle Ärzte. In: Deutsches Ärzteblatt vom 25. Januar 1979, H. 4, S. 188. ↑
-
Vgl. Augsberg, Steffen: Die Bundesärztekammer im System der Transplantationsmedizin. In: Höfling, Wolfram (Hg.): Die Regulierung der Transplantationsmedizin in Deutschland. Tübingen 2008, S. 45-59; vgl. auch: Ders.: 10 Jahre Transplantationsgesetz – eine kritische Zwischenbilanz. Tübingen 2008, S. 3-7. ↑
-
Vgl. BÄK: Gesetzliche Regelung einer Organentnahme. Beschluß des Vorstandes der Bundesärztekammer. In: Deutsches Ärzteblatt vom 25. Januar 1979, H. 4, S. 188-189, hier S. 188. ↑
-
BÄK: Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer: Organspende – Kurzinformation für den Arzt. In: Deutsches Ärzteblatt vom 25. Januar 1979, H. 4, S. 190-191. ↑
-
Steinbereithner, Karl: Grenzgebiete zwischen Leben und Tod – Anästhesiologische Probleme. In: Wiener klinische Wochenschrift 81 (1969), H. 29/30, S. 530-533, hier S. 530. ↑
-
BÄK: Wissenschaftlicher Beirat 1979, S. 190. ↑
-
Ebd. ↑
-
Vgl. ebd. ↑
-
Vgl. Arbeitskreis Organspende (Hg.): Organspende – eine gemeinsame Aufgabe. Neu-Isenburg o.J., S. 30; vgl. Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD. Bonn/Hannover 1990. https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/gem-texte/GT_01.pdf (20.02.2023) ↑
-
So z.B. Prof. Dr. Heinz Angstwurm (Neurologe), Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Eigler (Chirurg), Prof. Dr. Rudolf Pichlmayr (Chirurg). ↑
-
Zit.n. Arbeitskreis Organspende (Hg.): Organspende – eine gemeinsame Aufgabe. Neu-Isenburg o.J., S. 30. ↑
-
Zit.n. Höfling, Wolfram; Todesverständnisse und Verfassungsrecht. In: Bondolfi, Alberto/Kostka, Ulrike/Seelmann, Kurt (Hg.): Ethik und Recht. Bd. 1: Hirntod und Organspende, Tübingen /Basel 2004, S. 81-88, hier Anm. 20, S. 87. Manfred Kock in: Geiß, Karlmann (Hg.): Sterbehilfe – Sterbebegleitung. Rechtliche und ethische Fragen, Heidelberg 2001, S. 15 (= Juristische Studiengesellschaft Karlsruhe, 247). ↑
-
Vgl. z. B.: Jörns, Klaus-Peter: Organentnahme: Eingriff ins Sterbegeschehen. Ein Diskussionsbeitrag aus theologischer Sicht. In: Deutsches Ärzteblatt 89 (1992), H. 28/29, A1-2444–A1-2447. ↑
-
Półtawska, Wanda: Vorwort. Wir sind doch keine Kaninchen! In: Ramm, Walter (Hg.): Organspende. Letzter Liebesdienst oder Euthanasie. 2. überarb. Auflage. Absteinach 1995, S. 3-6, hier S. 5. ↑
-
Vgl. Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz – TPG) vom 5. November 1997. Abgedr. in: Bundesgesetzblatt 1997, Teil I, Nr. 74, S. 2631-2676. ↑
-
Vgl. Baureithel, Ulrike/Bergmann, Anna: Herzloser Tod. Das Dilemma der Organspende. Stuttgart 1999, S. 91 f. ↑
-
Vgl. Haupt, Walter F./Höfling, Wolfgang: Die Diagnose des Hirntodes: Medizinische und juristische Aspekte unter Berücksichtigung des Transplantationsgesetzes (TPG) der BRD. In: Fortschritte der Neurologie – Psychiatrie, 70 (2002), S. 583-590. ↑
-
Vgl. TPG 1997, § 2 Abs.2, S. 2631, § 4, S. 2632. ↑
-
Höfling 2004, S. 81. ↑
-
Vgl. ebd., S. 85 f.; ders.: Tot oder lebendig – tertium non datur. Eine verfassungsrechtliche Kritik der Hirntodkonzeption. In: Zeitschrift für medizinische Ethik 58 (2012), S. 163-172. ↑
-
Vgl. so z.B. Redebeiträge von Prof. Dr. Pichlmayr, Prof. Dr. Haverich, Prof. Dr. Neuhaus, Prof. Dr. Angstwurm, Dr. Karsten Vilmar in der öffentlichen Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss: Ausschuß (Auss.) für Gesundheit, Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode., 14. Auss., Protokoll Nr. 17, Sitzung v. 28.6.1995, S. 73, 69 f., 57, 61, 32 f. ↑
-
TPG 1997, S. 2632. ↑
-
Ebd. Vgl. zur rechtlichen Problematik des Todeskriteriums in Beziehung zur ‚Hirntod‘-Definition: Höfling 2004; ders. 2012; Beckmann, Rainer: Das unbegründete „Hirntod“-Konzept. In Juristische Zeitung 78 (2023), H. 21, S. 947-957. ↑
-
BÄK, Aufruf 1979, S. 188. ↑
-
BÄK: Bekanntmachung der Bundesärztekammer. Kriterien des Hirntodes. Entscheidungshilfen zur Feststellung des Hirntodes. In: Deutsches Ärzteblatt 79 (1982), H. 14, S. 45-55, hier S. 45. ↑
-
Vgl. BÄK: Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer. Kriterien des Hirntodes. Entscheidungshilfen zur Feststellung des Hirntodes. In: Deutsches Ärzteblatt 94 (1997), H. 19, S. A-1296-A-1303, hier. S. A-1296. ↑
-
Die Informationspflicht des Arztes ist im Patientenrechtsgesetz des Bürgerlichen Gesetzbuches seit 2013 verankert und an eine Einwilligungserklärung gebunden (vgl. §§ 630c, 630d, 630e BGB). ↑
-
Vgl. Halbe, Bernd: Rechtssicherheit für Ärzte und Patienten. In: Deutsches Ärzteblatt 114 (2017), H. 17, S. A 858-A859. ↑
-
Maio, Giovanni: Organspende: Von der Gabe zur Bürgerpflicht?. In: Universitas 67 (2012), H.794, S. 58-68, hier S. 60. ↑
-
Vgl. z.B. die Studie zum niedrigen Informationsniveau hinsichtlich der Beziehungsebenen von ‚Hirntod‘-Definition und der ‚organprotektiven‘ Intensivbehandlung von Organspendern nach der Hirntodfeststellung im Verhältnis zu einer Patientenverfügung: Wagner, Elias/Marckmann, Georg/Jox, R. J.: Koinzidenz von Patientenverfügung und Zustimmung zur Organspende: Was wünschen die Betroffenen? Eine Befragung deutscher Senioren. Stuttgart/New York 2019. Online Publikation. DOI https://doi.org/10.1055/a-0837-0882 (20.02.2023) ↑
-
Vgl. Neitzke, Gerald et al.: Entscheidungshilfe bei erweitertem intensivmedizinischem Behandlungsbedarf auf dem Weg zur Organspende. Positionspapier der Sektion Ethik und der Sektion Organspende und -transplantation der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) unter Mitarbeit der Sektion Ethik der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN). In: Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin 114 (2019), S. 319-326. Onlinepublikation: 11. April 2019, S. 4f. https://doi.org/10.1007/s00063-019-0578-3 (20.02.2023); BÄK: Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TPG zur ärztlichen Beurteilung nach § 9a Abs. 2 Nr. 1 TPG (RL BÄK Spendererkennung) vom 01. Juli 2020. Abgedr. in: Deutsches Ärzteblatt, S. A1-A12, S. A4. ↑
-
Vgl. Baureithel/Bergmann 1999, S. 152 ff.; Englbrecht, Jan Sönke et al.: Perioperatives Management der postmortalen Organspende. Anästhesie zwischen Ethik und Evidenz. In: Der Anaesthesist 2 (2022), S. 384-391, hier S. 388 f. ↑
-
Vgl. zur ärztlichen Aufklärungspflicht von Minderjährigen: Gaibler, Tonja: Regeln für diffizile Konstellationen. In: Deutsches Ärzteblatt 109 (2012), H. 10, S. A 476-478. ↑
-
Vgl. BZgA: Wissen kompakt. Das Unterrichtsheft. Organspende – die Entscheidung zählt. Köln 2022 (Auflage 3.15.10.22) https://shop.bzga.de/pdf/60285136.pdf ↑
-
TPG 1997, S. 2634. ↑
-
BÄK: Wissenschaftlicher Beirat 1979, S. 190. ↑
-
Ebd., S. 191. ↑
-
Vgl. Heberer, G./Köle, W./Tscherne, H.: Chirurgie. Lehrbuch für Studierende der Medizin und Ärzte. 5. Neu bearb, und erweiterte Aufl. Berlin/Heidelberg 1986, S. 168; Molzahn, Martin/Tuffs, Annette/Vollmann, Jochen: Organtransplantation und Organspende. Herausgegeben vom Robert Koch-Institut. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 17, Berlin 2003, S. 21. ↑
-
TPG 1997, S. 2634. ↑
-
Mauer, Dietmar er al.: Organspende. Der Schlüssel liegt im Krankenhaus. In: Deutsches Ärzteblatt 102 (2005), H. 5, S. B 212-B 214, hier B 213. ↑
-
Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes vom 21. Juli 2012 (TPGÄndG). Abgedr. in: Bundesgesetzblatt 2012, Teil 1, Nr. 35, S. 1601-1612. ↑
-
Vgl. Malzahn/Tuffs/Vollmann 2003, S. 21; Frühauf 2006, S. 26; Bader 2010, S. 15. ↑
-
Mauer 2005, S. B 212. ↑
-
Vgl. zur unterschiedlichen Beteiligung der Krankenhäuser bis zum Jahr 2007: Deutscher Bundestag (DB): Bericht zur Situation der Transplantationsmedizin in Deutschland zehn Jahre nach Inkrafttreten des Transplantationsgesetzes. 16. Wahlper., Drucks. 16/13740 vom 30. Juni 2009, S. 44, 618. ↑
-
AAB, Interview Dr. Benno Foltin (Pseudonym) am 03. März 2020. ↑
-
Ebd. ↑
-
Ebd. ↑
-
Bader 2010, S. 15. ↑
-
Vgl. ebd.; Schulte, Kevin et al.: Rückgang der Organspenden in Deutschland. In: Deutsches Ärzteblatt 113 (2018), H. 27-28, S. 463-468. ↑
-
Wortbeitrag Prof. Dr. Günter Kirste. Abgedr. in: Wortbeitrag Prof. Dr. Günter Kirste. Abgedr. in: DB: Enquete-Kommission. Ethik und Recht in der modernen Medizin. 15. Wahlper., Protokoll. Wortprotokoll 15/33 der 33. Sitzg. vom 14. März 2005, S. 1-98, hier S. 28. ↑
-
Vgl. TPGÄndG 2012, S. 1602 f. (§ 9b). ↑
-
DB: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Entscheidung im Transplantationsgesetz, Drucks. 17/9030 vom 21.03.2012, S. 14. ↑
-
Vgl. TGPÄndG 2012, S. 1602 f: § 9a, § 9b. ↑
-
Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz vom 12. Juli 2012. Abgedr. in: Bundesgesetzblatt 2012 (TPGEntLÄndfG). Abgedr. in: Bundesgesetzblatt 2012, Teil 1, Nr. 33, S. 1504-1506. Ausgegeben am 18. Juli 2012. ↑
-
TPGEntLÄndfG 2012, S. 1504. ↑
-
Vgl. z.B. Truog, Robert D./Miller, Franklin G: The Dead Donoar Rule and Organ Transplantation. In: The New England Journal of Medicine 359 (2008), H. 7, S. 669-675; Truog, Robert D./Miller, Franklin G: Rethinking the Ethics of Vital Organ Donations. In: Hastings Report 38 (2008), H. 6, S. 38-46; Stoecker, Ralf: Ein Plädoyer für die Reanimation der Hirntoddebatte in Deutschland. In: Dirk/Knoepffler, Nikolaus/Kodalle, Klaus-M. (Hg.), Körperteile – Körper teilen. Kritisches Jahrbuch der Philosophie. Würzburg 2009, S. 41-59; Müller, Sabine: Revival der Hirntod-Debatte: Funktionelle Bildgebung für die Hirntod-Diagnostik. In: Ethik in der Medizin 22 (2010) 6, S. 973-984. ↑
-
Vgl. DSO: Organspende und Transplantation in Deutschland. Jahresbericht 2012. Frankfurt am Main 2013, S. 14. ↑
-
TPGEntLÄndfG 2012, S. 1504. ↑
-
Vgl. DB, Gesetzentwurf 2012 , S. 14. ↑
-
Interview mit Prof. Dr. Ulrich Frei am 12. Juli 2012 im Deutschlandradio. Zit.n. Bergmann Anna: Das tödliche Dilemma der Organspende. In: raum & zeit 37 (2018), N. 216, S.74-79, hier S. 78; vgl. auch zu diesem Argumentationszusammenhang im Gesetzentwurf 2012, S. 14. ↑
-
Interview mit Prof. Dr. Ulrich Frei am 12. Juli 2012 im Deutschlandradio. http://www.dradio.de/aodflash/player.php?station=1&stream=1&/ (21.07.2012) (Hervorhebung A.B). ↑
-
Vgl. Feuerstein, Günter: Biopolitische Paradoxien der Patientenautonomie. In: Wiesemann, Claudia/Simon, Alfred (Hg.): Patientenautonomie. Theoretische Grundlagen – Praktische Anwendungen. Münster 2013, S. 250-262. ↑
-
Zweites Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende vom 22. März 2019. In: Bundesgesetzblatt 2019, Teil I Nr. 9, S. 352-356. ↑
-
Vgl. Schulte et al. 2018, S. 463-468. ↑
-
Vgl. Beckmann, Rainer: Falsche „Hirntod“-Feststellung in Deutschland. In: Medizinrecht 41 (2023), S. 863-868. ↑
-
Vgl. Brauer, Martin et al.: Wie viele Organspender gibt es wirklich? Retrospektive Analyse zu nichterfolgter Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls bei verstorbenen Patienten mit relevanter Hirnschädigung. In: Der Anästhesist 68 (2019), H. 1, S. 22-29, hier S. 27. ↑
-
Vgl. DSO: Organspende und Transplantation in Deutschland. Jahresbericht 2020. Frankfurt am Main 2021, S. 96, 98. ↑
-
Zit.n. Richter-Kuhlmann, Eva: Wege aus der Krise. In: Deutsches Ärzteblatt 115 (2018), S. A 1312-1314, hier, S. 1314; vgl. zur Beteiligung der C-Krankenhäuser 2019: DSO 2021, S. 96. ↑
-
Trabitzsch, Anna et al.: Automatisiertes elektronisches Screeningtool (DETECT) zur Erkennung des potenziell irreversiblen Hirnfunktionsausfalls. In: Deutsches Ärzteblatt 118 (2021), H. 41, S. 683-690, hier S. 684. ↑
-
Richter-Kuhlmann 2018, S. A 1314; vgl. die Originalstudie: Schulte et al. 2018 S. 463-468; vgl. auch Brauer u.a. 2019, S. 22-28. ↑
-
Zit.n. Richter-Kuhlmann 2018, S. A 1314. ↑
-
BÄK (Hg.): Curriculum. Transplantationsbeauftragter Arzt. Berlin 2015, S. 3. ↑
-
Vgl. Heller, Andreas/Knipping, Cornelia: Palliative Care – Haltungen und Orientierungen. In: Knipping, Cornelia (Hg.): Lehrbuch Palliative Care. Bern 2006, S. 39 -47; Heller, Andreas et al.: Geschichte der Hospizbewegung in Deutschland. Esslingen 2012 (2. überarb. Aufl.); Gronemeyer, Reimer/Heller, Andreas: In Ruhe sterben. Was wir uns wünschen und was die moderne Medizin nicht leisten kann. München 2014; vgl. zur Therapiebegrenzung in der Intensivmedizin z.B.: Scheffold, Norbert et al.: Konzept zur Therapiebegrenzung in der Intensivmedizin. In: Intensivmedizin und Notfallmedizin 47 (2010) H. 2, S. 124-129; Müller-Busch, Hans Christof: Palliativmedizin und Sterben auf der Intensivstation – kein Widerspruch. In: DIVI 4 (2013), H. 1, S. 22-27; Nauck, Friedemann: Behandlungsstrategien in der Palliativmedizin. In: Aktuelles Wissen für Anästhesisten. Refresher Course Nr. 39 (2013), S. 113-120; Sahm, Stephan: An der Seite des Lebens. Ethische Herausforderungen in Palliativmedizin und -pflege. Würzburg 2021. ↑
-
BÄK: Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung. Abgedr. In: Deutsches Ärzteblatt 95 (1998), H. 39, S. A 2366-A 2367, hier S. A-2366 f. (Hervorhebung A.B.). ↑
-
Vgl. Nauck 2013, S. 117 f. ↑
-
DIVI: Offener Brief vom 16. Oktober 2019 an Rudolf Henke, MdB, Stellvertretender Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag, Betreff Reform der Organspende, S. 3. In: https://www.divi.de/stellungnahmen/publikationen/stellungnahmen/anschreiben-mdb-rudolf-henke-organspende (10.07.2021) ↑
-
Sahm, Stephan: Hirntod und Organspende. Die Leerstelle in Spahns Debatte. Wer mehr Organspenden möchte, muss die Spender zu Lebzeiten auswählen und länger künstlich am Leben halten – Stunden, Tage oder Wochen. Wollen die Spendenwilligen das? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30.10.2018. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/leerstelle-in-spahns-debatte-hirntod-und-organspende-15863180/die-behandlungen-in-den-15864023.html (01.02.2019).Sahm 2018. ↑
-
Erbguth, Frank/Dietrich, Wenke: Therapieziel Hirntod. Soll ein potenzieller Organspender mit aussichtsloser Prognose zugunsten einer möglichen Transplantation lebensverlängernd behandelt werden? In: Bayerisches Ärzteblatt (2014), H. 3, S. 116-119, hier S. 116. ↑
-
DIVI, Brief vom 16. Oktober 2019, S. 3. ↑
-
BÄK: Arbeitspapier zum Verhältnis von Patientenverfügung und Organspendeerklärung. In: Deutsches Ärzteblatt 110 (2013), H. 12, S. A 572-A 574. ↑
-
Ebd., S. A 573. ↑
-
BÄK: Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TPG zur ärztlichen Beurteilung nach § 9a Abs. 2 Nr. 1 TPG (RL BÄK Spendererkennung) vom 01. Juli 2020. Abgedr. in: Deutsches Ärzteblatt, S. A1-A12. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/_old-files/downloads/pdf-Ordner/RL/RiliSpendererkennung_2020-09-01.pdf (20.04.2023) ↑
-
Ebd., S. A 3. ↑
-
Ebd. ↑
-
Vgl. Deutscher Ethikrat: Hirntod und Entscheidung zur Organspende. Stellungnahme. Berlin 2015, S. 171. ↑
-
Erbguth/Dietrich 2014, S. 118. ↑
-
Vgl. Sahm, Stephan: Der Übereifer vor dem Tod. In: FAZ vom 25.02.2019. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/neues-gesetz-fuer-organspende-der-uebereifer-vor-dem-tod-16057911.html.(20.04.2023) ↑
-
BÄK 2020, S. A 4, A 8. ↑
-
DIVI: Aktuelle Meldungen – Neues Gesetz zur Organspende: „Der Zeitpunkt der Einsichtnahme in das Register muss verändert werden!“ vom 28. Januar 2020. In: https://www.divi.de/aktuelle-meldungen-intensivmedizin/neues-gesetz-zur-organ-und-gewebespende-der-zeitpunkt-der-einsichtnahme-in-das-register-muss-veraendert-werden (26.05.2022) ↑
-
Hahnenkamp, Klaus et al.: Organprotektive Intensivtherapie beim Organspender. In: Deutsches Ärzteblatt 113 (2016), H. 33-34, S. 552-558, hier S. 552 (Hervorhebung A.B.). Vgl. auch ders.: Erkennen eines potentiellen Spenders. In: Ders. et al. (Hg.): Praxisleitfaden Organspende. Umsetzung der BÄK-Richtlinie „Spendererkennung“ in der Praxis. Berlin 2021, S. 7-31. ↑
-
Hahnenkamp 2016, S. 552. ↑
-
Neitzke, Gerald et al.: Grenzen der Sinnhaftigkeit der Intensivmedizin. Positionspapier Sektion Ethik der DIVI. In. In: Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin 111 (2016), H. 6, S. 486-492, hier S. 490. ↑
-
Neitzke et al 2019, S. 320. ↑
-
BÄK, Grundsätze 1998, S. A-2366 f. ↑
-
Deutscher Ethikrat 2015, S. 27; vgl. Schöne-Seifert et al.: Behandlung potenzieller Organspender im Präfinalstadium. In: Deutsches Ärzteblatt 108 (2011), H. 40, S. A 2080-A 2086, hier S. A 2084; Mersmann, Jan et al.: Handreichung zum Vorgehen bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit schwerster Hirnschädigung bei zu erwartendem Hirntod und Organspendewunsch. In: Anästhesiologie und Intensivmedizin 59 (2018), S. 90-98, hier S. 93. ↑
-
DB: Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserungen der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende. Bundesrat. Drucksache 547/18 vom 02.11.2018, S. 2 (Hervorhebung A.B.). ↑
-
DB: Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserungen der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende. 19. Wahlper., Drucks. 19/6915 vom 08.01.2019, S. 27. ↑
-
Ebd., S. 14. ↑
-
Vgl. ebd., S. 19. ↑
-
DB: Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit. Entwurf eines Gesetzes für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende (GZSO) 2018, S. 7, S. 37, 38. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/O/GZSO_RefE.PDF ↑
-
Zweites Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes vom 22. März 2019, S. 353. ↑
-
DB, Drucks. 547/18 vom 02.11.2018, S. 11 ↑
-
DB, Drucks. 19/6915 vom 08.01.2019, S. 2, 29, 40. ↑
-
Zweites Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes vom 22. März 2019, S. 353. ↑
-
Ebd., S.352. ↑
-
Deutscher Städtetag: Entwurf eines Gesetzes für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende (GZSO). Schreiben vom 19.09.2018. In: Bundesministerium für Gesundheit. Stellungnahmen zum Referentenentwurf GZSO, S. 4. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/Stellungnahmen_WP19/GZSO/Deutscher_Staedtetag_BMG_Stellungnahme_Organspende.pdf (20.04.2023) ↑
-
Ebd., S. 4. ↑
-
Sahm, Stephan: Der Übereifer vor dem Tod. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25.02.2019. ↑
-
Ebd. ↑
-
Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende (OrgSpEG) vom 16. März 2020. Abgedr. in: Bundesgesetzblatt 2020, Teil 1, Nr. 13, S. 497-500. ↑
-
Vgl. z.B. Shewmon, Alan D.: Statement in Support of Revising the Uniform Determination of Death Act and in Opposition to a Proposed Revision. In: The Journal of Medicine and Philosophy: A Forum for Bioethics and Philosophy of Medicine 48 (2023), H. 5, S. 453-477. Vgl. hier Anm. 74; vgl. außerdem z.B. zur medizinischen, theologischen, sozial und rechtswissenschaftlichen Hirntodkritik im deutschsprachigen Raum seit den 1990er Jahren: Hoff, Johannes/Schmitten in der, Jürgen: Kritik der “Hirntod”-Konzeption. Plädoyer für ein menschenwürdiges Sterben. In: Dies. (Hg.): Wann ist der Mensch tot? Organverpflanzung und Hirntodkriterium. Reinbek bei Hamburg 1994, S. 153-252; Balkenohl, Manfred: Der umstrittene Hirntod. In: Ramm, Walter (Hg.): Organspende. Letzter Liebesdienst oder Euthanasie. Mit einem Vorwort von Wanda Półtawska. 2. überarb. Aufl. Abtsteinach 1995, S. 9-35; Stapenhorst, Kurd: Über die biologisch-naturwissenschaftlich unzulässige Gleichsetzung von Hirntod und Individualtod und ihre Folgen für die Medizin. In: Ethik in der Medizin 8 (1996), S. 79-89; Zieger, Andreas: Personsein, Körperidentität und Beziehungsethik. Erfahrungen zum Dialogaufbau mit Menschen im Koma und Wachkoma aus beziehungsmedizinischer Sicht. In: Strasser, Peter/Starz, Edgar (Hg.): Personsein aus bioethischer Sicht. Stuttgart 1997, S. 154-171; Stoecker, Ralf: Der Hirntod. Ein medizinethisches Problem und seine moralphilosophische Transformation. Freiburg/Br. – München 1999; Bäumer, Remigius/Stockhausen, Alma von (Hg.): Zur Problematik von Hirntod und Transplantation. Weilheim/Bierbronnen 1998; Haupt/Höfling 2002, S. 583-590; Lindemann 2003; Höfling 2004, S. 81-88; Kalitzkus, Vera: Dein Tod, mein Leben. Warum wir Organspenden richtig finden und trotzdem davor zurückschrecken. Frankfurt/M. 2009; Schneider, Werner: „So tot wie nötig – so lebendig wie möglich!” Sterben und Tod in der fortgeschrittenen Moderne. Eine Diskursanalyse der öffentlichen Diskussion um den Hirntod in Deutschland. Münster 1999; Geisler, Linus S.: Die Lebenden und die Toten. In: Universitas, 65 (2010), H. 763, S. 4-13; Sahm, Stephan: Ist die Organspende noch zu retten? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 213 vom 14. September 2010, S. 33; Höfling, Wolfram: Tot oder lebendig – tertium non datur. Eine verfassungsrechtliche Kritik der Hirntodkonzeption. In: Zeitschrift für medizinische Ethik 58 (2012), S. 163-172; Manzei, Alexandra: Der Tod als Konvention. Die (neue) Kontroverse um Hirntod und Organtransplantation. In: Anderheiden, Michael/Eckart, Wolfgang U. (Hg.): Handbuch Sterben und Menschenwürde. Bd. 1. Berlin/Boston 2012; S. 137-174; Deutscher Ethikrat (Hg.): Hirntod und Entscheidung zur Organspende. Stellungnahme. Berlin 2015, S. 84-85; Bauer, Axel W.: Normative Entgrenzung, Themen und Dilemmata der Medizin- und Bioethik in Deutschland. Wiesbaden 2017; Praxis PalliativeCare 44 (2019): Die palliative Seite der Organtransplantation; Beckmann, Rainer: Der „Hirntod“ – kein überzeugendes Todeskriterium. In: Neue Justiz. Zeitschrift für anwalts- und Gerichtspraxis (7/2020), S. 298-303; ders.: Das unbegründete „Hirntod“-Konzept. In Juristische Zeitung 78 (2023), H. 21, S. 947-957. ↑
-
Vgl. Höfling, Wolfram: Organspende oder Organgewinnung? Zur Neuausrichtung der Transplantationsmedizin in Deutschland. In: Zeitschrift für Rechtspolitik 52 (2019) H. 1, S. 1-5, hier S. 3 f.; Beckmann, Rainer: Der „Hirntod“ – kein überzeugendes Todeskriterium. In: Neue Justiz. Zeitschrift für anwalts- und Gerichtspraxis (7/2020), S. 298-303. ↑
-
Vgl. DB: Sten.Ber., 19. Wahlper., 140. Sitzg. vom 16. Januar 2020, Plenarprotokoll 19/140 vom 16. Januar 2020, S. 17429-17468, hier S. 17441. ↑
-
OrgSpEG vom 16. März 2020, S. 497. ↑
-
Ebd.. ↑
-
Höfling, Wolfram/Schmitten in der, Jürgen: Die Verschleierung der letzten Dinge. Weiß ein Spender, was mit ihm geschieht? Um welchen Preis wird für mehr Organspenden geworben? Die Kritik an der Gleichsetzung von als „hirntot“ Diagnostizierten mit Leichen hat gute Gründe. Ein Gastbeitrag. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15.01.2019. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/organspende-debatte-die-verschleierung-der-letzten-dinge-15988453.html. ↑
-
Schöne-Seifert et al. 2011, S. A 2082. ↑
-
TPGEntLÄndfG 2012, S. 1504. ↑
-
Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Meine Erklärung zur Organ- und Gewebespende. Möglichkeiten der Dokumentation in Organspendeausweis und Patientenverfügung. Köln 2018. ↑
-
Ebd., S. 55. ↑
-
Ebd. ↑
-
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung/Bundesnotarkammer (Hg.): Organspende in der Patientenverfügung. Wünsche eindeutig dokumentieren. Köln/Berlin o.J., S. 14 (Hervorhebung A.B.); BZgA: Meine Erklärung zur Organ- und Gewebespende. Möglichkeiten der Dokumentation in Organspendeausweis und Patientenverfügung. Köln 2018, S. 57; vgl. auch BÄK: Arbeitspapier zum Verhältnis von Patientenverfügung und Organspendeerklärung. In: Deutsches Ärzteblatt 110 (2013), H. 12, S. A 572-A 574, hier S. A 574. ↑
-
BZgA 2018, S. 57 ↑
-
Ebd., S. 56. ↑
-
Die Bundesärztekammer hatte 2013 in ihrem Arbeitspapier zum Verhältnis von Patientenverfügung und Organspende erklärt und aber auch gefordert, dass über diese Zusammenhänge die Bevölkerung genau aufzuklären ist: „Der in der Patientenverfügung ausgedrückte Wunsch nach Therapiebegrenzung ist mit der Bereitschaft zur Organspende und der dafür erforderlichen kurzzeitigen Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen vereinbar.“ BÄK 2013, S. A 573. ↑
-
Parzeller, Markus/Zedler, Barbara/Verhoff, Marcel A.: Rechtliche Grauzone. Zu dem Beitrag: Organprotektive Intensivtherapie beim Organspender. In: Deutsches Ärzteblatt 114 (2017), H. 8, S. 137; vgl. z.B. außerdem genauso: Ethikrat 2015, S. 43-46; Ethikrat Katholischer Träger 2019, S. 25; Erbguth/Dietrich 2014; zur weitreichenden Uneinigkeit vgl. Duttge, Gunnar/Neitzke, Gerald: Zum Spannungsfeld zwischen Intensivtherapie und Organtransplantation. In: DIVI. Mitgliederzeitschrift der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin 6 (4/2015), S. 144-149, hier S. 145. ↑
-
Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft 2020, S. 498 f. ↑
-
Ebd., S. 499. ↑
-
So gab es 2021 in Deutschland insgesamt 1.023687 Sterbefälle. Bei 1133 verstorbenen Menschen wurden Hirntodfeststellungen durchgeführt und abgerechnet (etwa 0,15 Prozent). Vgl. Beckmann, Rainer: Das unbegründete „Hirntod“-Konzept. In Juristische Zeitung 78 (2023), S. 947-957, hier S. 948. ↑
-
Vgl. DSO: Organspende und Transplantation in Deutschland. Jahresbericht 2018. Frankfurt am Main 2019, S. 63. ↑
-
Jeder von uns kann schwerkranken Menschen helfen – bis zu 72 Stunden nach dem Tod. Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation veröffentlicht Jahresbericht 2018. https://gewebenetzwerk.de/dgfg-jahresbericht-2018-gewebespende/#_ftnref1 (20.03.2023) ↑
-
Vgl. Deutsche Gesellschaft für Gewebespende: Jahresbericht 2020. Hannover 2021, S. 9. ↑
-
Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation: Mehr Menschen spenden Gewebe auch unter Corona. Pressemitteilung vom 17.06.2021. In: https://www.presseportal.de/nr/134908 (27.03.2022); ↑
-
Vgl. Fröhlich, Anne: Die Kommerzialisierung von menschlichem Gewebe: Eine Untersuchung des Gewebegesetzes und der verfassungs- und europarechtlichen Rahmenbedingungen. Hamburg 2012, S. 3-31. ↑
-
Vgl. ebd.; Böhnke, Ocka Anna: Die Kommerzialisierung der Gewebespende. Eine Erörterung des Ressourcenmangels in der Transplantationsmedizin unter besonderer Berücksichtigung der Widerspruchslösung. Frankfurt am Main u. a. 2010, S. 72-76; Z.B. heißt es im deutschen Transplantationsgesetz von 1997 unter § 17 Absatz 1 Nr. 2 unter dem Titel: „Verbot des Organhandels“: „(1) Es ist verboten, mit Organen, die einer Heilbehandlung zu dienen bestimmt sind, Handel zu treiben. Satz 1 gilt nicht für […] Arzneimittel, die aus oder unter Verwendung von Organen hergestellt sind und den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes über die Zulassung oder Registrierung unterliegen oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt sind.“ § 17 Abs. 1, Nr. 2 TPG-1997, S. 2637. ↑
-
Vgl. Rieser, Sabine: Ein Herz für Änderungswünsche. In: Deutsches Ärzteblatt 1004 (2007), H. 23, S. A 1623-1624, hier S. A 1623; Fröhlich 2012, S. 4. ↑
-
Vgl. Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation vom 17.06.2021. In: https://www.presseportal.de/nr/134908 (27.03.2022); vgl. Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation: Zahlen zur Gewebespende im Netzwerk der DGFG 2019, S. 1. https://gewebenetzwerk.de/wp-content/uploads/2019/12/PI_Fast-3.000-Menschen-sagen-Ja-zur-Gewebespende_Jahreszahlen-2019-der-DGFG.pdf (20.04.2023) ↑
-
Fröhlich 2012, S. 24. Anne Fröhlich bezieht sich auf den Artikel Jutta vom Hofe: Nur tote Materie? Menschen – das Magazin vom 11.09.2007. ↑
-
Zit. n. Presseerklärung vom 01.01.2023; Deutsche Gesellschaft für Gewebespende: Mangel an Herzklappen immer größer. https://gewebenetzwerk.de/mangel-an-herzklappen-aus-der-gewebespende/ (27.03.23) ↑
-
Ebd. ↑
-
Vgl. Fröhlich 2012, S. 12-24; vgl. außerdem zur Gewebeentnahme: Keller, Martina: Ausgeschlachtet: Die menschliche Leiche als Rohstoff. Berlin 2008; Schreiber, Hans-Ludwig: Rechtliche Aspekte der Organtransplantation. In: Beckmann/Kirste/Schreiber 2008, S. 64-92, hier S. 67 f.; Böhnke 2010. ↑
-
Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft 2020, S. 500. ↑
-
Ebd., S. 498. Vgl. zum Vergütungsanspruch alle zwei Jahre pro Patient: ebd., S. 500. ↑
-
Ebd., S. 500. ↑
-
Ebd., S. 499 (Hervorhebung A.B.). ↑
-
DIVI: Neues Gesetz zur Organ- und Gewebespende: „Der Zeitpunkt der Einsichtnahme in das Register muss verändert werden.“ Aktuelle Meldungen vom 28. Januar 2020. In: https://www.divi.de/aktuelle-meldungen-intensivmedizin/neues-gesetz-zur-organ-und-gewebespende-der-zeitpunkt-der-einsichtnahme-in-das-register-muss-veraendert-werden ↑
-
Zit.n. ebd.; vgl. auch: Intensivmediziner wollen Änderungen am Gesetz zur Organ- und Gewebespende. In: aerzteblatt.de vom 22. Januar 2020. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/108819/Intensivmediziner-wollen-Aenderungen-am-Gesetz-zur-Organ-und-Gewebespende. (20.04.2023) ↑
-
Zit.n. ebd. ↑
-
Zit.n. ebd. ↑
-
So schreibt z.B. der Autor des von der DSO in Auftrag gegebenen Forschungsgutachtens Dr. Karl Blum: „bei Prognose infaust nicht sofortige Therapielimitierung, sondern primär organerhaltende Therapie, neurologische Progredienz [zunehmende Verschlimmerung einer Krankheit] zulassen“. Blum, Karl: Inhousekoordination bei Organspenden. Abschlussbericht. Forschungsgutachten im Auftrag der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Hrsg. von dem Deutschen Krankenhausinstitut. Düsseldorf 2012, S. 71. Diese Instruktion erklärt den ‚Hirntod‘ zu einem therapeutischen Ziel, um die Spenderzahlen zu erhöhen. ↑
-
Vgl. Änderung des Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende (OrgSpEG) durch Artikel 10 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung vom 11. Juli 2021. In: Bundesgesetzblatt 2021 Teil I Nr. 44, S. 2793-2794. ↑
-
Artikel 15d: Änderung des Transplantationsgesetzes, S. 2802-2803. In: Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) vom 11. Juli 2021. In: Bundesgesetzblatt 2021 Teil I Nr. 44, S. 2764-2803. Vgl. zur parlamentarischen Diskussion des GVWG und seine Verabschiedung: Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 234. Sitzg. vom 11. Juni 2021, S. 30343-30351. ↑
-
Vgl. GVWG Artikel 10 2021:Änderung des Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende, S. 2793. ↑
-
GVWG Artikel 15d: Änderung des Transplantationsgesetzes 2021, S. 2802. ↑
-
Ebd. ↑
-
Vgl. ebd., S. 2802. So wurde das Wort „Liegt“ durch folgenden Satz (kursiv) ersetzt: „Hat die Auskunft aus dem Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende nach § 2a Absatz 4 ergeben, dass der mögliche Organ- und Gewebespender keine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abgegeben hat, und liegt dem Arzt, der die Organ- und Gewebeentnahme vornehmen oder unter dessen Verantwortung die Gewebeentnahme nach § 3 Abs. 1 Satz 2 vorgenommen werden soll, weder eine schriftliche Einwilligung noch ein schriftlicher Widerspruch des möglichen Organ- und Gewebespenders vor, ist dessen Angehöriger zu befragen“. ↑
-
Vgl. Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten: § 630d Abs. 1 Satz 1 und2, § 630d Abs. 2 Satz 1 BGB. In BGBl I vom 04.05.2021, S. 882. ↑
-
Vgl. so auch Duttke/Neitzke 2015, S. 148. ↑
-
Vgl. BÄK: Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TPG für die Regeln zur Feststellung des Todes nach § 3 Abs. 1 S. 1Nr. 2 TPG und die Verfahrensregel zur Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 TPG. Fünfte Fortschreibung. In: Deutsches Ärzteblatt vom 8. Juli 2022, S. 1-31; BÄK: Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TPG zur ärztlichen Beurteilung nach § 9a Abs. 2 Nr. 1 TPG (RL BÄK Spendererkennung) vom 01. Juli 2020. Abgedr. in: Deutsches Ärzteblatt, S. A1-A12. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/_old-files/downloads/pdf-Ordner/RL/RiliSpendererkennung_2020-09-01.pdf (20.03.2023); BÄK: Empfehlungen der Bundesärztekammer zur Organspende bei positivem SARS-CoV-2 Befund des potenziellen Spenders. Beschluss des Vorstands der Bundesärztekammer vom 22.04.2022. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Empfehlungen/Empf_SARS-CoV-2-positive-Organspender.pdf.(20.04.2023) ↑
-
Vgl. BÄK Empfehlungen vom 22.04.2022, S. 1. ↑
-
Zit. n. Richter-Kuhlmann, Eva: Organspende: Nebendiagnose Corona. In Deutsches Ärzteblatt 119 (2022), H. 20, S. A 914-915, hier S. A 914. ↑
-
Zit. n. ebd. ↑
-
Vgl. Bergmann 2019, S. 291-296. ↑
-
Geisler, Linus: Der Mensch der Zukunft − aus der Perspektive der Medizin, Festvortrag am 19.03.2005, S. 1-22, hier S. 8. http://www.linus-geisler.de/vortraege/0503goldene_eule.html (27.03.2023) ↑
-
Wilkinson, Dominic/Savulescu, Julian: Should we allow Organ Donation Euthanasia? Alternatives for Maximizing the Number and Quality of Organs for Transplantation. In: Bioethics 26 (2012), H. 1, S. 32-48; Ely, E. Wesley: Death by organ donation: euthanizing patients for their organs gains frightening traction. In: Intensive Care medicine 45 (2019). Onlinepublikation: https://doi.org/10.1007/s00134-019-05702-1 (27.03.2023); Mulder, Johannes/Sonneveld, Hans: Organ Donation after Euthanasia starting with anaesthesia at home is legal in the Netherlands, Belgium, Canada and Spain. In: BMC Medical Ethics 24 (2023), H. 34. Onlinepublikation: https://doi.org/10.1186/s12910-023-00906-z (27-03.2023);Tajaâte, Najat et al.: Organ Donation after Euthanasia starting at home in a Patient with Multiple System Athropy. In: BMC Medical Ethics 22 (2021), H. 120. Onlinepublikation: https://doi.org/10.1186/s12910-021-00686-4 (27.03.2023); Bollen, Jan A.M. et al: Organ donation after euthanasia in children: Belgian and Dutch perspectives. In: British Medical Journal 104 (2018), H. 9. Onlinepublikation: http://dx.doi.org/10.1136/archdischild-2018-315560 (27.03.2023) ↑