Gebhard Focke betrachtet den Tag der Organspende mit einer gehörigen Portion Sarkasmus.
Wenn es Juni wird in Deutschland und der „Tag der Organspende“ naht, kommt ein Tsunami an Werbung auf uns zu, mit dem Ziel, uns dazu zu bringen, unsere Organe „im Falle unseres Todes“ abzugeben.
Wie will man uns dazu bringen?
- Man macht uns ein schlechtes Gewissen: Unseretwegen müssen 8400 Menschen sterben, weil wir zu faul sind, uns von unseren Organen zu trennen.
- Dadurch, dass man uns Beispiele von leidenden Menschen vorführt, bevorzugt Kinder, sollen wir überzeugt werden.
- Dass man nach einer Organspende natürlich genesen ist und sogar den Himalaya besteigen kann, wird suggeriert. Damit das funktioniert, wird
- das Bermudadreieck der Organspende in Tätigkeit versetzt: Es gibt nur Leidende auf der Seite der potentiellen Organempfänger, die mit dem Tode kämpfen. Auf der Seite der Spender gibt es keinen Grund, sich gegen eine Spende zu wenden, es sei denn Unwissenheit oder Hartherzigkeit. Natürlich sind potentielle Spender mausetot; dass sie beatmet werden müssen, ist ganz natürlich – schließlich sollen sie noch etwas Gutes tun, und das geht nicht als Leiche. Wer hier einen Widerspruch sieht, vertraut unseren Ärzten nicht.
- Die „Transparenz“ ist so vollkommen, dass man durch die Gruppe der Betroffenen und deren Angehörige einfach hindurchsieht und sie gar nicht wahrnimmt. Dass diese Menschen sich eventuell das Sterben anders vorstellen als auf dem OP-Tisch – vielleicht im Hospiz oder auf einer Palliativstation, im Kreise ihrer Angehörigen – ist nicht vorgesehen und also auch nicht vorhanden.
- Und natürlich gibt es keinerlei wirtschaftlich-pekuniäre Gründe für diese Medizin. Hier wird nur an die Menschen gedacht, die (auf der richtigen Seite) leiden und denen mit allen Mitteln geholfen werden soll. Wer behauptet, dass sich besonders die großen Kliniken daran gesund stoßen, dass auch viele sinnlose OPs gemacht werden, um die Mindestquote zu erfüllen, die man zur Anerkennung als Transplantationszentrum braucht – verbreitet Fake News.
Mit anderen Worten: Diese Medizin kann erst dann ernst genommen werden, wenn sie die Lage und Interessen der beiden beteiligten Seiten benennt und versucht, diese miteinander zu versöhnen.
Das wird aber nicht gelingen. Wie sagte schon in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts Professor Pichlmayer, einer der ersten einflussreichen Transplanteure in Deutschland: „Wenn wir die Menschen aufklären, bekommen wir keine Organe mehr“.
Bremen, 1.6.2024
Gebhard Focke