Hirntod – der neue Tod bei lebendigem Leib: eine rechtliche Fiktion

Die­ser Vor­trag wur­de von der 1. Vor­sit­zen­den von KAO, Rena­te Grei­nert, am 22.10.2022 in Schwä­bisch Gmünd auf dem Kon­gress „Leben . Wür­de“ gehal­ten. Der Vor­trag erklärt die Ent­wick­lung der Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin von 1967 – 2022.

Mein Name ist Rena­te Grei­nert. Ich bin Mit­glied des gemein­nüt­zi­gen Ver­eins „Kri­ti­sche Auf­klä­rung über Organ­trans­plan­ta­ti­on“, KAO. In die­sem Ver­ein haben sich Eltern zusam­men­ge­schlos­sen, die ein Kind zur Organ­spen­de frei­ge­ge­ben haben.

Völ­lig unauf­ge­klärt, in tie­fem Schock, wur­den wir von Medi­zi­nern in eine Situa­ti­on mani­pu­liert, in der es nicht mehr um das Ster­ben unse­res Kin­des ging, son­dern um das Über­le­ben ande­rer Kin­der. Nach nur 2 ½ Stun­den auf der Inten­siv­sta­ti­on wur­de bei mei­nem Sohn eine Unter­su­chung durch­ge­führt, an deren Ende uns ein Arzt um 20.02 Uhr den Tod von Chris­ti­an mit­teil­te. Den Akten konn­te ich spä­ter ent­neh­men, dass da die ers­te Hirn­tod­un­ter­su­chung statt­ge­fun­den hat­te. Von einer zwei­ten Unter­su­chung bemerk­ten wir nichts, sie ist auch nicht in den Akten zu fin­den, aber ein Sta­ti­ons­arzt und eine Kran­ken­schwes­ter, die für Chris­ti­an zustän­dig waren, haben die­se Unter­su­chung mit einer eides­statt­li­chen Erklä­rung doku­men­tiert. Zwi­schen 1. und 2. Hirn­tod­dia­gnos­tik sind War­te­fris­ten ein­zu­hal­ten, und man ver­kürz­te die War­te­zeit mit einem EEG. In Chris­ti­ans Akte exis­tiert kein EEG, statt­des­sen ein schnell­auf­ge­zeich­ne­tes EKG.

Wir hat­ten den Tod unse­res Kin­des nicht ansatz­wei­se begrif­fen, als man uns um eine Organ­spen­de bat. Als man mir noch sug­ge­rier­te, mein Sohn sei doch sicher ein sozia­ler Mensch, fiel mir lei­der nicht ein, dass er im Alter von 15 ½ Jah­ren gera­de in einer ganz unso­zia­len Pha­se war. Der Hin­weis, dass ande­re Eltern genau­so ver­zwei­felt am Bett ihres Kin­des säßen wie wir gera­de, lenk­te unse­ren Blick weg von unse­rem Kind. Unser Ja zur Organ­spen­de war aus­schließ­lich ein Nein zu noch mehr Tod. Wir stimm­ten zu, in der Mei­nung, es gin­ge um eine Organ­spen­de, und kei­ner von uns begriff zu dem Zeit­punkt, dass wir unse­ren Sohn zur größ­ten Ope­ra­ti­on sei­nes Lebens zurück­lie­ßen. Man ent­nahm ihm Herz, Leber, Nie­ren, Milz und die Augen, ja, man säg­te sogar die Becken­kamm­kno­chen aus sei­nem Kör­per. Laut Akten hat­ten wir einer Mul­ti­or­gan­ent­nah­me zugestimmt.

Ich habe mei­nen Sohn am Tag sei­ner Beer­di­gung noch ein­mal gese­hen. Jetzt war er rich­tig tot. Er war lei­chen­blass, kalt wie Stein, sei­ne Augen fehl­ten und ein Schnitt zog sich von sei­ner Kinn­spit­ze bis tief in den Aus­schnitt sei­nes Hem­des. Da erst wur­de mir bewusst, dass ich ein Kind im Kran­ken­haus zurück­ge­las­sen hat­te, das beatmet wur­de, warm war, behan­delt wur­de wie ein Leben­der, des­sen Gerä­te am Bett Kur­ven auf­zeich­ne­ten, das immer noch Infu­sio­nen bekam und aus des­sen Kör­per Flüs­sig­keit lief.

Die­se bei­den Bil­der, das von mei­nem beatme­ten Kind, das ich im Kran­ken­haus zurück­ge­las­sen hat­te, und das von dem Kind, das ich auf dem Fried­hof wie­der­traf, konn­te ich nicht begrei­fen, konn­te ich nicht zur Deckung brin­gen. Tod war für mich bis dahin immer ein­deu­tig. Jetzt gab es zwei Tode.

Was war das für ein Tod, den mein Sohn im Kran­ken­haus gestor­ben war?

Mein Mann und ich haben zusam­men 6 Kin­der, wir leben in Wolfs­burg, der Auto­stadt. Die Sicher­heit, dass mir nicht noch ein­mal die Fra­ge nach einer Organ­spen­de gestellt wür­de, hat­te ich nicht. Ich muss­te begrei­fen, wozu ich ja gesagt hatte.

Ich habe jah­re­lang nach Infor­ma­tio­nen im In- und Aus­land gesucht und erfah­re auch heu­te immer wie­der Neu­es, da die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin sich kon­ti­nu­ier­lich wei­ter­ent­wi­ckelt. An die­ser Suche möch­te ich Sie teil­ha­ben las­sen, damit es Ihnen nicht so ergeht, wie es uns betrof­fe­nen Eltern erging. Ein Ja zur Organ­spen­de ist nicht wie ein Staub­saug­er­kauf an der Haus­tür rück­gän­gig zu machen. Mit den Kon­se­quen­zen wer­den Sie bis zu Ihrem Lebens­en­de leben müssen.

Geht es um eine Organ­spen­de, geht es immer um den Hirntod!

Die Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die Bedeu­tung des Hirn­tods im Ster­be­pro­zess eines Men­schen haben auch in der Wis­sen­schaft zu erbit­ter­ten Gra­ben­kämp­fen geführt. Auf der einen Sei­te ste­hen die Trans­plan­ta­ti­ons­chir­ur­gen, Befür­wor­ter der Hirn­tod­de­fi­ni­ti­on, die 1968 mit Hil­fe einer prag­ma­ti­schen Umbe­nen­nung des „irrever­si­blen Komas“ in „Hirn­tod“ die Grund­la­ge zur Ent­nah­me von vita­len Orga­nen schu­fen. Die­se Umde­fi­nie­rung ist eine juris­ti­sche Erfin­dung, um den irrever­si­blen Hirn­tod der Gesell­schaft als „Tod“ zu ver­kau­fen. Man nennt das im Eng­li­schen „legal fic­tion“. Eine recht­li­che Fik­ti­on[1] behan­delt Umstän­de als recht­lich gege­ben, obwohl sie in Wirk­lich­keit nicht vor­han­den sind.

So wur­den für die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin Organ­über­tra­gun­gen möglich.

Auf der ande­ren Sei­te ste­hen die Kri­ti­ker des Hirn­to­des, die irrever­si­bel hirn­to­te Men­schen nicht als tot anse­hen, son­dern als noch lebend. Denn die­se Men­schen haben einen eige­nen Herz­schlag, Blut­kreis­lauf und intak­te Orga­ne, deren kom­ple­xe Funk­tio­nen und Inter­ak­tio­nen – von der Ver­dau­ung, Wund­hei­lung und Immun­ab­wehr bis zum Wachs­tum und zur Mög­lich­keit, eine Schwan­ger­schaft über Wochen wei­ter­zu­füh­ren ( sie­he z.B. „Erlan­ger Baby“) – erhal­ten sind. Man kann und muß die­se Pati­en­ten beatmen, damit sie nicht ver­ster­ben. Eine Lei­che aber kann man nicht beatmen, wie der Inten­siv­me­di­zi­ner Pao­lo Bava­s­tro so treff­lich erklär­te: einen Toten kön­ne man nur auf­bla­sen. [2]

Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um, Kran­ken­kas­sen und Ärz­te sind per Gesetz gehal­ten, die Gesell­schaft umfas­send auf­zu­klä­ren. Sie ver­ste­hen jedoch ihren Auf­trag ein­sei­tig, indem sie nur die Bedürf­nis­se des Emp­fän­gers the­ma­ti­sie­ren: sie wer­ben für die Organ­spen­de mit dem Argu­ment der Nächs­ten­lie­be, und sie ver­su­chen mit dem Hin­weis auf lan­ge War­te­lis­ten Druck auf die Gesell­schaft aufzubauen.

Die Poli­tik ver­sucht, die unauf­ge­klär­ten Bür­ger zu einer Ent­schei­dung zu drän­gen. Unbe­merkt von der Gesell­schaft ver­ab­schie­det sie Geset­ze, z.B. das „Gesetz für bes­se­re Zusam­men­ar­beit und bes­se­re Struk­tu­ren bei der Organ­spen­de“ (GZSO), das die Schlin­ge um die poten­ti­el­len Organ­spen­der enger und immer enger zieht und auch den Ange­hö­ri­gen immer mehr Rech­te nimmt. Die Poli­tik will die Wider­spruchs­re­ge­lung durch­set­zen, was heißt, dass der, der nicht wider­spro­chen hat, auto­ma­tisch Organ­spen­der ist. Sie glaubt, das Recht dazu zu haben, weil bei Befra­gun­gen 84% der Gesell­schaft für die Organ­spen­de sei. Aber war­um sind so vie­le Men­schen dafür? Die Fra­ge­stel­lung ist so geschickt for­mu­liert, dass sug­ge­riert wird, dass es so viel wahr­schein­li­cher sei, dass man ein Organ braucht, als dass einem sei­ne Orga­ne genom­men wer­den. Außer­dem lässt man die Men­schen bewusst in dem Glau­ben, dass sie wahr­haft tot sind, wenn sie explan­tiert wer­den. Unter die­sen Vor­aus­set­zun­gen und unter dem Aus­blen­den der mög­li­chen Kom­pli­ka­tio­nen für den Organ­emp­fän­ger sind vie­le Men­schen für die Organ­spen­de. Die meis­ten von uns wol­len gute und hilfs­be­rei­te Men­schen sein.

Um sich eine fun­dier­te Mei­nung zu bil­den auf wel­cher Sei­te des Gra­bens man sel­ber ste­hen möch­te, ist es wich­tig, umfas­send Fak­ten zu sam­meln, die man in sein gan­zes Wis­sen, sei­ne eige­ne Erfah­rung und sei­ne Kul­tur inte­grie­ren muss.

Die im Zusam­men­hang mit der Organ­spen­de immer wie­der pro­pa­gier­te Nächs­ten­lie­be rüt­telt an dem Grund­pfei­ler unse­res Chris­ten­tums. Es heißt dort nicht nur: Lie­be dei­nen Nächs­ten son­dern lie­be dei­nen Nächs­ten wie dich selbst und Gott über alles. Nur in die­ser Drei­fach­for­de­rung, hat die Nächs­ten­lie­be Sta­bi­li­tät. Heben wir nicht auch Gebo­te auf, wie z.B. das ers­te Gebot: Ich bin der Herr dein Gott, du sollst nicht ande­re Göt­ter haben neben mir, oder das 5. Gebot: Du sollst nicht töten, oder das 10. Gebot: Du sollst nicht begeh­ren was dei­nes Nächs­ten ist. Die Hier­ar­chie der katho­li­schen Kir­che, die sonst den Stand­punkt ver­tritt, Du kannst nicht Gutes tun, wenn Du einem ande­ren Mensch dadurch scha­dest, schweigt hier.

Immer­hin hat die Evan­ge­li­sche Kir­che Deutsch­land auf den vehe­men­ten Pro­test ein­zel­ner Theo­lo­gen einen klei­nen aber bedeu­ten­den Schritt getan, indem sie nun nicht mehr davon spricht, dass Organ­spen­de ein Akt der christ­li­chen Nächs­ten­lie­be ist son­dern sein kann.

Wir haben auch eine jahr­tau­sen­de­al­te Bestat­tungs­kul­tur. Der fei­er­li­che und trös­ten­de Satz: Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub wird aus­ge­he­belt, zuguns­ten, einer ober­ir­di­schen Wiederverwertung.

Hirn­to­te Men­schen gibt es, seit es die künst­li­che Beatmung gibt. Für die meis­ten Pati­en­ten ein Segen, denn mit der künst­li­chen Beatmung kann man einen schwer trau­ma­ti­sier­ten Men­schen unter­stüt­zen, bis er sich so weit erholt hat, dass er wie­der selb­stän­dig atmen kann. Beatme­te Pati­en­ten sind ein Nor­mal­fall auf der Inten­siv­sta­ti­on. Und das Ziel ist, dass sie sich wie­der erho­len. Aber es gibt immer wie­der Pati­en­ten, die trotz aller neu­en tech­ni­schen Errun­gen­schaf­ten und dem Kön­nen der Ärz­te es nicht wie­der schaf­fen, selb­stän­dig zu atmen.

Das aber sind Extrem­fäl­le der Inten­siv­me­di­zin. Gefan­gen in ihrem Zustand, kön­nen sie auch heu­te nur in sel­te­nen Fäl­len wie­der ins Leben zurück­ge­holt wer­den. Aber den­noch gibt es sie.

Die­se Extrem­fäl­le wur­den bis 1968 als lebend ange­se­hen, wur­den ver­sorgt und gepflegt wie jeder Inten­siv­pa­ti­ent, und es war bei Stra­fe ver­bo­ten, die Gerä­te abzu­schal­ten, die sie am Ster­ben hinderten.

Gleich­zei­tig zu die­ser Situa­ti­on ent­wi­ckel­te sich die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin. Sie konn­te mehr als sie zunächst vom Gesetz her durf­te, und kam an ihre Gren­zen. Ein Mensch, gera­de ver­stor­ben, dem man Orga­ne ent­nahm, hat­te schon so vie­le klei­ne Embo­lien in sei­nen Orga­nen, dass die Organ­über­tra­gun­gen zum Schei­tern ver­ur­teilt waren. Man brauch­te fri­sche­re Orga­ne, lebende.

Da presch­te der süd­afri­ka­ni­sche Chir­urg, Chris­tia­an Bar­nard vor und ent­nahm einem ster­ben­den Pati­en­ten die noch leben­den Organe.

Damit war der Rubi­kon überschritten.

Was im fer­nen Süd­afri­ka mög­lich war, galt zunächst aber nicht für die rest­li­che Welt. Die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zi­ner fie­ber­ten, es dem Süd­afri­ka­ner gleich­zu­tun zu dürfen.

Es gab kei­ne neu­en Erkennt­nis­se, kei­ne neu­en Fak­ten zu den irrever­si­bel koma­tö­sen Pati­en­ten, aber es gab neue Bedürfnisse. 

Unter Füh­rung des Anäs­the­sis­ten und Hirn­tod­pio­niers Hen­ry Bee­cher, Lei­ter einer Hirn­tod­kom­mis­si­on, gelang es ame­ri­ka­ni­schen Wis­sen­schaft­lern, die­se beatme­ten Extrem­fäl­le der Inten­siv­me­di­zin als hirn­tot und damit als tot zu defi­nie­ren, angeb­lich um die hohen Kos­ten zu sen­ken, um Pfle­ge­per­so­nal und Ange­hö­ri­ge von einer belas­ten­den Situa­ti­on zu befrei­en und Inten­siv­bet­ten ande­ren Men­schen zur Ver­fü­gung stel­len zu kön­nen. Es ging der Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin dar­um, den Hirn­tod als neu­en Tod zu defi­nie­ren und nicht als Kri­te­ri­um, das Beatmungs­ge­rät abzu­stel­len und den Pati­en­ten in Ruhe ster­ben zu las­sen. In Absatz 2 der Hirn­tod­de­fi­ni­ti­on steht bereits, dass es sonst zu Pro­ble­men bei der Organ­be­schaf­fung kom­men könnte.

Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zi­ner waren die neu­en Stars am Chir­ur­gen­him­mel, und die Gesell­schaft wur­de im Unkla­ren dar­über gelas­sen, dass eine ein­fa­che Umde­fi­nie­rung von Pati­en­ten an der Schwel­le zwi­schen Leben und Tod von „irrever­si­bel Koma­tö­sen“ zu „irrever­si­bel Hirn­to­ten“ die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin mög­lich machte

Bis heu­te haben sogar vie­le Medi­zi­ner und Poli­ti­ker die­sen Trick nicht durch­schaut und wer­ben des­halb eif­rig für die Organentnahme.

Aber es gab von Anfang an ernst­zu­neh­men­de Kri­tik von Men­schen aller Berufs­grup­pen, her­aus­ra­gend auch noch heu­te die Kri­tik des Phi­lo­so­phen Hans Jonas, 1986 in Ham­burg, in der Katho­li­schen Aka­de­mie, Zitat: „Einer Berufs­grup­pe, die schon ein­mal fähig war aus ande­ren Men­schen Sei­fe zu machen, darf man die Defi­ni­ti­ons­ge­walt über Leben und Tod nicht allein über­las­sen“. Hans Jonas war als Jude nach der Macht­er­grei­fung der Nazis 1933 aus Deutsch­land aus­ge­wan­dert, sei­ne Mut­ter jedoch wur­de in Ausch­witz ermor­det. Hans Jonas mach­te sich auf der Inten­siv­sta­ti­on selbst ein Bild von den Pati­en­ten, die man für hirn­tot erklär­te. Auf Grund sei­nes eige­nen Schick­sals war er sen­si­bel dafür, zu ver­ste­hen und zu durch­schau­en, was die prag­ma­ti­sche Umde­fi­nie­rung des Todes in Hirn­tod für den Spen­der wie für die Gesell­schaft bedeu­te­te.[3]

Er wies dar­auf hin, dass die Gesell­schaft sich gar nicht vor­stel­len könn­te, was in der Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin pas­sier­te, denn dort geschä­he das Unvorstellbare.

Oder Prof Alan Shew­mon, päd­ia­tri­scher Neu­ro­lo­ge und Bio­ethi­ker, der als zunächst eif­ri­ger Befür­wor­ter des Hirn­tod­kon­zep­tes die Erfah­rung machen muss­te, dass ein von ihm als hirn­tot defi­nier­ter drei­jäh­ri­ger Jun­ge, eben kei­ne Lei­che war, son­dern wuchs, ver­schie­de­ne Krank­hei­ten durch­mach­te, und auch noch in die Puber­tät kam.

Alan Shew­mon unter­such­te dar­auf­hin mehr als 170 Fäl­le von hirn­to­ten Pati­en­ten und ent­wi­ckel­te sich vom Befür­wor­ter zu einem über­zeug­ten, über­zeu­gen­den Kri­ti­ker des Hirntodkonzeptes.

Seit 1968 las­sen sich die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zi­ner als Lebens­ret­ter von Pati­en­ten mit Organ­ver­sa­gen fei­ern. Sie bezeich­nen die Organ­über­tra­gung inzwi­schen als Rou­ti­ne­ein­griff, obwohl sie das Haupt­pro­blem, nicht in den Griff bekommt. Das Immun­sys­tem des Spen­ders passt mit dem des Emp­fän­gers nicht zusam­men, denn die Indi­vi­dua­li­tät jedes Men­schen geht bis in sei­ne letz­te Körperzelle.

Es muss die Fra­ge erlaubt sein, woher die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zi­ner die vie­len Spen­der, die sie nun brauch­te, her­neh­men woll­te? Es waren ja Extrem­fäl­le der Inten­siv­me­di­zin, von denen es viel­leicht 1 oder 2 Fäl­le pro Jahr auf einer Inten­siv­sta­ti­on gab.

Seit 1979 haben wir auch die Helm-und Anschnall­pflicht, Unfall­schwer­punk­te wer­den mini­miert, das heißt, die Zahl der klas­si­schen Hirn­to­ten mit schwe­rem Schä­del­hirn­trau­ma redu­zier­ten sich noch wei­ter. Auch hier wie­der griff man zu einem ein­fa­chen Trick, man locker­te ein­fach die Kri­te­ri­en für den Hirn­tod. Durf­te 1968 ein als hirn­tot defi­nier­ter Mensch kei­nen ein­zi­gen Reflex mehr haben, so wur­de die­ses Kri­te­ri­um schon ein hal­bes Jahr spä­ter fal­len­ge­las­sen. Heu­te dür­fen hirn­to­te Män­ner 17, hirn­to­te Frau­en 14 Refle­xe haben. Welt­weit haben wir mehr als 30 ver­schie­de­ne Hirn­tod­de­fi­ni­tio­nen. Für die Gesell­schaft heißt das, sind Sie in einem Land als hirn­tot dia­gnos­ti­ziert, sind sie es in einem ande­ren Land noch lan­ge nicht. Es ist nicht zu fas­sen, der einst ein­deu­ti­ge Tod ist abhän­gig von einer Definition.

Wer darf defi­nie­ren? Die Medi­zi­ner, die Ange­hö­ri­gen, viel­leicht die Kirchen?

Seit­dem 2013 in Kali­for­ni­en Jahi McMath von meh­re­ren Hirn­tod­spe­zia­lis­ten als irrever­si­bel hirn­tot defi­niert wur­de, den­noch aber nach mehr als einem Jahr auf Auf­for­de­rung ihrer Mut­ter Hand und Fuß beweg­te, droht das Gebäu­de vom irrever­si­blen Hirn­tod in sich zusammenzufallen.

2018 ver­an­stal­te­te die Har­vard Medi­cal School of Bio­e­thics einen inter­na­tio­na­len Kon­gress zu Jahi McMath und zahl­rei­chen ande­ren Fäl­len. Die Medi­zi­ner spra­chen von der „Lim­bo Line“, der Lat­te, die in der Kari­bik beim Tanz zwar immer tie­fer gelegt wird, beim Hirn­tod aber immer wei­ter ins Leben ver­scho­ben wird.

In den mehr als 50 Jah­ren der Organ­über­tra­gung wur­den also die Kri­te­ri­en für den Hirn­tod immer wei­ter gelo­ckert. Außer­dem wur­den Schlag­an­fall­pa­ti­en­ten mit Hirn­blu­tung und Herz­still­stand zur Organ­spen­de her­an­ge­zo­gen. Außer­dem die vie­len vie­len Alten, die im Heim leben, die kurz, bevor sie ver­ster­ben, noch­mal ins Kran­ken­haus ver­legt wer­den. Dort kön­nen sie einen kon­trol­lier­ten Tod ster­ben. Sie lie­fern zwar nur mar­gi­na­le Orga­ne, aber frem­de Orga­ne im eige­nen Kör­per hal­ten sowie­so nicht jah­re­lang, son­dern müs­sen immer aus­ge­tauscht wer­den, es sei denn, der Emp­fän­ger ver­stirbt vorher.

Von Anbe­ginn der Organ­über­tra­gung an muss­te geheim gehal­ten wer­de, dass Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zi­ner und das beglei­ten­de Per­so­nal bei der Organ­ent­nah­me genau wuss­ten, dass sie es mit Pati­en­ten zu tun hat­ten, die erst durch die Ent­nah­me ihrer Orga­ne ver­star­ben. Schon Ende der 80-er Jah­re äußer­te ein Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zi­ner mir gegen­über: Wenn wir die Gesell­schaft auf­klä­ren, bekom­men wir kei­ne Orga­ne mehr.

Die Defi­ni­ti­on, Hirn­tod gleich Tod, und die Frag­men­tie­rung der Ver­ant­wort­lich­kei­ten half Medi­zi­nern und Ope­ra­ti­ons­per­so­nal, die­se schi­zo­phre­ne Situa­ti­on zu meis­tern. Hirn­to­te Pati­en­ten kön­nen sich bewe­gen, auf­rich­ten oder gur­geln­de Lau­te aus­sto­ßen. Sie wer­den anäs­the­siert, bekom­men mus­kel­ent­span­nen­de Medi­ka­men­te. Anäs­the­sis­ten, die am Hirn­tod­kon­zept zwei­feln, geben vor­sichts­hal­ber eine Voll­nar­ko­se. Die DSO emp­fiehlt zur Opti­mie­rung der Ent­nah­me Fen­ta­nyl, ein star­kes Opio­id­an­al­ge­ti­cum. Manch­mal ver­sagt der Orga­nis­mus des “Spen­ders“ noch vor der Ent­nah­me sei­ner Orga­ne. Dann wird er wie­der­be­lebt. Wenn der Leib des Spen­ders mit Sägen geöff­net, die Kör­per­hälf­ten mit Zwin­gen aus­ein­an­der­ge­spreizt wer­den, fällt der Blick aller Betei­lig­ten auf das schla­gen­de Herz. Das irri­tiert selbst noch das anwe­sen­de Personal

Auf wel­cher Sei­te des Gra­bens ste­he ich jetzt?

Immer noch wird der Pati­ent die nächs­ten 6 – 8 Stun­den beatmet, im Leben gehal­ten, solan­ge bis alle benö­tig­ten Orga­ne frei prä­pa­riert sind. Erst dann wird die Beatmung abge­stellt. Ver­stirbt der Pati­ent wäh­rend der Organ­ent­nah­me, muss er reani­miert wer­den. Lei­chen kann man nicht reani­mie­ren Hirn­to­te schon. Es geht über­haupt sehr dring­lich zu, ist ein Pati­ent für eine Organ­ent­nah­me vor­ge­se­hen. Schon bei der Ein­lie­fe­rung in die Not­auf­nah­me ist ein Trans­plan­ta­ti­ons­be­auf­trag­ter zur Stel­le. Jetzt müs­sen schon die Wei­chen gestellt wer­den für eine opti­ma­le Organ­ent­nah­me. Die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zi­ner füh­ren immer an, dass poten­ti­el­le Organ­spen­der opti­mal behan­delt wer­den. Ja, das stimmt, aber sie wer­den opti­mal nicht für das eige­ne Leben ver­sorgt, son­dern bereits für die poten­ti­el­len Organ­emp­fän­ger behan­delt. Sie bekom­men nur noch Medi­ka­men­te, die den Emp­fän­gern nicht scha­den und sol­che, die einer Hirn­tod­dia­gnos­tik nicht im Wege ste­hen, wie z.B. Schmerz­mit­tel und Beru­hi­gungs­mit­tel, die die Hirn­tod­dia­gnos­tik ver­fäl­schen kön­nen, die für den ster­ben­den Spen­der not­wen­dig sind. Es kön­nen Unter­su­chun­gen für die spä­te­ren Emp­fän­ger not­wen­dig sein, zum Bei­spiel ein Herz­ka­the­ter, eine Bron­cho­sko­pie oder eine Darm­spie­ge­lung, die für den im Ster­ben Lie­gen­den nur noch Quä­le­rei und Stress bedeu­ten. Auch die Dia­gnos­tik wird letz­ten Endes nur durch­ge­führt, weil eine Organ­ent­nah­me geplant ist.

Die Hirn­tod Dia­gnos­tik ist inter­na­tio­nal zuneh­mend Kri­tik aus­ge­setzt. Inter­es­san­ter­wei­se von eins­ti­gen Befür­wor­tern. So erklär­te kürz­lich der Neu­ro­lo­ge James L. Ber­nat, einer der füh­ren­den ame­ri­ka­ni­schen Befür­wor­ter des Hirn­tod­kon­zep­tes, dass die Hirn­tod­dia­gnos­tik gar nicht unter­su­chen kön­ne, was sie spä­ter bestä­tig­te. Aria­ne Lewis, Neu­ro­chir­ur­gin und Neu­ro­lo­gin, schlägt eine Über­ar­bei­tung und Neu­fas­sung der Richt­li­ni­en zur Fest­stel­lung des Hirn­to­des vor. Sie plä­diert dafür, dass das Zwi­schen­hirn nicht mehr zum Hirn dazu gehört. Wenn das Zwi­schen­hirn aus­ge­glie­dert wird, von dem all die kom­pli­zier­ten Pro­zes­se gesteu­ert wer­den, die den Kör­per im Gleich­ge­wicht hal­ten, ist die Schalt­stel­le zwi­schen vege­ta­ti­vem Ner­ven­sys­tem und dem Hor­mon­sys­tem nicht mehr rele­vant. Prak­ti­scher­wei­se kann man dann Lebens­zei­chen des poten­ti­el­len Spen­ders ignorieren.

2018 in Har­vard beim Kon­gress zum Hirn­tod sprach der Neu­ro­chir­urg Gre­er von der soge­nann­ten „slip­pery slo­pe“: dem glit­schi­gen Abhang, auf dem die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zi­ner sich befänden.

Vor­bei an der Bevöl­ke­rung haben die Befür­wor­ter der Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin jahr­zehn­te­lang in einem Elfen­bein­turm dis­ku­tiert, nun haben sie Pro­ble­me, dass ihre Dis­kus­sio­nen und Tun öffent­lich wer­den. 2018 wur­de sehr deut­lich, war­um eine Organ­ent­nah­me so schnell nach Fest­stel­lung des Hirn­to­des statt­fin­den muß. Die Medi­zi­ner haben Angst davor, dass die gefor­der­te Irrever­si­bi­li­tät des Hirn­to­des eines Pati­en­ten nicht von Dau­er ist.

Die Zeit­span­ne, die man einen Hirn­to­ten am Leben hal­ten kann, behaup­te­te die inter­na­tio­na­le Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin, sei sehr kurz. 1968 aber reich­te sie mit der gegen­tei­li­gen Begrün­dung, dass die­se Pati­en­ten jah­re­lang Kos­ten ver­ur­sach­ten, Bet­ten beleg­ten und Ange­hö­ri­ge wie Per­so­nal belas­te­ten, dass die­se Men­schen in Tote, Hirn­to­te umde­fi­niert wur­den. Inzwi­schen geben die Ame­ri­ka­ner unter Füh­rung des Anäs­the­sis­ten und Prä­si­den­ten der Har­vard Medi­cal School, Prof. Robert Truog zu, dass das nicht stim­me. Die Organ­ent­nah­me nennt er jus­ti­fied kil­ling, gerecht­fer­tig­tes Töten. Er for­dert, die Gesell­schaft müs­se minu­ti­ös über den Hirn­tod auf­ge­klärt wer­den. Auf der einen Sei­te zwin­gend not­wen­dig, ande­rer­seits aber auch ein wei­te­rer Schritt in Rich­tung Frag­men­tie­rung von Ver­ant­wort­lich­kei­ten. Ich sehe das als eine zweck­ge­bun­de­ne Ehr­lich­keit, viel­leicht sogar noch einen wei­te­ren Trick, die Ver­ant­wor­tung nun auch noch mit der Gesell­schaft zu teilen.

In Deutsch­land herrscht eisi­ges Schweigen.

Es gibt auch heu­te kei­ne neu­en Erkennt­nis­se zum Leben oder Tod des Hirn­to­ten. Der Gra­ben zwi­schen den Befür­wor­tern und den Kri­ti­kern des Hirn­to­des wird immer tie­fer. In Deutsch­land gibt es immer wie­der Ver­su­che, Geset­zes­än­de­run­gen an der Gesell­schaft vor­bei zu verabschieden.

Seit 1997 haben wir in Deutsch­land ein Trans­plan­ta­tions­ge­setz. Bis dahin arbei­te­te die TX im rechts­frei­en Raum. Die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zi­ner wuss­ten genau, wie wacke­lig ihre Posi­ti­on ist, für sie ging es dar­um, als Lebens­ret­ter ihrer Pati­en­ten dazu­ste­hen und nicht als die­je­ni­gen, die ande­ren zu die­sem Zwe­cke das Leben nah­men. Das 1. TX Gesetz wur­de mit einer Zwei­drit­tel Mehr­heit, 629 von 449, in Deutsch­land ver­ab­schie­det, nach­dem es in allen Medi­en, Land­ta­gen, im Ethik­rat jah­re­lan­ge erbit­ter­te Dis­kus­sio­nen gege­ben hat­te. 2015 erklär­te Frau Prof Woo­pen, Vor­sit­zen­de des dama­li­gen Ethik­ra­tes, dass der Hirn­tod nicht der Tod des Men­schen sei, die Organ­spen­de aber mög­lich sei, wenn die Bevöl­ke­rung umfas­send auf­ge­klärt sei und begrei­fe, was sie tut.

Als das ers­te Trans­plan­ta­tions­ge­setz in Deutsch­land ver­ab­schie­det wur­de, prä­sen­tier­te der Gesetz­ge­ber der Bevöl­ke­rung die erwei­ter­te Zustim­mungs­lö­sung. Wenn der poten­ti­el­le Spen­der kei­ne Ent­schei­dung vor sei­nem Hirn­tod gefällt hat­te, durf­ten Ange­hö­ri­ge an sei­ner Statt eine Ent­schei­dung fäl­len, hat­ten aber den mut­maß­li­chen Wil­len des Spen­ders zu beach­ten. Medi­zi­ner, Trans­plan­ta­ti­ons­ko­or­di­na­to­ren und Kli­nik­pfar­rer wur­den sorg­fäl­tig geschult, um Ange­hö­ri­gen in die­ser extre­men Situa­ti­on ein „Ja“ zur Organ­spen­de abzu­rin­gen. 2007 wur­de das Gesetz durch das The­ma Gewe­be­spen­de erwei­tert. 2012 wur­de die Ent­schei­dungs­lö­sung ver­ab­schie­det und 2020 die bis­lang letz­te Ände­rung des Trans­plan­ta­ti­ons­ge­set­zes; das „Gesetz zur Stär­kung der Entscheidungsbereitschaft“.

Es hat sich inzwi­schen eine mil­li­ar­den­schwe­re Phar­ma­in­dus­trie neben der Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin ent­wi­ckelt, die auch bedient wer­den will. Aber die Spen­der bre­chen weg. Es gibt ein­fach weni­ger poten­ti­el­le Organ­spen­der. Unser jet­zi­ger Gesund­heits­mi­nis­ter, Prof. Lau­ter­bach, will des­halb die nächs­te Geset­zes­lö­sung durch­set­zen, näm­lich die Wider­spruchs­lö­sung. Wer nicht wider­spro­chen hat, ist auto­ma­tisch Organspender.

Mei­ne Suche nach Infor­ma­tio­nen hat mich bis zum heu­ti­gen Tag geführt. Es gibt nichts, was ich in mei­nem Leben so bedaue­re, wie die­se Ent­schei­dung, die ich nicht rück­gän­gig machen kann. Mei­ne Hoff­nung ist nun, nach­dem Sie mir eine hal­be Stun­de lang zuge­hört haben, dass Sie sich bit­te unbe­ein­flusst von Inter­es­sen­ver­bän­den, Poli­ti­kern oder der Bun­des­zen­tra­le für gesund­heit­li­che Auf­klä­rung, BzgA, infor­mie­ren, ehe Sie eine Ent­schei­dung fäl­len. Die Mög­lich­keit dazu haben Sie, z.B. auf der Web­site von KAO oder auf unse­rer Face­book Sei­te, wo regel­mä­ßig die neu­es­ten inter­na­tio­na­len Fach­ar­ti­kel zum Hirn­tod erschei­nen. Was Sie aus die­sen Infor­ma­tio­nen machen, ist abso­lut Ihre Sache, aber beden­ken Sie, Ihre Ent­schei­dung muss stand­hal­ten, wenn sie auf dem Ope­ra­ti­ons­tisch lie­gen und nach der Qua­li­tät ihrer Orga­ne beur­teilt wer­den. Beden­ken Sie auch, dass Ihre Ange­hö­ri­gen mit ihrer Ent­schei­dung leben müs­sen, wenn sie nach­träg­lich erfah­ren, wie umstrit­ten der Hirn­tod ist. Und fra­gen Sie sich auch, wann der Zeit­punkt am bes­ten ist, an die Bedürf­nis­se ande­rer Men­schen zu den­ken, jetzt, mit­ten im Leben oder wenn es um ihr eige­nes Ster­ben geht.

  1. Als Fik­ti­on bezeich­net die Rechts­wis­sen­schaft die Anord­nung des Geset­zes, tat­säch­li­che oder recht­li­che Umstän­de als gege­ben zu behan­deln, obwohl sie in Wirk­lich­keit nicht vor­lie­gen. Hier­bei kann die Fik­ti­on das genaue Gegen­teil der tat­säch­li­chen Umstän­de als recht­lich ver­bind­lich fest­le­gen. Sie­he https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​F​i​k​t​i​o​n​_​(​Recht) Auf­ge­ru­fen am 22.11.2022

  2. Pao­lo Bavastro,“Organspende – der umkämpf­te Tod“, Urach­haus 1995)

  3. Hans Jonas (1903 – 1992) befand 1968 zum Hirn­tod­kon­zept (in „Tech­nik, Medi­zin und Ethik. Zur Pra­xis des Prin­zips Ver­ant­wor­tung“, Insel Ver­lag 1990, S. 228 ff) „Beim irrever­si­blen Koma, wie die Har­vard-Grup­pe es defi­nier­te, ist der sprin­gen­de Punkt natür­lich genau der, dass es ein Zustand ist, der die Reak­ti­vie­rung irgend­ei­nes Gehirn­teils in jedem Sin­ne aus­schließt. Das Gehirn, so müs­sen wir dann sagen, ist tot. Wir haben dann einen „Orga­nis­mus als gan­zen“ minus Gehirn, der in einem Zustand par­ti­el­len Lebens erhal­ten wird, solan­ge die Lun­gen­ma­schi­ne und ande­re Hilfs­mit­tel am Wer­ke sind. Und hier ist mei­nem Dafür­hal­ten nach die rich­ti­ge Fra­ge nicht: ist der Pati­ent gestor­ben?, son­dern: was soll mit ihm – immer noch ein Pati­ent – gesche­hen? (…) Nach alle­dem ist mein Argu­ment sehr ein­fach. Es ist dies: Die Grenz­li­nie zwi­schen Leben und Tod ist nicht mit Sicher­heit bekannt, und eine Defi­ni­ti­on kann Wis­sen nicht erset­zen. Der Ver­dacht ist nicht grund­los, dass der künst­lich unter­stütz­te Zustand des koma­tö­sen Pati­en­ten immer noch ein Rest­zu­stand von Leben ist (wie er bis vor kur­zem auch medi­zi­nisch all­ge­mein ange­se­hen wur­de) (…) Dar­aus folgt, dass Ein­grif­fe, wie ich sie beschrieb, der Vivi­sek­ti­on gleich­zu­ach­ten sind und unter kei­nen Umstän­den an einem mensch­li­chen Kör­per statt­fin­den dür­fen.“