Der "Hirntod" entbehrt medizinischer, moralischer und rechtlicher Grundlagen und ist eine verdeckte Form der Euthanasie

Dies ist die deut­sche Über­set­zung des Ori­gi­nal­tex­tes von Dr. med. Hei­di Kles­sig in eng­li­scher Spra­che:
www​.respect​for​human​li​fe​.com/​p​o​s​t​/​b​r​a​i​n​-​d​e​a​t​h​-​l​a​c​k​s​-​m​e​d​i​c​a​l​-​m​o​r​a​l​-​a​n​d​-​l​e​g​a​l​-​f​o​u​n​d​a​t​i​o​n​s​-​a​n​d​-​i​s​-​a​-​c​o​n​c​e​a​l​e​d​-​f​o​r​m​-​o​f​-​e​u​t​h​a​nasia

Dr. med. Hei­di Kles­sig ist Anäs­the­sis­tin und Schmerz­the­ra­peu­tin im Ruhe­stand und schreibt und spricht über die Ethik der Organ­ent­nah­me und ‑trans­plan­ta­ti­on. Sie ist die Autorin des Buches The Brain Death Fall­a­cy (Die Hirn­tod-Täu­schung), und ihre Arbeit ist unter respect​for​human​li​fe​.com zu finden.

[Der ame­ri­ka­ni­sche Ori­gi­nal­ar­ti­kel] wur­de ange­nom­men zur Ver­öf­fent­li­chung in der Open-Access-Zeit­schrift „Life and Lear­ning“ der Uni­ver­si­ty Facul­ty for Life – im Druck

Zusam­men­fas­sung: Das Kon­zept des Hirn­tods ist ein uti­li­ta­ris­ti­sches Kon­strukt, das es Ärz­ten ermög­licht, die Regel des toten Spen­ders zu umge­hen, indem sie neu­ro­lo­gisch behin­der­te Men­schen nach eige­nem Ermes­sen für tot erklä­ren. Seit dem bahn­bre­chen­den Bericht „A Defi­ni­ti­on of Irrever­si­ble Coma“ des Har­vard Ad-hoc-Komi­tees von 1968 sind mehr als fünf­zig Jah­re ver­gan­gen, und es gibt nach wie vor kei­nen medi­zi­ni­schen oder mora­li­schen Beweis dafür, dass die­se Men­schen tot sind. Auch in der neu­es­ten Hirn­tod-Richt­li­nie der Ame­ri­can Aca­de­my of Neu­ro­lo­gy heißt es aus­drück­lich, dass der Tod bei Vor­han­den­sein einer teil­wei­sen Hirn­funk­ti­on erklärt wer­den kann, obwohl der Uni­form Deter­mi­na­ti­on of Death Act den „irrever­si­blen Aus­fall aller Funk­tio­nen des gesam­ten Gehirns“ for­dert. Hirn­to­te Men­schen sind weder medi­zi­nisch noch mora­lisch oder recht­lich tot, und die Ent­nah­me ihrer Orga­ne ist eine ver­deck­te Form der Euthanasie.

Eines Abends wäh­rend mei­ner Fach­arzt­aus­bil­dung in der Anäs­the­sie in den spä­ten 1980er Jah­ren hat­te ich Nacht­dienst und wur­de ange­wie­sen, auf die Inten­siv­sta­ti­on zu gehen und einen hirn­to­ten Mann für die Organ­ent­nah­me vor­zu­be­rei­ten. Das war etwas Neu­es für mich; ich erin­ner­te mich vage dar­an, dass ich an der medi­zi­ni­schen Fakul­tät eine Vor­le­sung über den Hirn­tod gehört hat­te, aber ich hat­te nicht wirk­lich viel dar­über nach­ge­dacht. Da ich nicht dumm daste­hen woll­te, frag­te ich den Anäs­the­sis­ten: „Eine Organ­ent­nah­me? Gibt es dabei irgend­et­was, das ich wis­sen muss?“

Er schnaub­te und roll­te mit den Augen. „Sei dir nur sicher, dass ihn jemand tat­säch­lich für hirn­tot erklärt hat. Das Trans­plan­ta­ti­ons­team kann ein wenig eif­rig sein.“

Die meis­ten Men­schen gehen davon aus, dass die Dia­gno­se des Hirn­tods eine Men­ge High­tech-Aus­rüs­tung erfor­dert, aber das ist nicht der Fall. Die Dia­gno­se des Hirn­tods wird am Kran­ken­bett mit ein­fa­chen Mit­teln wie einer Taschen­lam­pe, einem Wat­te­stäb­chen, einem Reflex­ham­mer und einer Sprit­ze mit kal­tem Was­ser gestellt. Anschlie­ßend wird die Per­son für bis zu 10 Minu­ten vom Beatmungs­ge­rät getrennt, um zu sehen, ob sie selb­stän­dig atmen kann. Und in der jüngs­ten Hirn­tod-Richt­li­nie der Ame­ri­can Aca­de­my of Neu­ro­lo­gy (AAN) heißt es, dass „alle zusätz­li­chen Tests Män­gel auf­wei­sen … [und] kei­ner von ihnen 100 % sen­si­tiv oder spe­zi­fisch ist“, um den Hirn­tod zu dia­gnos­ti­zie­ren. In der Leit­li­nie heißt es wei­ter, dass Ärz­te das Elek­tro­en­ze­pha­logramm (EEG), die Magnet­re­so­nanz­to­mo­gra­phie (MRT), die Com­pu­ter­to­mo­gra­phie (CT), die Angio­gra­phie und die audi­to­risch oder soma­to­sen­so­risch evo­zier­ten Poten­zia­le NICHT als ergän­zen­de Tests zur Fest­stel­lung des Hirn­tods ver­wen­den soll­ten. Die Vier-Gefäß-Kathe­ter­an­gio­gra­phie oder die Ein­zel­pho­to­nen-Emis­si­ons-Com­pu­ter­to­mo­gra­phie (SPECT) kön­nen ein­ge­setzt wer­den, doch gel­ten die­se Tests als ergän­zend und lie­fern kei­nen end­gül­ti­gen Nach­weis des Hirntods.

Als ich ihn unter­such­te, stell­te ich zu mei­ner Über­ra­schung fest, dass die­ser „tote“ Pati­ent genau- so aus­sah wie alle ande­ren Pati­en­ten, die ich auf der Inten­siv­sta­ti­on betreut hat­te. In der Tat sah er bes­ser aus als die meisten!

Auf der Inten­siv­sta­ti­on war­te­te mein Pati­ent. Er war ein jun­ger Mann, der bei einem Motor­rad­un­fall eine Kopf­ver­let­zung erlit­ten hat­te. Und ja, der Neu­ro­lo­ge hat­te ihn für „hirn­tot“ erklärt. Als ich ihn unter­such­te, war mein ers­ter Gedan­ke, wie froh ich war, dass sei­ne Fami­lie nicht bei ihm im Zim­mer war. Nor­ma­ler­wei­se ver­su­chen Anäs­the­sis­ten, Pati­en­ten und Fami­li­en zu ver­si­chern, dass alles getan wird, damit sie sich wäh­rend der Ope­ra­ti­on sicher und wohl füh­len… aber was sagt man einer Fami­lie, deren gelieb­ter Mensch nicht mehr zurückkommt?

Als ich ihn unter­such­te, stell­te ich zu mei­ner Über­ra­schung fest, dass die­ser „tote“ Pati­ent genau­so aus­sah wie alle ande­ren Pati­en­ten, die ich auf der Inten­siv­sta­ti­on betreut hat­te. In der Tat sah er bes­ser aus als die meis­ten! Er war warm, sei­ne Haut war geschmei­dig, er hat­te eine nor­ma­le Herz­fre­quenz und einen nor­ma­len Blut­druck, und sei­ne Sau­er­stoff­sät­ti­gung im Blut war ausgezeichnet.

Ich ging zurück in die Ope­ra­ti­ons­sä­le und fand den behan­deln­den Anäs­the­sis­ten, der mich beauf­sich­ti­gen wür­de. Ich besprach den Fall mit ihm, und er bat mich, mei­nen Anäs­the­sie­plan vor­zu­stel­len. Ich teil­te ihm mit, dass ich beab­sich­tig­te, ein Läh­mungs­mit­tel zu ver­wen­den, um den Mann wäh­rend der Ope­ra­ti­on bewe­gungs­un­fä­hig zu machen, und dass ich ein Nar­ko­se­mit­tel wie Fen­ta­nyl ver­wen­den wür­de, um die Herz­fre­quenz und den Blut­druck zu sen­ken, die sich nega­tiv auf die Orga­ne aus­wir­ken könn­ten. Dann frag­te er mich, ob ich vor­hät­te, ein Medi­ka­ment zu ver­ab­rei­chen, das das Bewusst­sein aus­schal­tet. Ich war fas­sungs­los. „War­um soll­te ich das tun?“ frag­te ich, „Ist er nicht tot?“

Wenn hirn­to­te Pati­en­ten tot sind, war­um brau­chen sie dann eine Anästhesie?

Ich wer­de nie den lan­gen Blick ver­ges­sen, mit dem er mich über sei­ne OP-Mas­ke hin­weg ansah. „War­um geben Sie mir nicht eine… nur für den Fall“, sag­te er und ging weg. Zu mei­nem Bedau­ern tat ich trotz mei­ner Zwei­fel, was mir gesagt wur­de. Im Ope­ra­ti­ons­saal reagier­te der jun­ge Mann auf die Ope­ra­ti­on wie jeder ande­re und benö­tig­te die glei­che Art und Men­ge an Nar­ko­se­mit­teln. Spä­ter erzähl­te eine befreun­de­te Patho­lo­gin, dass sie bei der Ent­nah­me von Orga­nen wäh­rend einer Aut­op­sie im Lei­chen­schau­haus kei­ne die­ser Medi­ka­men­te ver­wen­den muss.

Die­se Erfah­rung hat mich zum Nach­den­ken gebracht: Wann ist jemand tot? Oft erzäh­len mir Leu­te von einem Ver­wand­ten, der „fünf­mal gestor­ben ist, aber die Ärz­te haben ihn immer wie­der ins Leben zurück­ge­schockt“. Die­se Denk­wei­se ist zwar weit ver­brei­tet, aber falsch, denn nie­mand kann eine Lei­che wie­der­be­le­ben. Wenn man wie­der­be­lebt wer­den kann, war man nie tot. Der ein­zi­ge Weg, wie jemand von den Toten zurück­keh­ren kann, ist die Auf­er­ste­hung, die ein gött­li­ches Ein­grei­fen erfordert.

Die meis­ten Glau­bens­tra­di­tio­nen defi­nie­ren den Tod als die Tren­nung des Geis­tes (oder der See­le) vom phy­si­schen Kör­per. Im Jahr 1312 defi­nier­te das Kon­zil von Vien­ne die See­le als die Form – d. h. das unmit­tel­ba­re Prin­zip des Lebens und des Seins – des mensch­li­chen Kör­pers. Die meis­ten Glau­bens­tra­di­tio­nen, dar­un­ter das Chris­ten­tum, das Juden­tum und der Islam, defi­nie­ren den Tod als die Tren­nung des von Gott gege­be­nen Geis­tes (oder der See­le) vom Kör­per. Der Respekt vor der Hei­lig­keit des mensch­li­chen Lebens ver­langt, dass wir abso­lut sicher sein müs­sen, dass der Geist den Kör­per ver­las­sen hat, bevor wir einen Men­schen für tot erklä­ren. Da die See­le jedoch imma­te­ri­ell ist, haben wir kei­ne Mög­lich­keit, den genau­en Zeit­punkt des Todes zu bestim­men, wenn die See­le den Kör­per ver­lässt. Als Schutz vor einer ver­früh­ten Todes­er­klä­rung wer­den daher seit Jahr­tau­sen­den das Aus­blei­ben des Herz­schlags, die Atmung und das Ver­strei­chen der Zeit her­an­ge­zo­gen, um sicher zu sein, dass der Geist den Men­schen ver­las­sen hat.

Aber jetzt hat sich unse­re Denk­wei­se dahin­ge­hend geän­dert, dass wir den Tod so früh wie mög­lich erklä­ren – alles im Inter­es­se der Erhal­tung der Lebens­fä­hig­keit der Orga­ne für eine Trans­plan­ta­ti­on.

Seit jeher waren die Men­schen dar­auf bedacht, dass der Tod nicht vor­zei­tig dia­gnos­ti­ziert wird. Die Angst vor einer vor­zei­ti­gen Beer­di­gung war so groß, dass klu­ge Unter­neh­mer „Sicher­heits­sär­ge“ erfan­den, die mit Klin­gel­sei­len aus­ge­stat­tet waren, an denen die „Ver­stor­be­nen“ zie­hen konn­ten, falls sie noch nicht tot waren. Aber jetzt hat sich unser Den­ken dahin­ge­hend geän­dert, dass wir den Tod so früh wie mög­lich fest­stel­len – um die Lebens­fä­hig­keit der Orga­ne für die Trans­plan­ta­ti­on zu erhalten.

Kurz nach­dem Dr. Chris­tia­an Bar­nard in Süd­afri­ka sei­ne zwei­te Herz­trans­plan­ta­ti­on durch­ge­führt hat­te, änder­ten drei­zehn Män­ner die tra­di­tio­nel­le Defi­ni­ti­on des Todes. Im August 1968 ver­öf­fent­lich­te der Har­vard-Ad-hoc-Aus­schuss sei­ne Emp­feh­lun­gen in einem bahn­bre­chen­den Arti­kel mit dem Titel „A Defi­ni­ti­on of Irrever­si­ble Coma“.

Es gab kei­ne neu­en Tests, Stu­di­en oder Bewei­se dafür, dass Men­schen im Koma, die bis­her immer als leben­dig gal­ten, nun irgend­wie tot waren. Die ein­zi­ge Begrün­dung, die der Aus­schuss anführ­te, war­um das irrever­si­ble Erlö­schen aller Hirn­funk­tio­nen mit dem Tod gleich­ge­setzt wer­den soll­te, war der Nut­zen: Dadurch wür­den Bet­ten auf Inten­siv­sta­tio­nen frei und Organ­trans­plan­ta­tio­nen erleichtert.

Und die neue Defi­ni­ti­on war sicher­lich von gro­ßem Nut­zen, da sie es den Ärz­ten ermög­lich­te, die Regel des toten Spen­ders zu umge­hen. Die „Dead Donor Rule“ ist eine welt­weit gül­ti­ge ethi­sche Maxi­me, die besagt, dass Men­schen weder leben­dig sein dür­fen, wenn Orga­ne ent­nom­men wer­den, noch durch den Pro­zess der Organ­ent­nah­me getö­tet wer­den dür­fen. Indem man Men­schen mit einer schwe­ren Hirn­ver­let­zung ein­fach als bereits tot defi­niert, wird die Regel des toten Spen­ders mit einem Taschen­spie­ler­trick erfüllt. Aber ändert die Ände­rung einer Defi­ni­ti­on etwas an der Realität?

Eine Ände­rung der Defi­ni­ti­on des Todes ändert nichts an der Rea­li­tät. Der Hirn­tod hat kei­ne wis­sen­schaft­li­che Grundlage.

Erst 1972 wur­de die ers­te (und ein­zi­ge) mul­ti­zen­tri­sche, pro­spek­ti­ve Stu­die über die Neu­ro­pa­tho­lo­gie des Hirn­tods ver­öf­fent­licht. Die Natio­nal Insti­tu­te of Neu­ro­lo­gic Dise­a­ses and Stro­ke Col­la­bo­ra­ti­ve Stu­dy nahm 503 Pati­en­ten aus acht kli­ni­schen Zen­tren in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten auf, um her­aus­zu­fin­den, ob bei Men­schen, die für hirn­tot erklärt wur­den, das Gehirn tat­säch­lich voll­stän­dig zer­stört war. Ihre Ergeb­nis­se? Von 226 Gehir­nen, die nach der Dia­gno­se des Hirn­tods aut­op­sie­rt wur­den, waren zehn völ­lig nor­mal, und nur 40 % wie­sen eine dif­fu­se Gewe­be­zer­stö­rung auf. Es war „nicht mög­lich, zu über­prü­fen, ob eine Dia­gno­se, die vor dem Herz­still­stand nach irgend­ei­nem Satz oder einer Unter­grup­pe von Kri­te­ri­en gestellt wur­de, aus­nahms­los mit einem dif­fus zer­stör­ten Gehirn kor­re­liert.“ (Der Herz­still­stand ist natür­lich das tra­di­tio­nel­le Mit­tel zur Fest­stel­lung des Todes).

Dr. Gaet­a­no Moli­na­ri, einer der Haupt­for­scher, schrieb:

Wäh­rend die Pro­gno­se für die Wie­der­her­stel­lung der Funk­ti­on gleich Null ist und die Wahr­schein­lich­keit des Todes inner­halb von Tagen bis Wochen extrem hoch ist, bleibt eine wich­ti­ge Fra­ge bestehen, die viel­leicht durch die NINCDS Col­la­bo­ra­ti­ve Stu­dy in den Mit­tel­punkt gerückt wur­de. Die­se Fra­ge lau­tet: Erlaubt eine fata­le Pro­gno­se dem Arzt, den Tod zu ver­kün­den? Es ist höchst zwei­fel- haft, ob solch ober­fläch­li­che Euphe­mis­men wie „er ist prak­tisch tot“, „er kann nicht über­le­ben“, „er hat sowie­so kei­ne Chan­ce auf Gene­sung“ jemals recht­lich oder mora­lisch als Fest­stel­lung des Todes akzep­ta­bel sein wer­den… Dies ist mehr als nur eine seman­ti- sche Unter­schei­dung. Ein Arzt muss den Tod fest­stel­len, bevor er ent­we­der eine Aut­op­sie durch­füh­ren oder die Orga­ne einer ‚Lei­che‘ zur Trans­plan­ta­ti­on in ein ande­res mensch­li­ches Wesen ent­neh­men kann.“

Doch trotz der Zwei­fel von Dr. Moli­na­ri an der recht­li­chen und mora­li­schen Legi­ti­mi­tät der Umwand­lung einer Todes­pro­gno­se in eine Fest­stel­lung des Todes als Tat­sa­che zeigt die Geschich­te, dass genau dies gesche­hen ist. Im Jahr 1981 ver­öf­fent­lich­te die President’s Com­mis­si­on for the Stu­dy of Ethi­cal Pro­blems in Medi­ci­ne & Bio­me­di­cal & Beha­vi­oral Rese­arch die Defi­ni­ti­on des Todes (Defi­ning Death), die die Grund­la­ge für die Hirn­tod­ge­set­ze in den USA bildete.

Die Prä­si­den­ten­kom­mis­si­on von 1981 ent­schied, dass der Hirn­tod und der tra­di­tio­nel­le Kreis­lauf­tod zwei Sei­ten der­sel­ben Medail­le sind, die bei­de den bio­lo­gi­schen Tod auf unter­schied­li­che Wei­se dar­stel­len. Auf der Grund­la­ge der dama­li­gen wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se ging die Prä­si­den­ten­kom­mis­si­on davon aus, dass das Gehirn der „Mas­ter-Inte­gra­tor“ des Kör­pers ist und dass der Tod sehr schnell ein­tritt, wenn die Hirn­ak­ti­vi­tät auf­hört. (Sie behaup­te­ten auch, dass Tech­no­lo­gien wie Beatmungs­ge­rä­te den bereits ein­ge­tre­te­nen Tod „ver­schlei­ern“. Die Ergeb­nis­se der Prä­si­den­ten­kom­mis­si­on wur­den dann von der Uni­form Law Com­mis­si­on (einer Grup­pe von Juris­ten, die Mus­ter­ge­set­ze ver­fasst, um das US-Recht in allen Bun­des­staa­ten zu ver­ein­heit­li­chen) als Uni­form Deter­mi­na­ti­on of Death Act (UDDA) in ein Mus­ter­ge­setz auf­ge­nom­men. In der Fol­ge hat jeder Bun­des­staat den UDDA in irgend­ei­ner Form über­nom­men, und er ist nach wie vor die gesetz­li­che Defi­ni­ti­on des Todes in den Ver­ei­nig­ten Staaten.

Nach dem UDDA wird der Tod auf eine von zwei Arten defi­niert. Eine Per­son, die ent­we­der (1) einen irrever­si­blen Aus­fall der Kreis­lauf- und Atmungs­funk­tio­nen oder (2) einen irrever­si­blen Aus­fall aller Funk­tio­nen des gesam­ten Gehirns, ein­schließ­lich des Hirn­stamms, erlit­ten hat, ist tot. Den Ärz­ten wur­de die Ver­ant­wor­tung über­tra­gen, zu bestim­men, wann die­se recht­li­chen Kri­te­ri­en erfüllt sind, indem sie aner­kann­te medi­zi­ni­sche Stan­dards für die Dia­gno­se des Todes ent­wi­ckelt haben.

Aber lag die Kom­mis­si­on des Prä­si­den­ten mit ihren grund­le­gen­den Annah­men über den Hirn­tod rich­tig? Ganz und gar nicht. Tat­säch­lich gab der Har­vard-Phi­lo­so­phie­pro­fes­sor Dani­el Wik­ler (der das drit­te Kapi­tel von Defi­ning Death, „Under­stan­ding the Mea­ning of Death“, geschrie­ben hat) spä­ter zu, dass er den Aus­schuss in die Irre geführt hatte.

Ich saß in der Klem­me und ich „fri­sier­te“ den Text. Ich wuss­te, dass ein Hauch von Bös­gläu­big­keit im Spiel war. Ich ließ es so erschei­nen, als ob es noch viel grund­le­gend Unbe­kann­tes dabei gab und for­mu­lier­te bewusst unscharf, damit nie­mand sagen konn­te: „Hey, euer Phi­lo­soph sagt, dies sei Unsinn.“ Das dach­te ich, aber aus dem, was ich schrieb, war das nicht ersichtlich.“

Wei­te­re For­schun­gen bewie­sen end­gül­tig, dass das Gehirn nicht der Haupt­in­te­gra­tor des Kör­pers ist. Im Jahr 1998 doku­men­tier­te Dr. D. Alan Shew­mon 175 Fäl­le von „hirn­to­ten“ Men­schen, die nach ihrer Todes­er­klä­rung gemäß dem UDDA wei­ter­leb­ten. Einer die­ser Men­schen leb­te sogar noch mehr als zwan­zig Jah­re nach sei­ner Hirn­tod­dia­gno­se. Alle die­se Men­schen wur­den als so hirn­tot ein­ge­stuft, dass sie für eine Organ­ent­nah­me in Fra­ge gekom­men wären, wur­den aber aus ver­schie­de­nen Grün­den am Leben erhal­ten. Dr. Shew­mon wies dar­auf hin, dass es noch mehr sol­cher Men­schen hät­te geben kön­nen, wenn nicht der Hirn­tod eine sich selbst erfül­len­de Pro­phe­zei­ung wäre: Die meis­ten Men­schen, die als „hirn­tot“ dia­gnos­ti­ziert wer­den, wer­den sehr schnell ent­we­der zu Organ­spen­dern oder es wird ihnen die Unter­stüt­zung entzogen.

Und ver­deckt das Beatmungs­ge­rät, dass der Tod bereits ein­ge­tre­ten ist? Nein. Wie Dr. Doy­en Nguy­en betont, schlie­ßen sich Leben und Tod gegen­sei­tig aus: Maschi­nen kön­nen Leben nur erhal­ten, aber nicht erzeu­gen. Wenn ich mit Ärz­ten und Medi­zin­stu­den­ten spre­che, fra­ge ich sie, ob es leben­dig aus­se­hen wür­de, wenn sie ihren Leich­nam an ein Beatmungs­ge­rät anschlie­ßen wür­den? Die Fra­ge löst immer Geläch­ter aus, denn die Idee ist lächerlich.

Auf­grund die­ser Tat­sa­chen wur­de ein wei­te­rer Prä­si­di­al­rat ein­be­ru­fen. Im Jahr 2008 kamen die Mit­glie­der des President’s Coun­cil on Bio­e­thics: „Con­tro­ver­sies in the Deter­mi­na­ti­on of Death“ (Kon­tro­ver­sen bei der Fest­stel­lung des Todes) zu dem Schluss, dass die neu­ro­lo­gi­schen Kri­te­ri­en für den Tod über­prüft wer­den müs­sen, da die inte­grier­ten Kör­per­funk­tio­nen auch nach der kor­rek­ten Dia­gno­se des Hirn­tods wei­ter bestehen. Sie stell­ten fest, dass die Arbeit von Dr. Shew­mon zwei Optio­nen zulässt: (1) die Auf­ga­be der neu­ro­lo­gi­schen Kri­te­ri­en für die Fest­stel­lung des Todes oder (2) die Ent­wick­lung einer neu­en Begrün­dung dafür, war­um die neu­ro­lo­gi­schen Kri­te­ri­en mit dem Tod gleich­ge­setzt wer­den sollten.

Da hirn­to­te Pati­en­ten bio­lo­gisch noch am Leben sind, muss­te eine neue Begrün­dung für den Hirn­tod gefun­den wer­den. Der Hirn­tod basiert nun auf einer frag­wür­di­gen Philosophie.

Natür­lich ent­wi­ckel­te der Rat eine neue Begrün­dung, war­um Hirn­tod gleich Tod sein soll­te. Da die­se Men­schen offen­sicht­lich bio­lo­gisch noch am Leben waren (mit schla­gen­dem Her­zen, Zell­at­mung, Ver­dau­ung, Aus­schei­dung von Abfall­stof­fen, Wund­hei­lung und der Fähig­keit, gesun­de Babys zur Welt zu brin­gen), ent­wi­ckel­te der Rat eine neue Begrün­dung, die auf einer frag­wür­di­gen Phi­lo­so­phie und nicht auf der Bio­lo­gie beruh­te und den Tod auf das stütz­te, was wir tun, anstatt auf das, was wir sind. Der Rat erfand einen neu­en Begriff, „Tota­les Hirn­ver­sa­gen“, und erklär­te, dass ein Orga­nis­mus nicht mehr lebt, wenn er auf­hört, die „grund­le­gen­de lebens­wich­ti­ge Arbeit eines leben­den Orga­nis­mus zu ver­rich­ten – die Arbeit der Selbst­er­hal­tung, die durch den bedarfs­ge­steu­er­ten Han­del des Orga­nis­mus mit der umge­ben­den Welt erreicht wird“. Ohne jeg­li­che Begrün­dung hat der Rat zwei For­men die­ses Aus­tauschs als bedeut­sam her­aus­ge­grif­fen: die Atmung und das Bewusstsein.

Der Vor­sit­zen­de des Prä­si­den­ten­rats 2008, Dr. Edmund D. Pel­le­gri­no, war ande­rer Mei­nung und schrieb in sei­ner Minderheitsabstimmung:

Die ein­zi­gen unbe­streit­ba­ren Anzei­chen des Todes sind die, die wir seit der Anti­ke ken­nen, d.h. Ver­lust der Emp­fin­dungs­fä­hig­keit, des Herz­schlags und der Atmung, Fle­cken­bil­dung und Käl­te der Haut, Mus­kel­steif­heit und schließ­lich Ver­we­sung als Ergeb­nis einer all­ge­mei­nen Auto­ly­se der Körperzellen.“

Und in der Tat hat der Bericht des Prä­si­den­ten­rats (wie schon die Prä­si­den­ten­kom­mis­si­on von 1981) die Wis­sen­schaft nicht kor­rekt wie­der­ge­ge­ben. „Tota­les Hirn­ver­sa­gen“ ist unge­nau, da Men­schen mit einer kli­ni­schen Dia­gno­se des Hirn­tods noch über bestimm­te Hirn­funk­tio­nen ver­fü­gen: 20 % (der getes­te­ten Per­so­nen) ver­fü­gen über EEG-Akti­vi­tät, und 50 – 84 % haben noch einen funk­tio­nie­ren­den Hypo­tha­la­mus. Auch die bekann­ten Fähig­kei­ten „hirn­to­ter“ Men­schen, wie Wund­hei­lung, Abwehr von Infek­tio­nen und die Stress­re­ak­ti­on auf den Schnitt zur Organ­ent­nah­me, sind alle­samt das Werk der Selbst­er­hal­tung.

Der Fall Jahi McMath: Erho­lung vom Hirntod

Fünf Jah­re nach dem Rat des Prä­si­den­ten 2008 mach­te der Fall von Jahi McMath lan­des­weit Schlag­zei­len. Im Jahr 2013 war Jahi ein ruhi­ger, vor­sich­ti­ger Teen­ager mit Schlaf­apnoe, der sich einer Ton­sil­lek­to­mie und einer Gau­men­re­kon­struk­ti­on unter­zog, um ihre Luft­zir­ku­la­ti­on im Schlaf zu ver­bes­sern. Eine Stun­de nach der Ope­ra­ti­on begann sie, Blut zu spu­cken. Ihre Eltern baten sie wie­der­holt erfolg­los um einen Arzt­be­such. Ihre Mut­ter, Nai­lah Wink­field, sag­te: „Nie­mand hat uns zuge­hört, und ich kann es nicht bewei­sen, aber ich füh­le wirk­lich in mei­nem Her­zen: Wenn Jahi ein klei­nes wei­ßes Mäd­chen wäre, hät­ten wir mei­ner Mei­nung nach etwas mehr Hil­fe und Auf­merk­sam­keit bekommen.“

Jahi blu­te­te wei­ter, bis sie kurz nach Mit­ter­nacht einen Herz­still­stand erlitt. Wäh­rend „Code Blue“-Wiederbelebung war sie zehn Minu­ten lang puls­los. Zwei Tage spä­ter wies ihr Elek­tro­en­ze­pha­logramm (EEG) eine Null­li­nie auf, und es war klar, dass Jahi eine schwe­re Hirn­ver­let­zung erlit­ten hat­te, die sich wei­ter ver­schlim­mer­te. Doch anstatt die­sen Befund aggres­siv zu behan­deln, stell­ten die Ärz­te die Dia­gno­se des Hirn­tods. Drei Tage nach der Ope­ra­ti­on wur­den ihre Eltern dar­über infor­miert, dass ihre Toch­ter „tot“ sei und dass Jahi nun als Organ­spen­de­rin in Fra­ge käme. Die Fami­lie war fas­sungs­los. Wie konn­te Jahi tot sein? Sie war warm, beweg­te sich gele­gent­lich, und ihr Herz schlug noch. Als Chris­tin glaub­te Nai­lah, dass der Geist ihrer Toch­ter so lan­ge in ihrem Kör­per blieb, wie ihr Herz weiterschlug.

Wäh­rend sich die Fami­lie um medi­zi­ni­sche und recht­li­che Hil­fe bemüh­te, wei­ger­te sich das Children’s Hos­pi­tal Oak­land drei Wochen lang, Jahi zu ernäh­ren. Schließ­lich wil­lig­te das Kran­ken­haus ein, Jahi zur Aus­stel­lung eines Toten­scheins an den Gerichts­me­di­zi­ner zu über­ge­ben, wor­auf­hin ihre Fami­lie für sie ver­ant­wort­lich sein würde.

Am 3. Janu­ar 2014 erhielt Jahi eine Ster­be­ur­kun­de aus Kali­for­ni­en, in der ihre Todes­ur­sa­che mit „Pen­ding Inves­ti­ga­ti­on“ ange­ge­ben war. War­um bestand das Kran­ken­haus so hart­nä­ckig dar­auf, dass Jahi tot war, und stell­te sogar eine Ster­be­ur­kun­de aus? Mög­li­cher­wei­se, weil das kali­for­ni­sche Gesetz zur Reform der Ent­schä­di­gung bei medi­zi­ni­schen Ver­let­zun­gen den nicht­wirt­schaft­li­chen Scha­den­er­satz auf

$250,000. Wenn Jahi „tot“ wäre, wür­den das Kran­ken­haus und sein Ver­si­che­rer für Kunst­feh­ler nur für 250.000 $ haf­ten. Jahi jedoch noch am Leben, gäbe es kei­ne Ober­gren­ze für den Betrag, den ihre Fami­lie für ihre lau­fen­de Pfle­ge for­dern könnte.

Glück­li­cher­wei­se erhielt Jahis Fami­lie Hil­fe von Dr. Paul Byr­ne, einem lang­jäh­ri­gen Für­spre­cher von Men­schen, die von einer Hirn­tod­dia­gno­se betrof­fen sind. Mit sei­ner Hil­fe wur­de Jahi mit dem Flug­zeug nach New Jer­sey geflo­gen, dem ein­zi­gen US- Bun­des­staat, in dem die Dia­gno­se Hirn­tod aus reli­giö­sen Grün­den frei­ge­stellt ist. In New Jer­sey erhielt Jahi einen Luft­röh­ren­schnitt und eine Ernäh­rungs­son­de und begann sich zu erho­len. Nach­dem die Fami­lie bemerkt hat­te, dass Jahis Herz­schlag beim Klang der Stim­me ihrer Mut­ter abnahm, begann sie, sie zu bit­ten, auf Befeh­le zu reagie­ren, und zeich­ne­te ihre rich­ti­gen Ant­wor­ten auf Video auf. Jahi kam in die Puber­tät und begann zu menstru­ie­ren – etwas, das man bei Lei­chen nicht sieht! Im August 2014 war sie sta­bil genug, um in die Woh­nung ihrer Mut­ter zu zie­hen und dort wei­ter betreut zu wer­den. Anschlie­ßend wur­de Jahi von zwei Neu­ro­lo­gen (Dr. Calix­to Macha­do und Dr. D. Alan Shew­mon) unter­sucht, die fest­stell­ten, dass sich ihr Zustand deut­lich ver­bes­sert hat­te: Sie erfüll­te nicht mehr die Kri­te­ri­en für den Hirn­tod und befand sich in einem Zustand mit mini­ma­lem Bewusst­sein. Jahi reagier­te bis zu ihrem Tod im Juni 2018 auf­grund von Kom­pli­ka­tio­nen des Leber­ver­sa­gens wei­ter­hin auf sinn­vol­le Art und Wei­se auf ihre Familie.

Glo­ba­le ischä­mi­sche Pen­um­bra: die per­fek­te Nach­ah­mung des Hirntods

Wie konn­te Jahi McMath, die von drei Ärz­ten für hirn­tot erklärt wur­de, die drei Apnoe-Tests nicht bestand und bei der vier EEGs mit Null-Linie und ein Radio­iso­top-Scan kei­nen intra­kra­ni­ellen Blut­fluss zeig­ten, ihre neu­ro­lo­gi­schen Funk­tio­nen wie­der­erlan­gen? Sehr wahr­schein­lich auf­grund eines Zustands, der als Glo­ba­le Ischä­mi­sche Pen­um­bra oder GIP bezeich­net wird. Wie jedes ande­re Organ schal­tet auch das Gehirn sei­ne Funk­ti­on ab, wenn der Blut­fluss redu­ziert wird, um Ener­gie zu spa­ren. Bei 70 Pro­zent des nor­ma­len Blut­flus­ses ist die neu­ro­lo­gi­sche Funk­ti­on des Gehirns ein­ge­schränkt, und bei einer 50-pro­zen­ti­gen Redu­zie­rung bleibt das EEG sta­gnie­rend. Die Schä­di­gung des Gewe­bes beginnt jedoch erst, wenn die Durch­blu­tung des Gehirns meh­re­re Stun­den lang unter 20 Pro­zent des Nor­mal­werts fällt. Als GIP bezeich­nen Ärz­te den Zeit­raum, in dem die Durch­blu­tung des Gehirns zwi­schen 20 und 50 Pro­zent des Nor­mal­werts liegt. Wäh­rend des GIP reagiert das Gehirn nicht auf neu­ro­lo­gi­sche Tests und weist kei­ne elek­tri­sche Akti­vi­tät im EEG auf, aber der Blut­fluss ist immer noch aus­rei­chend, um die Lebens­fä­hig­keit des Gewe­bes auf­recht­zu­er­hal­ten – was bedeu­tet, dass eine Gene­sung noch mög­lich ist. Wäh­rend der GIP-Pha­se scheint eine Per­son nach den der­zei­ti­gen medi­zi­ni­schen Richt­li­ni­en und Tests „hirn­tot“ zu sein, kann sich aber bei fort­ge­setz­ter Behand­lung mög­li­cher­wei­se erholen.

Dr. D. Alan Shew­mon, eine der welt­weit füh­ren­den Auto­ri­tä­ten auf dem Gebiet des Hirn­tods, beschreibt GIP fol­gen­der­ma­ßen:

Dies [GIP] ist kei­ne Hypo­the­se, son­dern eine mathe­ma­ti­sche Not­wen­dig­keit. Die kli­nisch rele­van­te Fra­ge ist daher nicht, ob GIP auf­tritt, son­dern wie lan­ge es andau­ern könn­te. Wenn es bei eini­gen Pati­en­ten län­ger als ein paar Stun­den andau­ern könn­te, dann wür­de es bei der kli­ni­schen Unter­su­chung am Kran­ken­bett den Hirn­tod sehr gut imi­tie­ren, wobei der Funk­ti­ons­aus­fall (oder zumin­dest ein Teil davon) im Prin­zip rever­si­bel wäre.“

Dr. Cice­ro Coim­bra beschrieb das GIP erst­mals 1999, doch bei der end­lo­sen Suche nach trans­plan­tier­ba­ren Orga­nen wur­de sei­ne Arbeit weit­ge­hend ignoriert.

Der Fall Aden Hai­lu: Die Hirn­tod-Richt­li­ni­en der Ame­ri­can Aca­de­my of Neu­ro­lo­gy ent­spre­chen nicht der gesetz­li­chen Defi­ni­ti­on des Todes nach dem UDDA

Ein wei­te­rer bahn­bre­chen­der Hirn­tod-Fall ereig­ne­te sich 2015, als die Stu­den­tin Aden Hai­lu von der Uni­ver­si­ty of Neva­da-Reno wäh­rend einer explo­ra­ti­ven Ope­ra­ti­on wegen Bauch­schmer­zen eine uner­war­te­te Hirn­ver­let­zung erlitt. Ihrem Vater wur­de gesagt, dass das, was mit ihr geschah, ein medi­zi­ni­sches Rät­sel sei. Er setz­te sich nach­drück­lich dafür ein, dass das Kran­ken­haus sich um sei­ne Toch­ter küm­mer­te, aber das Kran­ken­haus erklär­te, sie erfül­le die Anfor­de­run­gen der Hirn­tod-Richt­li­nie der Ame­ri­can Aca­de­my of Neu­ro­lo­gy (AAN) und sei tot. Letzt­end­lich wur­de der Fall vom Obers­ten Gerichts­hof von Neva­da ver­han­delt, der ein- stim­mig ent­schied, dass die AAN-Richt­li­nie zum Hirn­tod nicht der gesetz­li­chen Defi­ni­ti­on des Hirn­tods gemäß dem UDDA ent­spricht, da die Richt­li­nie nicht alle Funk­tio­nen des gesam­ten Gehirns prü­fe. Thad­de­us Pope JD, ein Exper­te für Fra­gen des Lebens­en­des, sag­te, dass der Fall Aden Hai­lu nun lan­des­weit in ande­ren Pro­zes­sen her­an­ge­zo­gen wer­den könn­te, da der Obers­te Gerichts­hof von Neva­da in Fra­ge stell­te, ob die AAN-Stan­dards den UDDA-Stan­dard des irrever­si­blen Erlö­schens aller Funk­tio­nen des gesam­ten Gehirns erfüllen.

Was wir in der Ver­gan­gen­heit getan haben, war, den Medi­zi­nern ein Urteil über die­se Ent­schei­dun­gen zu geben, aber viel­leicht sind wir zu weit davon abge­wi­chen, oder was wir dach­ten, dass es zu weit sei… Was dies inter­es­sant macht, ist, dass der Obers­te Gerichts­hof von Neva­da nicht auf Wol­ke sie­ben schweb­te. Da ist etwas dran… Es deu­tet dar­auf hin, dass es noch mehr her­aus­zu­fin­den gilt, wie der Hirn­tod fest­ge­stellt wird.“

Lei­der starb Aden Hai­lu Anfang 2016 an einem Herz-Lun­gen-Still­stand. Im dar­auf­fol­gen­den Jahr reagier­te die Legis­la­ti­ve von Neva­da über­ra­schend auf ihren Fall und änder­te das Gesetz des Bun­des­staa­tes, so dass der Hirn­tod für die Bür­ger von Neva­da nun gemäß den AAN-Richt­li­ni­en dia­gnos­ti­ziert wer­den muss, ein­schließ­lich aller über­ar­bei­te­ten Richt­li­ni­en, die von den Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­tio­nen für die Ewig­keit vor­ge­legt wer­den. Einem Zei­tungs­ar­ti­kel aus dem Jahr 2017 ist zu ent­neh­men, dass Ver­tre­ter von Organ­spen­de­netz­wer­ken die Gesetz­ge­ber bei der Aus­ar­bei­tung die­ses neu­en Geset­zes berie­ten. Das Neva­da Revi­sed Sta­tu­te 451.007 besagt nun, dass Fami­li­en der AAN für alle Kos­ten einer lebens­er­hal­ten­den Behand­lung nach der Dia­gno­se des Hirn­tods auf­kom­men müs­sen, es sei denn, die Per­son wird zum Organ­spen­der. Jason Guinas­so, ein Anwalt des Donor Net­work West in Reno, sag­te: „Unse­re Fami­li­en müs­sen ver­ste­hen, dass sie nicht für die­se Kos­ten auf­kom­men müs­sen, wenn sie sich ein­mal ent­schie­den haben, das Geschenk des Lebens zu geben.“

Der geschei­ter­te Ver­such, das Gesetz über die ein­heit­li­che Fest­stel­lung des Todes zu über­ar­bei­ten

Nach­dem der Obers­te Gerichts­hof von Neva­da ein­stim­mig fest­ge­stellt hat­te, dass die Art und Wei­se, wie Ärz­te den Hirn­tod dia­gnos­ti­zie­ren, nicht mit dem UDDA-Gesetz über­ein­stimmt, bean­trag­te eine inter­dis­zi­pli­nä­re Grup­pe, die sich selbst als „Hirn­tod- Inter­es­sens­ver­tre­ter“ bezeich­net, bei der Uni­form Law Com­mis­si­on (ULC) eine Über­ar­bei­tung des UDDA. Nach mehr­jäh­ri­gen Stu­di­en und Debat­ten konn­te die ULC jedoch kei­nen Kon­sens erzie­len und leg­te ihre Arbeit im Sep­tem­ber 2023 auf Eis.

Unbe­ein­druckt davon ver­öf­fent­lich­te die Ame­ri­can Aca­de­my of Neu­ro­lo­gy (zusam­men mit der Ame­ri­can Aca­de­my of Pedia­trics, der Child Neu­ro­lo­gy Socie­ty und der Socie­ty of Cri­ti­cal Care Medi­ci­ne) drei Wochen spä­ter eine neue Hirn­tod-Richt­li­nie, die im Wesent­li­chen die von der Uni­form Law Com­mis­si­on abge­lehn­ten Vor­schlä­ge reka­pi­tu­liert. „Auf­grund des Man­gels an qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gen Bewei­sen zu die­sem The­ma“ wur­de die neue AAN-Richt­li­nie in drei anony­men Abstim­mungs­run­den fest­ge­legt. Wenn man bedenkt, dass wir seit fast sech­zig Jah­ren Men­schen für „hirn­tot“ erklä­ren, soll­te man dann nicht mei­nen, dass es inzwi­schen hoch­wer­ti­ge Bewei­se dafür gibt?

Nach der neu­es­ten Hirn­tod-Richt­li­nie kann der Tod aus­drück­lich auch bei teil­wei­ser Hirn­funk­ti­on fest­ge­stellt werden.

In den bis­he­ri­gen Leit­li­ni­en hieß es immer, dass die Dia­gno­se des Hirn­tods gestellt wer­den kann, wenn ein funk­tio­nie­ren­der Hypo­tha­la­mus vor­han­den ist, ein Teil des Gehirns, der für die neu­ro­en­do­kri­ne Funk­ti­on zustän­dig ist. In der neu­en Leit­li­nie wird dies jedoch aus­drück­lich fest­ge­stellt. „Kli­ni­ker kön­nen eine BD/DNC [Hirntod/​Tod nach neu­ro­lo­gi­schen Kriterien]-Evaluierung ein­lei­ten und einen Pati­en­ten BD/DNC [Hirntod/​Tod nach neu­ro­lo­gi­schen Kri­te­ri­en] trotz Nach­weis einer neu­ro­en­do­kri­nen Funk­ti­on (Stu­fe B) fest­stel­len. Die neue Leit­li­nie erlaubt also aus­drück­lich, Men­schen mit teil­wei­ser Hirn­funk­ti­on für tot zu erklä­ren. Dies ent­spricht natür­lich nicht dem Gesetz nach dem UDDA, das den „irrever­si­blen Aus­fall aller Funk­tio­nen des gesam­ten Gehirns, ein­schließ­lich des Hirn­stamms“ fordert.

In Aner­ken­nung die­ser Dis­kre­panz zwi­schen dem Gesetz und der AAN-Richt­li­nie gab das Natio­nal Catho­lic Bio­e­thics Cen­ter (NCBC), frü­her ein ent­schie­de­ner Befür­wor­ter des Hirn­tods, im April 2024 eine bahn­bre­chen­de Stel­lung­nah­me ab.

Die Ereig­nis­se der letz­ten Mona­te haben gezeigt, dass das gemein­sa­me Ver­ständ­nis des Hirn­tods (Tod nach neu­ro­lo­gi­schen Kri­te­ri­en), das die ethi­sche Pra­xis der Organ­trans­plan­ta­ti­on ent­schei­dend geprägt hat, ent­schei­dend geschwächt ist. Jetzt geht es dar­um, ob sich Kli­ni­ker, poten­zi­el­le Organ­spen­der und die Gesell­schaft dar­auf eini­gen kön­nen, was es bedeu­tet, tot zu sein, bevor lebens­wich­ti­ge Orga­ne ent­nom­men werden.“

In der Erklä­rung des NCBC wird die Tat­sa­che ange­führt, dass zwi­schen 50 und 84 % der für hirn­tot erklär­ten Pati­en­ten noch einen funk­tio­nie­ren­den Hypo­tha­la­mus haben. Was ist der Hypo­tha­la­mus? In der Erklä­rung des NCBC wird er fol­gen­der­ma­ßen beschrieben:

Der Hypo­tha­la­mus kann als eine Art „intel­li­gen­tes“ Koor­di­na­ti­ons­zen­trum im Gehirn ver­stan­den wer­den, das an der Regu­lie­rung von Tem­pe­ra­tur, Salz-Was­ser-Haus­halt, Sexu­al­trieb und Schlaf betei­ligt ist. Jüngs­te Stu­di­en zei­gen, dass er auch bei der Wahr­neh­mung von Phä­no­me­nen und der Schmerz­er­ken­nung eine Rol­le spie­len kann. Die Funk­ti­on des Hypo­tha­la­mus zeigt, dass nicht alle Funk­tio­nen des gesam­ten Gehirns aus­ge­fal­len sind, wie es die UDDA vor­schreibt. Folg­lich soll­ten Pati­en­ten mit bestä­tig­ter Hypo­tha­la­mus­funk­ti­on weder als hirn­tot dia­gnos­ti­ziert noch zum Zweck der Organ­be­schaf­fung als tot behan­delt werden.

Abschlie­ßend ver­pflich­te­te sich das NCBC, die phi­lo­so­phi­schen Grund­la­gen des Hirn­tods zu bewer­ten, die ethi­schen Stan­dards und Pro­to­kol­le für die Fest­stel­lung des Todes zu stär­ken und Organ­spen­der, Fami­li­en, Geist­li­che und die Öffent­lich­keit über die authen­ti­schen ethi­schen Grund­sät­ze auf­zu­klä­ren, die für die Organ­trans­plan­ta­ti­on gel­ten sollten.

Kein noch so gro­ßer Test kann ein unhalt­ba­res Kon­zept ver­tret­bar machen.

Eini­ge Ärz­te und Phi­lo­so­phen erken­nen zwar die Stu­di­en an, die zei­gen, dass 50 – 84 % der für hirn­tot erklär­ten Men­schen noch über eine par­ti­el­le Hirn­funk­ti­on ver­fü­gen, schla­gen aber eine schnel­le Lösung vor. Wenn wir die der­zei­ti­ge AAN-Richt­li­nie zum Hirn­tod ein­fach um Tests für die Hypo­tha­la­mus­funk­ti­on ergän­zen wür­den, so sagen sie, könn­te die Organ­ent­nah­me bei Hirn­to­ten fort­ge­setzt werden.

Wir argu­men­tie­ren, dass der Orga­nis­mus ab einem bestimm­ten Punkt der Abhän­gig­keit von künst­li­chen Behand­lungs­mit­teln zu einer nicht-orga­nis­mi­schen, medi­zi­nisch unter­stütz­ten, bio­lo­gi­schen Ein­heit wird und als tot bezeich­net wer­den kann.“

Das Wort „Abhän­gig­keit“ in die­ser Aus­sa­ge zeigt, dass es sich um eine Defi­ni­ti­on des Todes han­delt, die auf einer Behin­de­rung beruht. Unser Mensch­sein beruht nicht auf unse­ren Fähig­kei­ten oder Funk­tio­nen (ein­schließ­lich der Funk­ti­on oder Nicht­funk­ti­on des Hypo­tha­la­mus), son­dern viel­mehr auf das, was wir sind. Nie­mand denkt, dass der Hypo­tha­la­mus der Sitz der See­le ist. Jeder Mensch ist eine Leib- See­le-Ein­heit, geschaf­fen nach dem Bild Gottes.

Die Befür­wor­ter des Hirn­tods behaup­ten, dass Men­schen, die bewusst­los und völ­lig abhän­gig von medi­zi­ni­scher Ver­sor­gung wer­den, kei­ne Per­so­nen mehr sind und als tot bezeich­net wer­den kön­nen. Dies ist eine Zuwei­sung von Leben oder Tod auf der Grund­la­ge der Behin­de­rung. Außer­dem kön­nen die Ärz­te nicht wis­sen, dass die­se Men­schen inner­lich nicht bei Bewusst­sein sind. Bewusst­sein ist eine pri­va­te Erfah­rung der ers­ten Per­son, die für einen exter­nen Beob­ach­ter nicht zugäng­lich ist. Wir haben kei­ne Tests für das Bewusst­sein und kön­nen nur den Grad der Erre­gung und die Fähig­keit des Pati­en­ten, zu reagie­ren, tes­ten. Außer­dem wur­de bei Pati­en­ten mit Hirn­ver­let­zun­gen ein Zustand beschrie­ben, der als kogni­tiv-moto­ri­sche Dis­so­zia­ti­on bekannt ist und bei dem Befeh­le zwar ver­stan­den wer­den, die Per­son aber nicht in der Lage ist, dar­auf zu reagie­ren. Und nur weil hirn­ge­schä­dig­te Men­schen auf ein Beatmungs­ge­rät ange­wie­sen sind, bedeu­tet das nicht, dass sie kei­ne Per­so­nen mehr sind, genau­so wenig wie Men­schen, die auf einen Herz­schritt­ma­cher ange­wie­sen sind, weni­ger als Men­schen sind. Abhän­gig­keit und Behin­de­rung machen den Men­schen nicht „so gut wie tot“.

Wenn sich das Gehirn in einem GIP-Zustand befin­det (wie oben beschrie­ben), kann der Hypo­tha­la­mus bei Funk­ti­ons­tests ver­sa­gen, aber das hypo­tha­la­mi­sche Gewe­be kann noch lebens­fä­hig sein. Tests der Hirn­funk­ti­on, auch der Hypo­tha­la­mus­funk­ti­on, kön­nen nicht aus­schlie­ßen, dass sich das Gehirn in einem Zustand der GIP befin­det. Glo­ba­le ischä­mi­sche Pen­um­bra bedeu­tet, dass ein Ver­lust der Hirn­funk­ti­on nie die Mög­lich­keit einer Gene­sung aus­schlie­ßen kann.

Was ist die Ursa­che für die­se fal­sche Defi­ni­ti­on des Todes? Organe.

Was treibt die­sen Wunsch an, das Hirn­tod­kon­zept um jeden Preis zu erhal­ten? Laut Eel­co F. Wij­dicks, MD, PhD, einem Spe­zia­lis­ten für neu­ro­kri­ti­sche Pfle­ge an der Mayo Cli­nic und Autor der Hirn­tod-Leit­li­ni­en von 2010 und 2023, wird die Dia­gno­se des Hirn­tods durch den Wunsch nach trans­plan­tier­ba­ren Orga­nen ange­trie­ben:

…die Dia­gno­se des Hirn­to­des hängt davon ab, ob es ein Trans­plan­ta­ti­ons­pro­gramm (sic) gibt oder ob es Trans­plan­ta­ti­ons­chir­ur­gen gibt. Ich glau­be nicht, dass die Hirn­tod­un­ter­su­chung heu­te in der Pra­xis viel, wenn über­haupt, Bedeu­tung hät­te, wenn sie nicht der Trans­plan­ta­ti­on die­nen wür­de.“ (Dies ist von Sei­te 50 des zitier­ten Links.)

Die Fort­schrit­te in der medi­zi­ni­schen Wis­sen­schaft haben die Vor­stel­lung vom Hirn­tod obso­let gemacht. Die Erken­nung von GIP hat das Poten­zi­al, Men­schen zu ret­ten, die einst als hirn­tot gal­ten. Durch den Ein­satz der funk­tio­nel­len MRT ist es mög­lich gewor­den, bei Pati­en­ten mit aku­ten schwe­ren trau­ma­ti­schen Hirn­ver­let­zun­gen früh­zei­tig ein ver­bor­ge­nes Bewusst­sein zu erken­nen. Und laut Dr. Sam Par­nia, einem Wie­der­be­le­bung­Spe­zia­lis­ten für , kann Hypo­ther­mie (eine bei der Wie­der­be­le­bung häu­fig ange­wand­te Tech­nik) die Rück­kehr der Hirn­funk­ti­on nach der Wie­der­erwär­mung um bis zu sie­ben Tage ver­zö­gern. Wie vie­le „hirn­to­te“ Pati­en­ten hät­ten sich erholt, wenn ihre Ärz­te nur ein wenig län­ger gewar­tet hät­ten?[1]

Stel­len Sie sich all die neu­en Behand­lungs­mög­lich­kei­ten für neu­ro­lo­gi­sche Erkran­kun­gen vor, die uns ent­ge­hen, weil wir Men­schen mit schwe­ren Hirn­ver­let­zun­gen als „tot“ abschrei­ben und sie der Organ­ent­nah­me über­las­sen. Was wäre, wenn wir vor fünf­zig Jah­ren Krebs auf die­se Wei­se behan­delt hät­ten, indem wir ihn als „irrever­si­bel“ oder „unbe­han­del­bar“ bezeichneten?

Hirn­to­te“ Pati­en­ten sind sicher­lich sehr krank und behin­dert, aber eine Behin­de­rung macht den Men­schen nicht zu einem „bio­lo­gi­schen Wesen“, das kein Mensch mehr ist. Die Bemer­kun­gen von Dr. Moli­na­ri aus der NINCDS-Stu­die von 1972 über den Hirn­tod bedür­fen noch einer Antwort:

Erlaubt es eine töd­li­che Pro­gno­se dem Arzt, den Tod zu ver­kün­den? Es ist höchst zwei­fel­haft, ob solch ober­fläch­li­che Euphe­mis­men wie „er ist prak­tisch tot“, … „er kann nicht über­le­ben“, … „er hat sowie­so kei­ne Chan­ce auf Gene­sung“, jemals recht­lich oder mora­lisch als Fest­stel­lung des Todes akzep­ta­bel sein wer­den… Dies ist mehr als nur eine seman­ti­sche Unter­schei­dung. Ein Arzt muss den Tod fest­stel­len, bevor er ent­we­der eine Aut­op­sie durch­füh­ren oder die Orga­ne einer „Lei­che“ zur Trans­plan­ta­ti­on in ein ande­res mensch­li­ches Wesen ent­neh­men kann.“

Die Ent­nah­me von Orga­nen bei hirn­ver­letz­ten Men­schen, die als „tot“ bezeich­net wer­den, ist in Wirk­lich­keit eine ver­steck­te Form der Eutha­na­sie. Es gibt abso­lut kei­ne medi­zi­ni­sche, mora­li­sche oder recht­li­che Sicher­heit bei der Hirn­tod­dia­gno­se, und das muss den Men­schen bewusst gemacht wer­den. Hirn­to­te Men­schen sind sehr krank, und ihre Pro­gno­se kann der Tod sein, aber es ist falsch, sie als tot zu behan­deln und ihre Orga­ne zu plün­dern, wäh­rend sie noch krank und hilf­los sind. Eine huma­ne Gesell­schaft zeigt Mit­ge­fühl für ihre schwächs­ten Mitglieder.

  1. Par­nia, Sam. „Den Tod aus­lö­schen: Die Wis­sen­schaft, die die Gren­zen zwi­schen Leben und Tod auf­hebt“. Har­per­Coll­ins, 2013, New York, NY, S. 272.

Autoren­in­fo

Dr. med. Hei­di Klessig

Dr. med. Hei­di Kles­sig ist Anäs­the­sis­tin und Schmerz­the­ra­peu­tin im Ruhe­stand und schreibt und spricht über die Ethik der Organ­ent­nah­me und ‑trans­plan­ta­ti­on. Sie ist die Autorin des Buches The Brain Death Fall­a­cy (Die Hirn­tod-Täu­schung), und ihre Arbeit ist unter respect​for​human​li​fe​.com zu finden.