Warenkorb

Keine Produkte im Warenkorb.

Leserbrief an den “Spiegel” zum Artikel “Widersprechen: So einfach ist das nicht”

Am 21.06.2019 hat der Spiegel ein Streitgespräch zwischen den Abgeordneten Baerbock und Jens Spahn unter dem Titel “Baerbock und Spahn streiten über Organspenden – “Widersprechen: So einfach ist das nicht” veröffentlicht.

Auf diesen Artikel bezieht sich der folgende Leserbrief von Renate Greinert:

Wer nicht spenden will, kann widersprechen / So einfach ist das nicht

Sowohl der Gesetzesentwurf von Jens Spahn als auch der Gegenentwurf der Abgeordneten um Frau Baerbock machen aus einer „Organspende“ einen staatlichen Zwang. Spahn und Baerbock wollen die Zahl von Patienten mit Hirnversagen als Organspender erhöhen und ignorieren damit das eigentliche Kernproblem: Denn beide Entwürfe beruhen auf einem international umstrittenen und verengten Todesbegriff: dem sogenannten Hirntod – ein dubioser, doppeldeutiger Tod, denn nur die Person sei tot, der Körper aber lebe, heißt es. Folglich sind „Hirntote“ noch so lebendig, dass sie sich während der Organentnahme bewegen, schwitzen, mit einem erhöhten Blutdruck reagieren können. Auch erhalten sie Medikamente und Narkosen. „Hirntote“ Frauen haben mehrfach Kinder ausgetragen, das Mädchen Jahi McMath (USA), die den Hirntod um Jahre überlebt, junge Menschen wie Zack Dunlap (USA), Trenton McKinley (USA), Steven Thorpe (UK) oder Carina Melchior (Dänemark), die trotz Hirntoddiagnose heute wieder ihr Leben genießen, widerlegen diese Todesdefinition. Mit der richtigen Behandlung könnten es durchaus mehr sein. Die Forschungen zur Globalen ischämischen Penumbra (GIP) des Neurologen Cicero Coimbra u.a. zeigen dies.

Es ist höchste Zeit, zu einer eindeutigen, maximalen Todesdefinition wieder zurückzukehren, wie es gleich 1968 einer der großen Philosophen des 20. Jahrhunderts Hans Jonas anlässlich der Hirntoddefinition des Ad hoc Komitees der Harvard Medical School forderte.

Laut einer Umfrage der BzGA standen 2018 von 4000 Befragten 84 Prozent der Organspende positiv gegenüber. Aber wissenschaftlich unabhängige Umfragen haben kürzlich ergeben, dass ein Drittel der deutschen Bevölkerung nichts davon weiß: der Hirntod und nicht der auf dem Operationstisch durch eine Organentnahme hergestellte Herztod ist die Voraussetzung einer Organspende. Kenntnisse über das Hirntodkonzept waren spärlich. Ich frage mich, ob die politisch Verantwortlichen wie Herr Spahn und Frau Baerbock zu diesem Drittel gehören?

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung müsste daher eine Umfrage starten: „Kennen Sie das Hirntodkonzept und wollen Sie unter der Bedingung dieser paradoxen Vorstellung von einer lebenden Leiche Organspender sein oder ihr Kind dafür freigeben? Denn bei der Widerspruchslösung müssten Eltern ihre Kinder in ein Register eintragen, sollten sie eine Organspende ablehnen und stattdessen darauf bestehen, ihr Kind bis zum letzten Atemzug zu begleiten und in Ruhe Abschied zu nehmen.

Als „justified killing“ („gerechtfertigtes Töten“) kennzeichnet Robert Truog, Professor für Anästhesie, Kinderheilkunde und Direktor des Zentrums für Bioethik der Harvard Medical School, die heutige Praxis der Organspende. International fordert z.B. Julian Savulescu, Professor am Uehiro Zentrum für praktische Ethik der Universität Oxford unverholen die „Organspende-Euthanasie“, um den sogenannten Spenderpool zu vergrößern, in Belgien und Holland wird diese Kombination bereits praktiziert.

Die Entwürfe für und gegen die Widerspruchsregelung tabuisieren systematisch das dubiose Hirntodkonzept und verschweigen das damit verbundene andere Sterben eines Organspenders. Es ist Aufgabe der politisch Verantwortlichen, alle Fakten auf den Tisch zu legen und mit der Täuschung der Bevölkerung endlich Schluss zu machen.